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Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673.

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ten Personen angestellet worden: oder wie
Anno 1602. zu Leipzig auf dem damahligen
Rabeth ein Schneider Geselle mit einer un-
züchtigen Breckin vor allen Leuten nackend
herumb gesprungen: oder wie auf Kirmsen
und andern gemeinen Sonntagen/ Knechte
und Mägden zusammen lauffen/ oder auch in
Städten heimliche Rantzwinckel gehalten
werden/ die soll man mit Prügeln und Staup-
besen von einander treiben. Und da heists/
non centrum modo, sed ipsum circulum
possidet Diabolus
. Aber dieses alles auf die
sittsamen und züchtigen Ehren-Täntze bey
Hochzeiten und Gastereyen zu appliciren/ ist
etwas zu scharff gebutzt. Ach wie ist mancher
Vater so gewissenhafftig/ ehe er sein Kind auf
eine Hochzeit gehen läst; oder wenn er Schan-
de und naher Freundschafft halben sie nicht zu
Hause behalten kan/ so muß sie doch als balde
vom Tische wieder heim/ da er sie doch mit bes-
serm Gewissen von andern heimlichen Zusam-
menkunfften abhalten möchte: denn auf einem
öffentlichen Tantzboden wird keine so leicht ver-
führet/ als wenn sie hinter der Haus-Thür
einen Rendezvous von zwey Personen an-
stellet/ und mit drey Personen wieder hervor
kommet.

Eury-


ten Perſonen angeſtellet worden: oder wie
Anno 1602. zu Leipzig auf dem damahligen
Rabeth ein Schneider Geſelle mit einer un-
zuͤchtigen Breckin vor allen Leuten nackend
herumb geſprungen: oder wie auf Kirmſen
und andern gemeinen Sonntagen/ Knechte
und Maͤgdẽ zuſammen lauffen/ oder auch in
Staͤdten heimliche Rantzwinckel gehalten
werden/ die ſoll man mit Pruͤgeln und Staup-
beſen von einander treiben. Und da heiſts/
non centrum modo, ſed ipſum circulum
poſſidet Diabolus
. Aber dieſes alles auf die
ſittſamen und zuͤchtigen Ehren-Taͤntze bey
Hochzeiten und Gaſtereyen zu appliciren/ iſt
etwas zu ſcharff gebutzt. Ach wie iſt mancher
Vater ſo gewiſſenhafftig/ ehe er ſein Kind auf
eine Hochzeit gehen laͤſt; oder wenn er Schan-
de und naher Freundſchafft halben ſie nicht zu
Hauſe behalten kan/ ſo muß ſie doch als balde
vom Tiſche wieder heim/ da er ſie doch mit beſ-
ſerm Gewiſſen von andern heimlichen Zuſam-
menkunfften abhalten moͤchte: denn auf einem
oͤffentlichen Tantzbodẽ wird keine ſo leicht ver-
fuͤhret/ als wenn ſie hinter der Haus-Thuͤr
einen Rendezvous von zwey Perſonen an-
ſtellet/ und mit drey Perſonen wieder hervor
kommet.

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[285/0291] ten Perſonen angeſtellet worden: oder wie Anno 1602. zu Leipzig auf dem damahligen Rabeth ein Schneider Geſelle mit einer un- zuͤchtigen Breckin vor allen Leuten nackend herumb geſprungen: oder wie auf Kirmſen und andern gemeinen Sonntagen/ Knechte und Maͤgdẽ zuſammen lauffen/ oder auch in Staͤdten heimliche Rantzwinckel gehalten werden/ die ſoll man mit Pruͤgeln und Staup- beſen von einander treiben. Und da heiſts/ non centrum modo, ſed ipſum circulum poſſidet Diabolus. Aber dieſes alles auf die ſittſamen und zuͤchtigen Ehren-Taͤntze bey Hochzeiten und Gaſtereyen zu appliciren/ iſt etwas zu ſcharff gebutzt. Ach wie iſt mancher Vater ſo gewiſſenhafftig/ ehe er ſein Kind auf eine Hochzeit gehen laͤſt; oder wenn er Schan- de und naher Freundſchafft halben ſie nicht zu Hauſe behalten kan/ ſo muß ſie doch als balde vom Tiſche wieder heim/ da er ſie doch mit beſ- ſerm Gewiſſen von andern heimlichen Zuſam- menkunfften abhalten moͤchte: denn auf einem oͤffentlichen Tantzbodẽ wird keine ſo leicht ver- fuͤhret/ als wenn ſie hinter der Haus-Thuͤr einen Rendezvous von zwey Perſonen an- ſtellet/ und mit drey Perſonen wieder hervor kommet. Eury-

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673, S. 285. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672/291>, abgerufen am 29.03.2024.