Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673.

Bild:
<< vorherige Seite


Großsprecher/ der uns zu wider ist/ wenn er
sat zu fressen hätte. Da frisst der kahle Hund
welcke Rüben/ und hertzt die Frau/ damit tritt
er an die Haußthüre/ und stochert in den Zäh-
nen/ so dencken alle Bauren/ die vorübergehen/
er hat Fleisch gessen. Die vierdte hatte bißher
still geschwiegen/ nun gieng ihre Klapper-
büchse auch loß. Ach sagte sie/ ich lasse mir
auff die Hochzeit ein schön Kleid machen. Wir
sind Freundschafft/ da werden wir vorgezo-
gen. Ach es gefält mir gar zu wol/ wenn die stol-
tzen Weiber/ die sonst immer oben hinauß und
nirgend an wollen/ so brav das Nachsehen
haben/ und mir hinten nach zotteln. Die er-
ste sagte: Ja ich besinne mich/ was ich bey mei-
ner Mutter Begräbniß vor eine Freude hat-
te/ daß ich durffte über die Burgemeisters
Weiber gehn. Die andere sagte: Ja/ als hätte
ich neulich die Ehre nicht gehabt/ da mein Va-
ter begraben ward/ da giengen mir zwölff Do-
ctors
Weiber nach. Die dritte sagte/ unlängst
gieng mein Mann über etliche Edelleute/ und
es soll mich mein Lebetage reuen/ daß ich bin zu
Hause blieben/ wie hätte ich die grossen Frau-
en von Adel wollen über Achsel ansehn/ wann
sie wären hinter mir angestochen kommen.
Die Vierdte sprach: Ach botz tausend hätte

ich


Großſprecher/ der uns zu wider iſt/ wenn er
ſat zu freſſen haͤtte. Da friſſt der kahle Hund
welcke Ruͤben/ und hertzt die Frau/ damit tritt
er an die Haußthuͤre/ und ſtochert in den Zaͤh-
nen/ ſo dencken alle Bauren/ die voruͤbergehen/
er hat Fleiſch geſſen. Die vierdte hatte bißher
ſtill geſchwiegen/ nun gieng ihre Klapper-
buͤchſe auch loß. Ach ſagte ſie/ ich laſſe mir
auff die Hochzeit ein ſchoͤn Kleid machen. Wir
ſind Freundſchafft/ da werden wir vorgezo-
gen. Ach es gefaͤlt mir gar zu wol/ weñ die ſtol-
tzen Weiber/ die ſonſt immer oben hinauß und
nirgend an wollen/ ſo brav das Nachſehen
haben/ und mir hinten nach zotteln. Die er-
ſte ſagte: Ja ich beſinne mich/ was ich bey mei-
ner Mutter Begraͤbniß vor eine Freude hat-
te/ daß ich durffte uͤber die Burgemeiſters
Weiber gehn. Die andere ſagte: Ja/ als haͤtte
ich neulich die Ehre nicht gehabt/ da mein Va-
ter begraben ward/ da giengen mir zwoͤlff Do-
ctors
Weiber nach. Die dritte ſagte/ unlaͤngſt
gieng mein Mann uͤber etliche Edelleute/ und
es ſoll mich mein Lebetage reuen/ daß ich bin zu
Hauſe blieben/ wie haͤtte ich die groſſen Frau-
en von Adel wollen uͤber Achſel anſehn/ wann
ſie waͤren hinter mir angeſtochen kommen.
Die Vierdte ſprach: Ach botz tauſend haͤtte

