Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673.

Bild:
<< vorherige Seite


Mensch seyest. Mit welchem hoch-nothwen-
digen Denckmahl sich dieses Königliche Ge-
müthe/ ohne allen Zweifel in den Eitelkeiten
des menschlichen Lebens umbgesehen hat/ wie
daß alles/ es mag so köstlich und so annehmlich
seyn/ als es will/ dem ungewissen und unbe-
ständigem Glücke zu Gebote stehe/ und ehe
man es meynet/ zu boden fallen wüsse. Denn
es fünckelte ja wohl das Königliche Gold
umb seinem Weltbekanten Scheitel/ und
schickte/ gleichsam als eine lebhaffte Sonne/
den ungemeinen Glantz in alle umbliegende
Landschafften hinaußt Seine Hand hatte
den gewaltigen Stab des gemeinen Wesens
klug genug befestiget/ und alles/ was sonst ei-
nen König nicht annehmen wolte/ suchte bey
ihm Schutz und Hülffe. Allein dz wuste dieses
kluge Gemüthe schon an den Händen abzuzehlen/
es sey um einen schlechten Augenblick zu thun/
so könte ein Feind/ ein aufgewiegelt Volck/ und
endlich ein schnelles Todesstündgen alle Gewalt
und Glückseligkeit zu nichte machen. Hochge-
neigte Anwesende/ solte ich auch zu tadeln seyn/
wann ich diesem Heyden solche Denckzeichen
ablehnen/ und dem instehenden Leidwesen also
entgegen gehen wolte? das weiß ich wohl/ es
hat mit uns diese Gelegenheit nicht/ daß man

sich


Menſch ſeyeſt. Mit welchem hoch-nothwen-
digen Denckmahl ſich dieſes Koͤnigliche Ge-
muͤthe/ ohne allen Zweifel in den Eitelkeiten
des menſchlichen Lebens umbgeſehen hat/ wie
daß alles/ es mag ſo koͤſtlich und ſo annehmlich
ſeyn/ als es will/ dem ungewiſſen und unbe-
ſtaͤndigem Gluͤcke zu Gebote ſtehe/ und ehe
man es meynet/ zu boden fallen wuͤſſe. Denn
es fuͤnckelte ja wohl das Koͤnigliche Gold
umb ſeinem Weltbekanten Scheitel/ und
ſchickte/ gleichſam als eine lebhaffte Sonne/
den ungemeinen Glantz in alle umbliegende
Landſchafften hinaußt Seine Hand hatte
den gewaltigen Stab des gemeinen Weſens
klug genug befeſtiget/ und alles/ was ſonſt ei-
nen Koͤnig nicht annehmen wolte/ ſuchte bey
ihm Schutz und Huͤlffe. Allein dz wuſte dieſes
kluge Gemuͤthe ſchon an den Haͤndẽ abzuzehlẽ/
es ſey um einen ſchlechten Augenblick zu thun/
ſo koͤnte ein Feind/ ein aufgewiegelt Volck/ und
endlich ein ſchnelles Todesſtuͤndgẽ alle Gewalt
und Gluͤckſeligkeit zu nichte machen. Hochge-
neigte Anweſende/ ſolte ich auch zu tadeln ſeyn/
wann ich dieſem Heyden ſolche Denckzeichen
ablehnen/ und dem inſtehenden Leidweſen alſo
entgegen gehen wolte? das weiß ich wohl/ es
hat mit uns dieſe Gelegenheit nicht/ daß man

