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Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673.

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Es ist zu verwundern/ sagte er/ warumb von
etlichen seculis daher/ seit die literae humanio-
res
wiederumb auß der finstern Barbarey
hervorgezogen worden/ die Schulen so gar
wenig zur Besserung kommen/ und die Ju-
gend einmahl wie das andere verdrießlich
und weitläufftig genug herumb geführet
wird. Die meisten werffen die Schuld auf
die praeceptores, welche gemeiniglich e faece
Eruditorum
genommen worden/ also daß/
wenn man mit einem seichtgelehrten Kerlen
weder in dem Predigampt noch in der Rich-
ter-Stube fortkommen kan/ ein jeder meynt/
er schicke sich am besten in die Schule. Nun
ist dieß nicht ohne/ und möchte sich mancher
Patron in das Hertze hinein schämen/ daß er
die Jugend nicht besser versorget/ da er doch
sich zehn mahl in den Finger bisse/ eh er vor
seine Pferde einen ungeschickten Stallbuben/
oder vor die Schweine einen nachlässigen Hir-
ten annehme. Doch ist zum wenigsten in
den Schulen ein Rector oder sonst ein Col-
lege,
dem man nicht alle erudition absprechen
darff/ also daß obangeführte Ursache nicht
eben die rechte zu seyn scheinet. Soll ich offen-
hertzig bekennen/ was die Schulen verderbt/
so ist es nichts anders/ als daß die Inspectio-

nes
G iij


Es iſt zu verwundern/ ſagte er/ warumb von
etlichen ſeculis daher/ ſeit die literæ humanio-
res
wiederumb auß der finſtern Barbarey
hervorgezogen worden/ die Schulen ſo gar
wenig zur Beſſerung kommen/ und die Ju-
gend einmahl wie das andere verdrießlich
und weitlaͤufftig genug herumb gefuͤhret
wird. Die meiſten werffen die Schuld auf
die præceptores, welche gemeiniglich è fæce
Eruditorum
genommen worden/ alſo daß/
wenn man mit einem ſeichtgelehrten Kerlen
weder in dem Predigampt noch in der Rich-
ter-Stube fortkommen kan/ ein jeder meynt/
er ſchicke ſich am beſten in die Schule. Nun
iſt dieß nicht ohne/ und moͤchte ſich mancher
Patron in das Hertze hinein ſchaͤmen/ daß er
die Jugend nicht beſſer verſorget/ da er doch
ſich zehn mahl in den Finger biſſe/ eh er vor
ſeine Pferde einen ungeſchickten Stallbuben/
oder vor die Schweine einen nachlaͤſſigen Hir-
ten annehme. Doch iſt zum wenigſten in
den Schulen ein Rector oder ſonſt ein Col-
lege,
dem man nicht alle erudition abſprechen
darff/ alſo daß obangefuͤhrte Urſache nicht
eben die rechte zu ſeyn ſcheinet. Soll ich offen-
hertzig bekennen/ was die Schulen verderbt/
ſo iſt es nichts anders/ als daß die Inſpectio-

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G iij
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[149/0155] Es iſt zu verwundern/ ſagte er/ warumb von etlichen ſeculis daher/ ſeit die literæ humanio- res wiederumb auß der finſtern Barbarey hervorgezogen worden/ die Schulen ſo gar wenig zur Beſſerung kommen/ und die Ju- gend einmahl wie das andere verdrießlich und weitlaͤufftig genug herumb gefuͤhret wird. Die meiſten werffen die Schuld auf die præceptores, welche gemeiniglich è fæce Eruditorum genommen worden/ alſo daß/ wenn man mit einem ſeichtgelehrten Kerlen weder in dem Predigampt noch in der Rich- ter-Stube fortkommen kan/ ein jeder meynt/ er ſchicke ſich am beſten in die Schule. Nun iſt dieß nicht ohne/ und moͤchte ſich mancher Patron in das Hertze hinein ſchaͤmen/ daß er die Jugend nicht beſſer verſorget/ da er doch ſich zehn mahl in den Finger biſſe/ eh er vor ſeine Pferde einen ungeſchickten Stallbuben/ oder vor die Schweine einen nachlaͤſſigen Hir- ten annehme. Doch iſt zum wenigſten in den Schulen ein Rector oder ſonſt ein Col- lege, dem man nicht alle erudition abſprechen darff/ alſo daß obangefuͤhrte Urſache nicht eben die rechte zu ſeyn ſcheinet. Soll ich offen- hertzig bekennen/ was die Schulen verderbt/ ſo iſt es nichts anders/ als daß die Inſpectio- nes G iij

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672/155>, abgerufen am 23.04.2024.