Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673.

Bild:
<< vorherige Seite


einen ziemlichen exceß im trincken begangen/
und also den Magen schändlich verderbt hatte/
dem rieth Gelanor, er solte sich eine Schale ge-
glüeten Wein bringen lassen/ dadurch er den
Magen wieder erwärmte. Solches war
beliebt/ und brachte der Wirth eine gantze
Kanne voll/ darauß er in eine Schale einschen-
cken kunte. Nun saß ein vernaschter Kerl
darbey/ der alsobald meynte/ er müste sterben/
wann er nicht alles beschnopern solte. Die-
ser gab allzeit Achtung drauff/ wann der Nach-
bar auf die Seite sah/ und wischte stracks ü-
ber die Schale/ und nippte einmahl. Eury-
las
merckte es/ und gedachte stracks den Nä-
scher zu bezahlen: dann er stellte sich/ als wäre
ihm auch nicht wohl/ und ließ etliche einge-
machte Quitten holen: doch hatte er dem Die-
ner befohlen/ daß er eine außhöhlen/ und mit
Saltz und Pfeffer füllen solte. Es gieng an/
Eurylas saß in seiner Grandezze und aß Qvit-
ten: der gute Schlucker gegenüber verwand-
te kein Auge von ihm/ und hatte grössere Lust
als eine schwangere Frau: nur dieses war so
kläglich/ daß er kein Mittel sahe/ wie er dar-
zu kommen solte. Endlich als lucta carnis
& spiritus
lange genug gewähret hatte/ sagte
er/ Monsieur, er vergebe mir/ ich kauffte ge-

stern


einen ziemlichen exceß im trincken begangen/
und alſo den Magen ſchaͤndlich verderbt hatte/
dem rieth Gelanor, er ſolte ſich eine Schale ge-
gluͤeten Wein bringen laſſen/ dadurch er den
Magen wieder erwaͤrmte. Solches war
beliebt/ und brachte der Wirth eine gantze
Kanne voll/ darauß er in eine Schale einſchen-
cken kunte. Nun ſaß ein vernaſchter Kerl
darbey/ der alſobald meynte/ er muͤſte ſterben/
wann er nicht alles beſchnopern ſolte. Die-
ſer gab allzeit Achtung drauff/ wañ der Nach-
bar auf die Seite ſah/ und wiſchte ſtracks uͤ-
ber die Schale/ und nippte einmahl. Eury-
las
merckte es/ und gedachte ſtracks den Naͤ-
ſcher zu bezahlen: dann er ſtellte ſich/ als waͤre
ihm auch nicht wohl/ und ließ etliche einge-
machte Quitten holen: doch hatte er dem Die-
ner befohlen/ daß er eine außhoͤhlen/ und mit
Saltz und Pfeffer fuͤllen ſolte. Es gieng an/
Eurylas ſaß in ſeiner Grandezze und aß Qvit-
ten: der gute Schlucker gegenuͤber verwand-
te kein Auge von ihm/ und hatte groͤſſere Luſt
als eine ſchwangere Frau: nur dieſes war ſo
klaͤglich/ daß er kein Mittel ſahe/ wie er dar-
zu kommen ſolte. Endlich als lucta carnis
& ſpiritus
lange genug gewaͤhret hatte/ ſagte
er/ Monſieur, er vergebe mir/ ich kauffte ge-