ich
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0354" n="348"/><lb/>
Groß&#x017F;precher/ der uns zu wider i&#x017F;t/ wenn er<lb/>
&#x017F;at zu fre&#x017F;&#x017F;en ha&#x0364;tte. Da fri&#x017F;&#x017F;t der kahle Hund<lb/>
welcke Ru&#x0364;ben/ und hertzt die Frau/ damit tritt<lb/>
er an die Haußthu&#x0364;re/ und &#x017F;tochert in den Za&#x0364;h-<lb/>
nen/ &#x017F;o dencken alle Bauren/ die voru&#x0364;bergehen/<lb/>
er hat Flei&#x017F;ch ge&#x017F;&#x017F;en. Die vierdte hatte bißher<lb/>
&#x017F;till ge&#x017F;chwiegen/ nun gieng ihre Klapper-<lb/>
bu&#x0364;ch&#x017F;e auch loß. Ach &#x017F;agte &#x017F;ie/ ich la&#x017F;&#x017F;e mir<lb/>
auff die Hochzeit ein &#x017F;cho&#x0364;n Kleid machen. Wir<lb/>
&#x017F;ind Freund&#x017F;chafft/ da werden wir vorgezo-<lb/>
gen. Ach es gefa&#x0364;lt mir gar zu wol/ wen&#x0303; die &#x017F;tol-<lb/>
tzen Weiber/ die &#x017F;on&#x017F;t immer oben hinauß und<lb/>
nirgend an wollen/ &#x017F;o brav das Nach&#x017F;ehen<lb/>
haben/ und mir hinten nach zotteln. Die er-<lb/>
&#x017F;te &#x017F;agte: Ja ich be&#x017F;inne mich/ was ich bey mei-<lb/>
ner Mutter Begra&#x0364;bniß vor eine <hi rendition="#fr">F</hi>reude hat-<lb/>
te/ daß ich durffte u&#x0364;ber die Burgemei&#x017F;ters<lb/>
Weiber gehn. Die andere &#x017F;agte: Ja/ als ha&#x0364;tte<lb/>
ich neulich die Ehre nicht gehabt/ da mein Va-<lb/>
ter begraben ward/ da giengen mir zwo&#x0364;lff <hi rendition="#aq">Do-<lb/>
ctors</hi> Weiber nach. Die dritte &#x017F;agte/ unla&#x0364;ng&#x017F;t<lb/>
gieng mein Mann u&#x0364;ber etliche Edelleute/ und<lb/>
es &#x017F;oll mich mein Lebetage reuen/ daß ich bin zu<lb/>
Hau&#x017F;e blieben/ wie ha&#x0364;tte ich die gro&#x017F;&#x017F;en Frau-<lb/>
en von Adel wollen u&#x0364;ber Ach&#x017F;el an&#x017F;ehn/ wann<lb/>
&#x017F;ie wa&#x0364;ren hinter mir ange&#x017F;tochen kommen.<lb/>
Die Vierdte &#x017F;prach: Ach botz tau&#x017F;end ha&#x0364;tte<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ich</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[348/0354] Großſprecher/ der uns zu wider iſt/ wenn er ſat zu freſſen haͤtte. Da friſſt der kahle Hund welcke Ruͤben/ und hertzt die Frau/ damit tritt er an die Haußthuͤre/ und ſtochert in den Zaͤh- nen/ ſo dencken alle Bauren/ die voruͤbergehen/ er hat Fleiſch geſſen. Die vierdte hatte bißher ſtill geſchwiegen/ nun gieng ihre Klapper- buͤchſe auch loß. Ach ſagte ſie/ ich laſſe mir auff die Hochzeit ein ſchoͤn Kleid machen. Wir ſind Freundſchafft/ da werden wir vorgezo- gen. Ach es gefaͤlt mir gar zu wol/ weñ die ſtol- tzen Weiber/ die ſonſt immer oben hinauß und nirgend an wollen/ ſo brav das Nachſehen haben/ und mir hinten nach zotteln. Die er- ſte ſagte: Ja ich beſinne mich/ was ich bey mei- ner Mutter Begraͤbniß vor eine Freude hat- te/ daß ich durffte uͤber die Burgemeiſters Weiber gehn. Die andere ſagte: Ja/ als haͤtte ich neulich die Ehre nicht gehabt/ da mein Va- ter begraben ward/ da giengen mir zwoͤlff Do- ctors Weiber nach. Die dritte ſagte/ unlaͤngſt gieng mein Mann uͤber etliche Edelleute/ und es ſoll mich mein Lebetage reuen/ daß ich bin zu Hauſe blieben/ wie haͤtte ich die groſſen Frau- en von Adel wollen uͤber Achſel anſehn/ wann ſie waͤren hinter mir angeſtochen kommen. Die Vierdte ſprach: Ach botz tauſend haͤtte ich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Bei der Ausgabe handelt es sich um die 2. Auflage… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672/354
Zitationshilfe: Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673, S. 348. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672/354>, abgerufen am 16.04.2024.