Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673.

Bild:
<< vorherige Seite


dem wir cap. 37. gedacht haben/ daß er in die
Compagnie auffgenommen worden/ und der
ins künfftige Sigmund heissen soll/ sein Wo[rt]
auch darzu. Die Gewonheit/ sagte er/ ist
so weit eingerissen/ daß man schwerlich eine
Enderung hoffen kan/ und über dißscheint es
zwar/ als wären die Mummereyen den Kin-
dern zu gefallen angestellt. Doch die Alten
thun es ihrer eigenen Ergetzlichkeit wegen/in-
dem sie auß übermässiger Liebe den Narren
an den Kindern fressen/ und dannenhero in ihren
Affecten nie besser vergnügt sind/ als wenn
sie dergleichen Auffzüge vernehmen sollen.
Drumb worzu die Leute ingesamt Lust haben/
das läst sich schwerlich abbringen.

Solche Discurse wurden continuirt, biß
sie auf etwas anders fielen. Da war ein vor-
nehmer Hoffrath mit am Tische/ welcher sich
der Ferien zu gebrauchen/ etliche Meilen von
dar auf eine Gevatterschafft begeben wolte.
Der hatte an den Gesprechen ein sonderlich
Gefallen/ und damit er auch etwas von dem
seinigen möchte beytragen/ sagte er: Jhr Her-
ren/ ihr habt viel Sachen auf die Bahn ge-
bracht/ ich wil auch etwas vorbringen/ dar-
in ich eure Meynung gern hören möchte. Un-
längst war ein ansehnlicher Pfarrdienst ledig

wor-


dem wir cap. 37. gedacht haben/ daß er in die
Compagnie auffgenommen worden/ und der
ins kuͤnfftige Sigmund heiſſen ſoll/ ſein Wo[rt]
auch darzu. Die Gewonheit/ ſagte er/ iſt
ſo weit eingeriſſen/ daß man ſchwerlich eine
Enderung hoffen kan/ und uͤber dißſcheint es
zwar/ als waͤren die Mummereyen den Kin-
dern zu gefallen angeſtellt. Doch die Alten
thun es ihrer eigenen Ergetzlichkeit wegen/in-
dem ſie auß uͤbermaͤſſiger Liebe den Narren
an den Kindern freſſen/ und dañenhero in ihrẽ
Affecten nie beſſer vergnuͤgt ſind/ als wenn
ſie dergleichen Auffzuͤge vernehmen ſollen.
Drumb worzu die Leute ingeſamt Luſt haben/
das laͤſt ſich ſchwerlich abbringen.

Solche Diſcurſe wurden continuirt, biß
ſie auf etwas anders fielen. Da war ein vor-
nehmer Hoffrath mit am Tiſche/ welcher ſich
der Ferien zu gebrauchen/ etliche Meilen von
dar auf eine Gevatterſchafft begeben wolte.
Der hatte an den Geſprechen ein ſonderlich
Gefallen/ und damit er auch etwas von dem
ſeinigen moͤchte beytragen/ ſagte er: Jhr Her-
ren/ ihr habt viel Sachen auf die Bahn ge-
bracht/ ich wil auch etwas vorbringen/ dar-
in ich eure Meynung gern hoͤren moͤchte. Un-
laͤngſt war ein anſehnlicher Pfarrdienſt ledig

