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Wedekind, Frank: Frühlings Erwachen. Zürich, 1891.

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Sonnenstich. Ich ersuche unseren Schriftführer, Herrn
Collega Fliegentodt, das Protokoll zu schließen!
Melchior. Ich habe ...
Sonnenstich. Sie haben sich ruhig zu verhalten!! --
Habebald!
Habebald. Befehlen, Herr Rector!!
Sonnenstich. Führen Sie ihn hinunter!

Zweite Scene.
Friedhof in strömendem Regen. -- Vor einem offenen Grabe steht Pastor
Kahlbauch, den aufgespannten Schirm in der Hand. Zu seiner Rechten
Rentier Stiefel, dessen Freund Ziegenmelker und Onkel Probst.
Zur Linken Rektor Sonnenstich mit Professor Knochenbruch. Gym-
nasiasten schließen den Kreis. In einiger Entfernung vor einem halbver-
fallenen Grabmonument Martha und Ilse.
Pastor Kahlbauch. ... Denn wer die Gnade, mit der
der ewige Vater den in Sünden Geborenen gesegnet, von sich
wies, er wird des geistigen Todes sterben! -- Wer aber in
eigenwilliger fleischlicher Verleugnung der Gott gebührenden Ehre
dem Bösen gelebt und gedient, er wird des leiblichen Todes
sterben! -- Wer jedoch das Kreuz, das der Allerbarmer ihm um
der Sünde willen auferlegt, freventlich von sich geworfen, wahr-
lich, wahrlich, ich sage euch, der wird des ewigen Todes sterben! --
(Er wirft eine Schaufel voll Erde in die Gruft.) -- Uns aber, die wir fort
und fort wallen den Dornenpfad, lasset den Herrn, den allgütigen,
preisen und ihm danken für seine unerforschliche Gnaden-
wahl. Denn so wahr dieser eines dreifachen Todes starb,
so wahr wird Gott der Herr den Gerechten einführen zur Selig-
keit
und zum ewigen Leben. -- Amen.
Sonnenſtich. Ich erſuche unſeren Schriftführer, Herrn
Collega Fliegentodt, das Protokoll zu ſchließen!
Melchior. Ich habe …
Sonnenſtich. Sie haben ſich ruhig zu verhalten!! —
Habebald!
Habebald. Befehlen, Herr Rector!!
Sonnenſtich. Führen Sie ihn hinunter!

Zweite Scene.
Friedhof in ſtrömendem Regen. — Vor einem offenen Grabe ſteht Paſtor
Kahlbauch, den aufgeſpannten Schirm in der Hand. Zu ſeiner Rechten
Rentier Stiefel, deſſen Freund Ziegenmelker und Onkel Probſt.
Zur Linken Rektor Sonnenſtich mit Profeſſor Knochenbruch. Gym-
naſiaſten ſchließen den Kreis. In einiger Entfernung vor einem halbver-
fallenen Grabmonument Martha und Ilſe.
Paſtor Kahlbauch. … Denn wer die Gnade, mit der
der ewige Vater den in Sünden Geborenen geſegnet, von ſich
wies, er wird des geiſtigen Todes ſterben! — Wer aber in
eigenwilliger fleiſchlicher Verleugnung der Gott gebührenden Ehre
dem Böſen gelebt und gedient, er wird des leiblichen Todes
ſterben! — Wer jedoch das Kreuz, das der Allerbarmer ihm um
der Sünde willen auferlegt, freventlich von ſich geworfen, wahr-
lich, wahrlich, ich ſage euch, der wird des ewigen Todes ſterben! —
(Er wirft eine Schaufel voll Erde in die Gruft.) — Uns aber, die wir fort
und fort wallen den Dornenpfad, laſſet den Herrn, den allgütigen,
preiſen und ihm danken für ſeine unerforſchliche Gnaden-
wahl. Denn ſo wahr dieſer eines dreifachen Todes ſtarb,
ſo wahr wird Gott der Herr den Gerechten einführen zur Selig-
keit
und zum ewigen Leben. — Amen.
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[57/0073] Sonnenſtich. Ich erſuche unſeren Schriftführer, Herrn Collega Fliegentodt, das Protokoll zu ſchließen! Melchior. Ich habe … Sonnenſtich. Sie haben ſich ruhig zu verhalten!! — Habebald! Habebald. Befehlen, Herr Rector!! Sonnenſtich. Führen Sie ihn hinunter! Zweite Scene. Friedhof in ſtrömendem Regen. — Vor einem offenen Grabe ſteht Paſtor Kahlbauch, den aufgeſpannten Schirm in der Hand. Zu ſeiner Rechten Rentier Stiefel, deſſen Freund Ziegenmelker und Onkel Probſt. Zur Linken Rektor Sonnenſtich mit Profeſſor Knochenbruch. Gym- naſiaſten ſchließen den Kreis. In einiger Entfernung vor einem halbver- fallenen Grabmonument Martha und Ilſe. Paſtor Kahlbauch. … Denn wer die Gnade, mit der der ewige Vater den in Sünden Geborenen geſegnet, von ſich wies, er wird des geiſtigen Todes ſterben! — Wer aber in eigenwilliger fleiſchlicher Verleugnung der Gott gebührenden Ehre dem Böſen gelebt und gedient, er wird des leiblichen Todes ſterben! — Wer jedoch das Kreuz, das der Allerbarmer ihm um der Sünde willen auferlegt, freventlich von ſich geworfen, wahr- lich, wahrlich, ich ſage euch, der wird des ewigen Todes ſterben! — (Er wirft eine Schaufel voll Erde in die Gruft.) — Uns aber, die wir fort und fort wallen den Dornenpfad, laſſet den Herrn, den allgütigen, preiſen und ihm danken für ſeine unerforſchliche Gnaden- wahl. Denn ſo wahr dieſer eines dreifachen Todes ſtarb, ſo wahr wird Gott der Herr den Gerechten einführen zur Selig- keit und zum ewigen Leben. — Amen.

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Zitationshilfe: Wedekind, Frank: Frühlings Erwachen. Zürich, 1891, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wedekind_erwachen_1891/73>, abgerufen am 29.03.2024.