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Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673.

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Faust auf ein Auge. Gleichwohl meynte
der Galan, er hätte seine Liebe köstlich an-
bracht/ und nun müste es Jungfer Mari-
gen ihm an dem krummen Maule ansehen/
daß er in sie verliebt wäre. Jnzwischen
weil er nichts zu reden hatte/ spielte er mit
den Johannißbeer-Blättern/ und rieß ei-
nes nach dem andern vom Stocke/ daß die
Jungfer nicht anderst meinte/ er wolte
den Meykanfer suchen/ der ihm die Sprache
entführet hätte. Doch endlich traff er
das rechte Blat! da überfiel ihn die gantze
Redens-Kunst auf einmahl.
St. Jungfer Marigen/ ich sehe was.
Am. Mons. Storax ich sehe auch was.
St. Ach nein/ ich sehe fürwahr was/ da kreucht
eine Raupe auf der Krause herum.
Am. Und da tappt mir einer auf dem Latze he-
rumb; Er lasse die Hand zurücke/ oder ich
gehe davon.
St. Soll ich die Raupe nicht weg jagen?
Am. Das mag er thun/ er lege nur nicht et-
was her/ das mir verrießlicher ist als eine
Raupe.
St. Ach du unglückselige Hand! darffst du dei-
ner Inclination nicht nachgehen? ach wie
offt

Fauſt auf ein Auge. Gleichwohl meynte
der Galan, er haͤtte ſeine Liebe koͤſtlich an-
bracht/ und nun muͤſte es Jungfer Mari-
gen ihm an dem krummen Maule anſehen/
daß er in ſie verliebt waͤre. Jnzwiſchen
weil er nichts zu reden hatte/ ſpielte er mit
den Johannißbeer-Blaͤttern/ und rieß ei-
nes nach dem andern vom Stocke/ daß die
Jungfer nicht anderſt meinte/ er wolte
den Meykãfer ſuchen/ der ihm die Sprache
entfuͤhret haͤtte. Doch endlich traff er
das rechte Blat! da uͤberfiel ihn die gantze
Redens-Kunſt auf einmahl.
St. Jungfer Marigen/ ich ſehe was.
Am. Monſ. Storax ich ſehe auch was.
St. Ach nein/ ich ſehe fürwahr was/ da kreucht
eine Raupe auf der Krauſe herum.
Am. Und da tappt mir einer auf dem Latze he-
rumb; Er laſſe die Hand zuruͤcke/ oder ich
gehe davon.
St. Soll ich die Raupe nicht weg jagen?
Am. Das mag er thun/ er lege nur nicht et-
was her/ das mir verrießlicher iſt als eine
Raupe.
St. Ach du ungluͤckſelige Hand! darffſt du dei-
ner Inclination nicht nachgehen? ach wie
offt
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[132/0138] Fauſt auf ein Auge. Gleichwohl meynte der Galan, er haͤtte ſeine Liebe koͤſtlich an- bracht/ und nun muͤſte es Jungfer Mari- gen ihm an dem krummen Maule anſehen/ daß er in ſie verliebt waͤre. Jnzwiſchen weil er nichts zu reden hatte/ ſpielte er mit den Johannißbeer-Blaͤttern/ und rieß ei- nes nach dem andern vom Stocke/ daß die Jungfer nicht anderſt meinte/ er wolte den Meykãfer ſuchen/ der ihm die Sprache entfuͤhret haͤtte. Doch endlich traff er das rechte Blat! da uͤberfiel ihn die gantze Redens-Kunſt auf einmahl. St. Jungfer Marigen/ ich ſehe was. Am. Monſ. Storax ich ſehe auch was. St. Ach nein/ ich ſehe fürwahr was/ da kreucht eine Raupe auf der Krauſe herum. Am. Und da tappt mir einer auf dem Latze he- rumb; Er laſſe die Hand zuruͤcke/ oder ich gehe davon. St. Soll ich die Raupe nicht weg jagen? Am. Das mag er thun/ er lege nur nicht et- was her/ das mir verrießlicher iſt als eine Raupe. St. Ach du ungluͤckſelige Hand! darffſt du dei- ner Inclination nicht nachgehen? ach wie offt

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672/138>, abgerufen am 28.03.2024.