Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673.

Bild:
<< vorherige Seite


man Gott entweder per directum oder per
in directum
zu der Sünden Ursache machen
will. Und dieses ist die Ursache/ daß bißher
vornehme Politici in ihren Schrifften solches
ziemlich hochgehalten/ weil sie durch die allge-
meine Nothwendigkeit/ etwas erzwingen kön-
nen/ das in ihrem Statistischen Kram dienet.
Hier fiel ihm ein ander in die Rede/ und sagte/
das wäre die beste Nativität/ hastu viel Geld/
so wirst du reich/ lebst du lang/ so wirst du alt:
Und wüste er einen Studenten/ dem habe die
Mutter sollen Geld schicken/ allein sie hätte sich
entschuldiget/ das Bier/ davon sie sich nehren
müste/ verdürbe so offt/ er solte zuvor ein Mit-
tel schicken/ damit das Bier gut würde: drauff
hätte der Sohn einen Zettel genommen/ und
darauff geschrieben: Liebe Mutter brauet
gut Bier so habt ihr guten Abgang.

Solchen hätte die Mutter angehenckt/ und wä-
re auch ihre Braunahrung besser von statten
gangen. Andere Sachen giengen weiter vor/
welche doch von keiner Wichtigkeit waren/
daß man sie auffzeichnen solte. Es lieff auch
hernach nichts denck würdiges vor/ weil sie den
Tag darauff/ so bald etliche Kleider gemacht
waren/ auß der Stadtreiseten und anderswo
mehr Narren suchen wol[l]en.

CAP.


man Gott entweder per directum oder per
in directum
zu der Suͤnden Urſache machen
will. Und dieſes iſt die Urſache/ daß bißher
vornehme Politici in ihren Schrifften ſolches
ziemlich hochgehalten/ weil ſie durch die allge-
meine Nothwendigkeit/ etwas erzwingen koͤn-
nen/ das in ihrem Statiſtiſchen Kram dienet.
Hier fiel ihm ein ander in die Rede/ und ſagte/
das waͤre die beſte Nativitaͤt/ haſtu viel Geld/
ſo wirſt du reich/ lebſt du lang/ ſo wirſt du alt:
Und wuͤſte er einen Studenten/ dem habe die
Mutter ſollen Geld ſchicken/ allein ſie haͤtte ſich
entſchuldiget/ das Bier/ davon ſie ſich nehren
muͤſte/ verdürbe ſo offt/ er ſolte zuvor ein Mit-
tel ſchicken/ damit das Bier gut würde: drauff
haͤtte der Sohn einen Zettel genom̃en/ und
darauff geſchrieben: Liebe Mutter brauet
gut Bier ſo habt ihr guten Abgang.

Solchẽ haͤtte die Mutter angehenckt/ und waͤ-
re auch ihre Braunahrung beſſer von ſtatten
gangen. Andere Sachen giengen weiter vor/
welche doch von keiner Wichtigkeit waren/
daß man ſie auffzeichnen ſolte. Es lieff auch
hernach nichts denck wuͤrdiges vor/ weil ſie den
Tag darauff/ ſo bald etliche Kleider gemacht
waren/ auß der Stadtreiſeten und anderswo
mehr Narren ſuchen wol[l]en.

