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Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673.

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be die Hosen abziehen/ und da tritt der grosse
Staatsmann mit der Ruthe davor/ und be-
sieht die postpraedicamenta vom Auffgang
biß zum Niedergang. Unterdessen schreyt
der lose Dieb/ als steckte er an einem Spiesse/
und rufft seinen hertzlieben/ güldenen/ geblü-
melten Herrn ümb Gnade und Barmhertzig-
keit an. Gelan. sagte darauff ein Esel mag sich
in die Löwenhaut so tieff verbergen als er will/ es
kucken doch die langen Ohren hervor. Und
ein Kerle/ welchen die Natur zu einem Bacu-
lario
in der A. B C. Schule deputirt hat/ mag
so Politisch werden als er will/ so kuckt doch die
Ruthe und der Stecken/ gleichsam als zwey
lange Esels-Ohren unter seiner Staats-
Mütze hervor. Hiermit kam der Wirth wie-
der in die Stube/ da fragte Eurylas, wer die-
ses gewesen wäre; Der Wirth sagte/ es sey
ein vornehmer Mann/ er habe ein hohes
Ampt/ doch hätte es so einen langen Lateini-
schen Namen/ daß er es nicht behalten könte.
Zwar dieses wüste er von ihm zu rühmen/ daß
sich alle über ihn beklagten/ als kernte er sich
vor Hoffart selbst nicht/ und hätte zwar ge-
ringe Meriten/ doch sehr hohe Gedancken.
Gelanor brach hierauff in folgende Worte
herauß: Der Kerle strebt mit aller Gewalt

nach


be die Hoſen abziehen/ und da tritt der groſſe
Staatſmann mit der Ruthe davor/ und be-
ſieht die poſtprædicamenta vom Auffgang
biß zum Niedergang. Unterdeſſen ſchreyt
der loſe Dieb/ als ſteckte er an einem Spieſſe/
und rufft ſeinen hertzlieben/ guͤldenen/ geblü-
melten Herrn uͤmb Gnade und Barmhertzig-
keit an. Gelan. ſagte darauff ein Eſel mag ſich
in die Loͤwenhaut ſo tieff verbergẽ als er will/ es
kucken doch die langen Ohren hervor. Und
ein Kerle/ welchen die Natur zu einem Bacu-
lario
in der A. B C. Schule deputirt hat/ mag
ſo Politiſch werdẽ als er will/ ſo kuckt doch die
Ruthe und der Stecken/ gleichſam als zwey
lange Eſels-Ohren unter ſeiner Staats-
Muͤtze hervor. Hiermit kam der Wirth wie-
der in die Stube/ da fragte Eurylas, wer die-
ſes geweſen waͤre; Der Wirth ſagte/ es ſey
ein vornehmer Mann/ er habe ein hohes
Ampt/ doch haͤtte es ſo einen langen Lateini-
ſchen Namen/ daß er es nicht behalten koͤnte.
Zwar dieſes wuͤſte er von ihm zu ruͤhmen/ daß
ſich alle uͤber ihn beklagten/ als kernte er ſich
vor Hoffart ſelbſt nicht/ und haͤtte zwar ge-
ringe Meriten/ doch ſehr hohe Gedancken.
Gelanor brach hierauff in folgende Worte
herauß: Der Kerle ſtrebt mit aller Gewalt

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[261/0267] be die Hoſen abziehen/ und da tritt der groſſe Staatſmann mit der Ruthe davor/ und be- ſieht die poſtprædicamenta vom Auffgang biß zum Niedergang. Unterdeſſen ſchreyt der loſe Dieb/ als ſteckte er an einem Spieſſe/ und rufft ſeinen hertzlieben/ guͤldenen/ geblü- melten Herrn uͤmb Gnade und Barmhertzig- keit an. Gelan. ſagte darauff ein Eſel mag ſich in die Loͤwenhaut ſo tieff verbergẽ als er will/ es kucken doch die langen Ohren hervor. Und ein Kerle/ welchen die Natur zu einem Bacu- lario in der A. B C. Schule deputirt hat/ mag ſo Politiſch werdẽ als er will/ ſo kuckt doch die Ruthe und der Stecken/ gleichſam als zwey lange Eſels-Ohren unter ſeiner Staats- Muͤtze hervor. Hiermit kam der Wirth wie- der in die Stube/ da fragte Eurylas, wer die- ſes geweſen waͤre; Der Wirth ſagte/ es ſey ein vornehmer Mann/ er habe ein hohes Ampt/ doch haͤtte es ſo einen langen Lateini- ſchen Namen/ daß er es nicht behalten koͤnte. Zwar dieſes wuͤſte er von ihm zu ruͤhmen/ daß ſich alle uͤber ihn beklagten/ als kernte er ſich vor Hoffart ſelbſt nicht/ und haͤtte zwar ge- ringe Meriten/ doch ſehr hohe Gedancken. Gelanor brach hierauff in folgende Worte herauß: Der Kerle ſtrebt mit aller Gewalt nach

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672/267>, abgerufen am 24.04.2024.