Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673.

Bild:
<< vorherige Seite


600. Paar Tauben vertrieben worden/
und weil er hiermit über 20. Ducaten gefäh-
ret worden/ vermeinte er/ Beklagter hätte den
Galgen wohl verdienet/ und was die anderen
Possen mehr waren. Kurtz/ der Abend ward
mit solchen lustigen Rechts-Sachenpas-
sirt.

CAP. XLIII.

UBer etliche Tage wurden sie zu gedach-
ten Stadtrichter wieder zu Gaste gebe-
ten/ da befand sich ein Kerle/ der sich vor einen
perfecten Lautenisten außgab. Der schüttete
seinen gantzen Sack voll auß/ und meynte/ es
fehlte nicht viel/ daß nicht die Steine wie
bey dem Orpheus zu tantzen anfiengen. Doch
waren alle Stücke von altväterischen Manie-
ren/ von alberer application, von confusen
tacte,
mit einem Worte/ wer einem andern
wäre einen elenden Lautenisten schuldig gewe-
sen/ und hätte mit diesen Musicanten bezahlt/
der hätte noch dritthalb Groschen wieder her-
auß bekommen. Endlich sagte der Richter/
ob niemand in der Compagnie wäre/ der
Lust hätte ein Schulrecht abzulegen/ er hät-
te neulich auf ihrer Stuben eine Laute ge-

sehen/


600. Paar Tauben vertrieben worden/
und weil er hiermit uͤber 20. Ducaten gefaͤh-
ret worden/ vermeinte er/ Beklagter haͤtte den
Galgen wohl verdienet/ und was die anderen
Poſſen mehr waren. Kurtz/ der Abend ward
mit ſolchen luſtigen Rechts-Sachenpas-
ſirt.

CAP. XLIII.

UBer etliche Tage wurden ſie zu gedach-
ten Stadtrichter wieder zu Gaſte gebe-
ten/ da befand ſich ein Kerle/ der ſich vor einen
perfecten Lauteniſten außgab. Der ſchuͤttete
ſeinen gantzen Sack voll auß/ und meynte/ es
fehlte nicht viel/ daß nicht die Steine wie
bey dem Orpheus zu tantzen anfiengen. Doch
waren alle Stuͤcke von altvaͤteriſchen Manie-
ren/ von alberer application, von confuſen
tacte,
mit einem Worte/ wer einem andern
waͤre einen elenden Lauteniſten ſchuldig gewe-
ſen/ und haͤtte mit dieſen Muſicanten bezahlt/
der haͤtte noch dritthalb Groſchen wieder her-
auß bekommen. Endlich ſagte der Richter/
ob niemand in der Compagnie waͤre/ der
Luſt haͤtte ein Schulrecht abzulegen/ er haͤt-
te neulich auf ihrer Stuben eine Laute ge-

ſehen/
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0365" n="359"/><lb/>
600. Paar Tauben vertrieben worden/<lb/>
und weil er hiermit u&#x0364;ber 20. Ducaten gefa&#x0364;h-<lb/>
ret worden/ vermeinte er/ Beklagter ha&#x0364;tte den<lb/>
Galgen wohl verdienet/ und was die anderen<lb/>
Po&#x017F;&#x017F;en mehr waren. Kurtz/ der Abend ward<lb/>
mit &#x017F;olchen lu&#x017F;tigen Rechts-Sachen<hi rendition="#aq">pas-<lb/>
&#x017F;irt.</hi></p>
        </div>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head><hi rendition="#aq">CAP</hi>. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">XLIII</hi>.</hi></head><lb/>
        <p><hi rendition="#in">U</hi>Ber etliche Tage wurden &#x017F;ie zu gedach-<lb/>
ten Stadtrichter wieder zu Ga&#x017F;te gebe-<lb/>
ten/ da befand &#x017F;ich ein Kerle/ der &#x017F;ich vor einen<lb/><hi rendition="#aq">perfecten</hi> Lauteni&#x017F;ten außgab. Der &#x017F;chu&#x0364;ttete<lb/>
&#x017F;einen gantzen Sack voll auß/ und meynte/ es<lb/>
fehlte nicht viel/ daß nicht die Steine wie<lb/>
bey dem <hi rendition="#aq">Orpheus</hi> zu tantzen anfiengen. Doch<lb/>
waren alle Stu&#x0364;cke von altva&#x0364;teri&#x017F;chen Manie-<lb/>
ren/ von alberer <hi rendition="#aq">application,</hi> von <hi rendition="#aq">confu&#x017F;en<lb/>
tacte,</hi> mit einem Worte/ wer einem andern<lb/>
wa&#x0364;re einen elenden Lauteni&#x017F;ten &#x017F;chuldig gewe-<lb/>
&#x017F;en/ und ha&#x0364;tte mit die&#x017F;en Mu&#x017F;icanten bezahlt/<lb/>
der ha&#x0364;tte noch dritthalb Gro&#x017F;chen wieder her-<lb/>
auß bekommen. Endlich &#x017F;agte der Richter/<lb/>
ob niemand in der Compagnie wa&#x0364;re/ der<lb/>
Lu&#x017F;t ha&#x0364;tte ein Schulrecht abzulegen/ er ha&#x0364;t-<lb/>
te neulich auf ihrer Stuben eine Laute ge-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;ehen/</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[359/0365] 600. Paar Tauben vertrieben worden/ und weil er hiermit uͤber 20. Ducaten gefaͤh- ret worden/ vermeinte er/ Beklagter haͤtte den Galgen wohl verdienet/ und was die anderen Poſſen mehr waren. Kurtz/ der Abend ward mit ſolchen luſtigen Rechts-Sachenpas- ſirt. CAP. XLIII. UBer etliche Tage wurden ſie zu gedach- ten Stadtrichter wieder zu Gaſte gebe- ten/ da befand ſich ein Kerle/ der ſich vor einen perfecten Lauteniſten außgab. Der ſchuͤttete ſeinen gantzen Sack voll auß/ und meynte/ es fehlte nicht viel/ daß nicht die Steine wie bey dem Orpheus zu tantzen anfiengen. Doch waren alle Stuͤcke von altvaͤteriſchen Manie- ren/ von alberer application, von confuſen tacte, mit einem Worte/ wer einem andern waͤre einen elenden Lauteniſten ſchuldig gewe- ſen/ und haͤtte mit dieſen Muſicanten bezahlt/ der haͤtte noch dritthalb Groſchen wieder her- auß bekommen. Endlich ſagte der Richter/ ob niemand in der Compagnie waͤre/ der Luſt haͤtte ein Schulrecht abzulegen/ er haͤt- te neulich auf ihrer Stuben eine Laute ge- ſehen/

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Bei der Ausgabe handelt es sich um die 2. Auflage… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672/365
Zitationshilfe: Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673, S. 359. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672/365>, abgerufen am 19.04.2024.