ſich
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0241" n="235"/><lb/>
Men&#x017F;ch &#x017F;eye&#x017F;t. Mit welchem hoch-nothwen-<lb/>
digen Denckmahl &#x017F;ich die&#x017F;es Ko&#x0364;nigliche Ge-<lb/>
mu&#x0364;the/ ohne allen Zweifel in den Eitelkeiten<lb/>
des men&#x017F;chlichen Lebens umbge&#x017F;ehen hat/ wie<lb/>
daß alles/ es mag &#x017F;o ko&#x0364;&#x017F;tlich und &#x017F;o annehmlich<lb/>
&#x017F;eyn/ als es will/ dem ungewi&#x017F;&#x017F;en und unbe-<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;ndigem Glu&#x0364;cke zu Gebote &#x017F;tehe/ und ehe<lb/>
man es meynet/ zu boden fallen wu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e. Denn<lb/>
es fu&#x0364;nckelte ja wohl das Ko&#x0364;nigliche Gold<lb/>
umb &#x017F;einem Weltbekanten Scheitel/ und<lb/>
&#x017F;chickte/ gleich&#x017F;am als eine lebhaffte Sonne/<lb/>
den ungemeinen Glantz in alle umbliegende<lb/>
Land&#x017F;chaff<hi rendition="#aq">t</hi>en hinaußt Seine Hand hatte<lb/>
den gewaltigen Stab des gemeinen We&#x017F;ens<lb/>
klug genug befe&#x017F;tiget/ und alles/ was &#x017F;on&#x017F;t ei-<lb/>
nen Ko&#x0364;nig nicht annehmen wolte/ &#x017F;uchte bey<lb/>
ihm Schutz und Hu&#x0364;lffe. Allein dz wu&#x017F;te die&#x017F;es<lb/>
kluge Gemu&#x0364;the &#x017F;chon an den Ha&#x0364;nde&#x0303; abzuzehle&#x0303;/<lb/>
es &#x017F;ey um einen &#x017F;chlechten Augenblick zu thun/<lb/>
&#x017F;o ko&#x0364;nte ein Feind/ ein aufgewiegelt Volck/ und<lb/>
endlich ein &#x017F;chnelles Todes&#x017F;tu&#x0364;ndge&#x0303; alle Gewalt<lb/>
und Glu&#x0364;ck&#x017F;eligkeit zu nichte machen. Hochge-<lb/>
neigte Anwe&#x017F;ende/ &#x017F;olte ich auch zu tadeln &#x017F;eyn/<lb/>
wann ich die&#x017F;em Heyden &#x017F;olche Denckzeichen<lb/>
ablehnen/ und dem in&#x017F;tehenden Leidwe&#x017F;en al&#x017F;o<lb/>
entgegen gehen wolte? das weiß ich wohl/ es<lb/>
hat mit uns die&#x017F;e Gelegenheit nicht/ daß man<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;ich</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[235/0241] Menſch ſeyeſt. Mit welchem hoch-nothwen- digen Denckmahl ſich dieſes Koͤnigliche Ge- muͤthe/ ohne allen Zweifel in den Eitelkeiten des menſchlichen Lebens umbgeſehen hat/ wie daß alles/ es mag ſo koͤſtlich und ſo annehmlich ſeyn/ als es will/ dem ungewiſſen und unbe- ſtaͤndigem Gluͤcke zu Gebote ſtehe/ und ehe man es meynet/ zu boden fallen wuͤſſe. Denn es fuͤnckelte ja wohl das Koͤnigliche Gold umb ſeinem Weltbekanten Scheitel/ und ſchickte/ gleichſam als eine lebhaffte Sonne/ den ungemeinen Glantz in alle umbliegende Landſchafften hinaußt Seine Hand hatte den gewaltigen Stab des gemeinen Weſens klug genug befeſtiget/ und alles/ was ſonſt ei- nen Koͤnig nicht annehmen wolte/ ſuchte bey ihm Schutz und Huͤlffe. Allein dz wuſte dieſes kluge Gemuͤthe ſchon an den Haͤndẽ abzuzehlẽ/ es ſey um einen ſchlechten Augenblick zu thun/ ſo koͤnte ein Feind/ ein aufgewiegelt Volck/ und endlich ein ſchnelles Todesſtuͤndgẽ alle Gewalt und Gluͤckſeligkeit zu nichte machen. Hochge- neigte Anweſende/ ſolte ich auch zu tadeln ſeyn/ wann ich dieſem Heyden ſolche Denckzeichen ablehnen/ und dem inſtehenden Leidweſen alſo entgegen gehen wolte? das weiß ich wohl/ es hat mit uns dieſe Gelegenheit nicht/ daß man ſich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Bei der Ausgabe handelt es sich um die 2. Auflage… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672/241
Zitationshilfe: Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672/241>, abgerufen am 29.03.2024.