CAP.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0254" n="248"/><lb/>
man Gott entweder <hi rendition="#aq">per directum</hi> oder <hi rendition="#aq">per<lb/>
in directum</hi> zu der Su&#x0364;nden Ur&#x017F;ache machen<lb/>
will. Und die&#x017F;es i&#x017F;t die Ur&#x017F;ache/ daß bißher<lb/>
vornehme <hi rendition="#aq">Politici</hi> in ihren Schrifften &#x017F;olches<lb/>
ziemlich hochgehalten/ weil &#x017F;ie durch die allge-<lb/>
meine Nothwendigkeit/ etwas erzwingen ko&#x0364;n-<lb/>
nen/ das in ihrem Stati&#x017F;ti&#x017F;chen Kram dienet.<lb/>
Hier fiel ihm ein ander in die Rede/ und &#x017F;agte/<lb/>
das wa&#x0364;re die be&#x017F;te <hi rendition="#aq">Nativi</hi>ta&#x0364;t/ ha&#x017F;tu viel Geld/<lb/>
&#x017F;o wir&#x017F;t du reich/ leb&#x017F;t du lang/ &#x017F;o wir&#x017F;t du alt:<lb/>
Und wu&#x0364;&#x017F;te er einen Studenten/ dem habe die<lb/>
Mutter &#x017F;ollen Geld &#x017F;chicken/ allein &#x017F;ie ha&#x0364;tte &#x017F;ich<lb/>
ent&#x017F;chuldiget/ das Bier/ davon &#x017F;ie &#x017F;ich nehren<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;te/ verdürbe &#x017F;o offt/ er &#x017F;olte zuvor ein Mit-<lb/>
tel &#x017F;chicken/ damit das Bier gut würde: drauff<lb/>
ha&#x0364;tte der Sohn einen Zettel genom&#x0303;en/ und<lb/>
darauff ge&#x017F;chrieben: <hi rendition="#fr">Liebe Mutter brauet<lb/>
gut Bier &#x017F;o habt ihr guten Abgang.</hi><lb/>
Solche&#x0303; ha&#x0364;tte die Mutter angehenckt/ und wa&#x0364;-<lb/>
re auch ihre Braunahrung be&#x017F;&#x017F;er von &#x017F;tatten<lb/>
gangen. Andere Sachen giengen weiter vor/<lb/>
welche doch von keiner Wichtigkeit waren/<lb/>
daß man &#x017F;ie auffzeichnen &#x017F;olte. Es lieff auch<lb/>
hernach nichts denck wu&#x0364;rdiges vor/ weil &#x017F;ie den<lb/>
Tag darauff/ &#x017F;o bald etliche Kleider gemacht<lb/>
waren/ auß der Stadtrei&#x017F;eten und anderswo<lb/>
mehr Narren &#x017F;uchen wol<supplied>l</supplied>en.</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#aq">CAP.</hi> </fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[248/0254] man Gott entweder per directum oder per in directum zu der Suͤnden Urſache machen will. Und dieſes iſt die Urſache/ daß bißher vornehme Politici in ihren Schrifften ſolches ziemlich hochgehalten/ weil ſie durch die allge- meine Nothwendigkeit/ etwas erzwingen koͤn- nen/ das in ihrem Statiſtiſchen Kram dienet. Hier fiel ihm ein ander in die Rede/ und ſagte/ das waͤre die beſte Nativitaͤt/ haſtu viel Geld/ ſo wirſt du reich/ lebſt du lang/ ſo wirſt du alt: Und wuͤſte er einen Studenten/ dem habe die Mutter ſollen Geld ſchicken/ allein ſie haͤtte ſich entſchuldiget/ das Bier/ davon ſie ſich nehren muͤſte/ verdürbe ſo offt/ er ſolte zuvor ein Mit- tel ſchicken/ damit das Bier gut würde: drauff haͤtte der Sohn einen Zettel genom̃en/ und darauff geſchrieben: Liebe Mutter brauet gut Bier ſo habt ihr guten Abgang. Solchẽ haͤtte die Mutter angehenckt/ und waͤ- re auch ihre Braunahrung beſſer von ſtatten gangen. Andere Sachen giengen weiter vor/ welche doch von keiner Wichtigkeit waren/ daß man ſie auffzeichnen ſolte. Es lieff auch hernach nichts denck wuͤrdiges vor/ weil ſie den Tag darauff/ ſo bald etliche Kleider gemacht waren/ auß der Stadtreiſeten und anderswo mehr Narren ſuchen wollen. CAP.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Bei der Ausgabe handelt es sich um die 2. Auflage… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672/254
Zitationshilfe: Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672/254>, abgerufen am 19.04.2024.