wor-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0333" n="327"/><lb/>
dem wir <hi rendition="#aq">cap.</hi> 37. gedacht haben/ daß er in die<lb/><hi rendition="#aq">Compagnie</hi> auffgenommen worden/ und der<lb/>
ins ku&#x0364;nfftige <hi rendition="#aq">Sigmund</hi> hei&#x017F;&#x017F;en &#x017F;oll/ &#x017F;ein Wo<supplied>rt</supplied><lb/>
auch darzu. Die Gewonheit/ &#x017F;agte er/ i&#x017F;t<lb/>
&#x017F;o weit eingeri&#x017F;&#x017F;en/ daß man &#x017F;chwerlich eine<lb/>
Enderung hoffen kan/ und u&#x0364;ber diß&#x017F;cheint es<lb/>
zwar/ als wa&#x0364;ren die Mummereyen den Kin-<lb/>
dern zu gefallen ange&#x017F;tellt. Doch die Alten<lb/>
thun es ihrer eigenen Ergetzlichkeit wegen/in-<lb/>
dem &#x017F;ie auß u&#x0364;berma&#x0364;&#x017F;&#x017F;iger Liebe den Narren<lb/>
an den Kindern fre&#x017F;&#x017F;en/ und dan&#x0303;enhero in ihre&#x0303;<lb/><hi rendition="#aq">Affecten</hi> nie be&#x017F;&#x017F;er vergnu&#x0364;gt &#x017F;ind/ als wenn<lb/>
&#x017F;ie dergleichen Auffzu&#x0364;ge vernehmen &#x017F;ollen.<lb/>
Drumb worzu die Leute inge&#x017F;amt Lu&#x017F;t haben/<lb/>
das la&#x0364;&#x017F;t &#x017F;ich &#x017F;chwerlich abbringen.</p><lb/>
        <p>Solche <hi rendition="#aq">Di&#x017F;cur&#x017F;e</hi> wurden <hi rendition="#aq">continuirt,</hi> biß<lb/>
&#x017F;ie auf etwas anders fielen. Da war ein vor-<lb/>
nehmer Hoffrath mit am Ti&#x017F;che/ welcher &#x017F;ich<lb/>
der <hi rendition="#aq">Ferien</hi> zu gebrauchen/ etliche Meilen von<lb/>
dar auf eine Gevatter&#x017F;chafft begeben wolte.<lb/>
Der hatte an den Ge&#x017F;prechen ein &#x017F;onderlich<lb/>
Gefallen/ und damit er auch etwas von dem<lb/>
&#x017F;einigen mo&#x0364;chte beytragen/ &#x017F;agte er: Jhr Her-<lb/>
ren/ ihr habt viel Sachen auf die Bahn ge-<lb/>
bracht/ ich wil auch etwas vorbringen/ dar-<lb/>
in ich eure Meynung gern ho&#x0364;ren mo&#x0364;chte. Un-<lb/>
la&#x0364;ng&#x017F;t war ein an&#x017F;ehnlicher Pfarrdien&#x017F;t ledig<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">wor-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[327/0333] dem wir cap. 37. gedacht haben/ daß er in die Compagnie auffgenommen worden/ und der ins kuͤnfftige Sigmund heiſſen ſoll/ ſein Wort auch darzu. Die Gewonheit/ ſagte er/ iſt ſo weit eingeriſſen/ daß man ſchwerlich eine Enderung hoffen kan/ und uͤber dißſcheint es zwar/ als waͤren die Mummereyen den Kin- dern zu gefallen angeſtellt. Doch die Alten thun es ihrer eigenen Ergetzlichkeit wegen/in- dem ſie auß uͤbermaͤſſiger Liebe den Narren an den Kindern freſſen/ und dañenhero in ihrẽ Affecten nie beſſer vergnuͤgt ſind/ als wenn ſie dergleichen Auffzuͤge vernehmen ſollen. Drumb worzu die Leute ingeſamt Luſt haben/ das laͤſt ſich ſchwerlich abbringen. Solche Diſcurſe wurden continuirt, biß ſie auf etwas anders fielen. Da war ein vor- nehmer Hoffrath mit am Tiſche/ welcher ſich der Ferien zu gebrauchen/ etliche Meilen von dar auf eine Gevatterſchafft begeben wolte. Der hatte an den Geſprechen ein ſonderlich Gefallen/ und damit er auch etwas von dem ſeinigen moͤchte beytragen/ ſagte er: Jhr Her- ren/ ihr habt viel Sachen auf die Bahn ge- bracht/ ich wil auch etwas vorbringen/ dar- in ich eure Meynung gern hoͤren moͤchte. Un- laͤngſt war ein anſehnlicher Pfarrdienſt ledig wor-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Bei der Ausgabe handelt es sich um die 2. Auflage… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672/333
Zitationshilfe: Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673, S. 327. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672/333>, abgerufen am 25.04.2024.