ſtern
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0219" n="213"/><lb/>
einen ziemlichen <hi rendition="#aq">exceß</hi> im trincken begangen/<lb/>
und al&#x017F;o den Magen &#x017F;cha&#x0364;ndlich verderbt hatte/<lb/>
dem rieth <hi rendition="#aq">Gelanor,</hi> er &#x017F;olte &#x017F;ich eine Schale ge-<lb/>
glu&#x0364;eten Wein bringen la&#x017F;&#x017F;en/ dadurch er den<lb/>
Magen wieder erwa&#x0364;rmte. Solches war<lb/>
beliebt/ und brachte der Wirth eine gantze<lb/>
Kanne voll/ darauß er in eine Schale ein&#x017F;chen-<lb/>
cken kunte. Nun &#x017F;aß ein verna&#x017F;chter Kerl<lb/>
darbey/ der al&#x017F;obald meynte/ er mu&#x0364;&#x017F;te &#x017F;terben/<lb/>
wann er nicht alles be&#x017F;chnopern &#x017F;olte. Die-<lb/>
&#x017F;er gab allzeit Achtung drauff/ wan&#x0303; der Nach-<lb/>
bar auf die Seite &#x017F;ah/ und wi&#x017F;chte &#x017F;tracks u&#x0364;-<lb/>
ber die Schale/ und nippte einmahl. <hi rendition="#aq">Eury-<lb/>
las</hi> merckte es/ und gedachte &#x017F;tracks den Na&#x0364;-<lb/>
&#x017F;cher zu bezahlen: dann er &#x017F;tellte &#x017F;ich/ als wa&#x0364;re<lb/>
ihm auch nicht wohl/ und ließ etliche einge-<lb/>
machte Quitten holen: doch hatte er dem Die-<lb/>
ner befohlen/ daß er eine außho&#x0364;hlen/ und mit<lb/>
Saltz und Pfeffer fu&#x0364;llen &#x017F;olte. Es gieng an/<lb/><hi rendition="#aq">Eurylas</hi> &#x017F;aß in &#x017F;einer <hi rendition="#aq">Grandezze</hi> und aß Qvit-<lb/>
ten: der gute Schlucker gegenu&#x0364;ber verwand-<lb/>
te kein Auge von ihm/ und hatte gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;ere Lu&#x017F;t<lb/>
als eine &#x017F;chwangere Frau: nur die&#x017F;es war &#x017F;o<lb/>
kla&#x0364;glich/ daß er kein Mittel &#x017F;ahe/ wie er dar-<lb/>
zu kommen &#x017F;olte. Endlich als <hi rendition="#aq">lucta carnis<lb/>
&amp; &#x017F;piritus</hi> lange genug gewa&#x0364;hret hatte/ &#x017F;agte<lb/>
er/ <hi rendition="#aq">Mon&#x017F;ieur,</hi> er vergebe mir/ ich kauffte ge-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;tern</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[213/0219] einen ziemlichen exceß im trincken begangen/ und alſo den Magen ſchaͤndlich verderbt hatte/ dem rieth Gelanor, er ſolte ſich eine Schale ge- gluͤeten Wein bringen laſſen/ dadurch er den Magen wieder erwaͤrmte. Solches war beliebt/ und brachte der Wirth eine gantze Kanne voll/ darauß er in eine Schale einſchen- cken kunte. Nun ſaß ein vernaſchter Kerl darbey/ der alſobald meynte/ er muͤſte ſterben/ wann er nicht alles beſchnopern ſolte. Die- ſer gab allzeit Achtung drauff/ wañ der Nach- bar auf die Seite ſah/ und wiſchte ſtracks uͤ- ber die Schale/ und nippte einmahl. Eury- las merckte es/ und gedachte ſtracks den Naͤ- ſcher zu bezahlen: dann er ſtellte ſich/ als waͤre ihm auch nicht wohl/ und ließ etliche einge- machte Quitten holen: doch hatte er dem Die- ner befohlen/ daß er eine außhoͤhlen/ und mit Saltz und Pfeffer fuͤllen ſolte. Es gieng an/ Eurylas ſaß in ſeiner Grandezze und aß Qvit- ten: der gute Schlucker gegenuͤber verwand- te kein Auge von ihm/ und hatte groͤſſere Luſt als eine ſchwangere Frau: nur dieſes war ſo klaͤglich/ daß er kein Mittel ſahe/ wie er dar- zu kommen ſolte. Endlich als lucta carnis & ſpiritus lange genug gewaͤhret hatte/ ſagte er/ Monſieur, er vergebe mir/ ich kauffte ge- ſtern

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Bei der Ausgabe handelt es sich um die 2. Auflage… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672/219
Zitationshilfe: Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672/219>, abgerufen am 25.04.2024.