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Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673.

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unangewendet lassen. Jst keine Schande
mehr in der Welt/ daß ich über Verhoffen
solte darhinter hingehen/ so will ich auch die
Zeit meines Lebens nicht mehr anhalten/ und
wil meine schöne studia aller Welt zu schimpf-
fe verderben lassen. Nun ich versehe mich
noch des Besten/ und wünsche dannenhe-
ro etc.

Gelanor sagte hierauff: der Kerle muß ein
vielfältiger Narr seyn/ erstlich weil er seine E-
rudition
so hoch rühmet/ da sie doch allen
Umbständen nach nicht viel über das mittel-
ste Fenster wird gestiegen seyn: darnach weil
er vom Fürsten und Herren eine Gnade abtro-
tzen wil. Es heist ja ex beneficii negatione
nulla est injuria
. Und wie würde der Mensch
beten/ wenn er sich in Gottes horas & moras
schicken solte/ da er in sechs Jahren an allem
Glücke verzweifeln wil. Wäre ich Fürste
gewesen/ ich hätte ihm an statt des Dienstes
eine Expectantz auf zwölff Jahr gegeben/ mit
angehängter Vertröstung/ wenn er nach ver-
flossener Zeit/ höflicher würde/ und sich gebühr-
lich angebe/ solte er nach Befindung
seiner meriten accommodirt
werden.

Die


unangewendet laſſen. Jſt keine Schande
mehr in der Welt/ daß ich uͤber Verhoffen
ſolte darhinter hingehen/ ſo will ich auch die
Zeit meines Lebens nicht mehr anhalten/ und
wil meine ſchoͤne ſtudia aller Welt zu ſchimpf-
fe verderben laſſen. Nun ich verſehe mich
noch des Beſten/ und wuͤnſche dannenhe-
ro ꝛc.

Gelanor ſagte hierauff: der Kerle muß ein
vielfaͤltiger Narr ſeyn/ erſtlich weil er ſeine E-
rudition
ſo hoch ruͤhmet/ da ſie doch allen
Umbſtaͤnden nach nicht viel uͤber das mittel-
ſte Fenſter wird geſtiegen ſeyn: darnach weil
er vom Fuͤrſten und Herren eine Gnade abtro-
tzen wil. Es heiſt ja ex beneficii negatione
nulla eſt injuria
. Und wie wuͤrde der Menſch
beten/ wenn er ſich in Gottes horas & moras
ſchicken ſolte/ da er in ſechs Jahren an allem
Gluͤcke verzweifeln wil. Waͤre ich Fuͤrſte
geweſen/ ich haͤtte ihm an ſtatt des Dienſtes
eine Expectantz auf zwoͤlff Jahr gegeben/ mit
angehaͤngter Vertroͤſtung/ wenn er nach ver-
floſſener Zeit/ hoͤflicher wuͤrde/ und ſich gebuͤhr-
lich angebe/ ſolte er nach Befindung
ſeiner meriten accommodirt
werden.

Die
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[330/0336] unangewendet laſſen. Jſt keine Schande mehr in der Welt/ daß ich uͤber Verhoffen ſolte darhinter hingehen/ ſo will ich auch die Zeit meines Lebens nicht mehr anhalten/ und wil meine ſchoͤne ſtudia aller Welt zu ſchimpf- fe verderben laſſen. Nun ich verſehe mich noch des Beſten/ und wuͤnſche dannenhe- ro ꝛc. Gelanor ſagte hierauff: der Kerle muß ein vielfaͤltiger Narr ſeyn/ erſtlich weil er ſeine E- rudition ſo hoch ruͤhmet/ da ſie doch allen Umbſtaͤnden nach nicht viel uͤber das mittel- ſte Fenſter wird geſtiegen ſeyn: darnach weil er vom Fuͤrſten und Herren eine Gnade abtro- tzen wil. Es heiſt ja ex beneficii negatione nulla eſt injuria. Und wie wuͤrde der Menſch beten/ wenn er ſich in Gottes horas & moras ſchicken ſolte/ da er in ſechs Jahren an allem Gluͤcke verzweifeln wil. Waͤre ich Fuͤrſte geweſen/ ich haͤtte ihm an ſtatt des Dienſtes eine Expectantz auf zwoͤlff Jahr gegeben/ mit angehaͤngter Vertroͤſtung/ wenn er nach ver- floſſener Zeit/ hoͤflicher wuͤrde/ und ſich gebuͤhr- lich angebe/ ſolte er nach Befindung ſeiner meriten accommodirt werden. Die

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673, S. 330. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672/336>, abgerufen am 24.04.2024.