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Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673.

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Vir Clarissime.

Mitto tibi vulpem; mitto tibi leporem; utriusq
curam sic habueris
, ut intelligent, meam a-
pud te valere recommendationem. Cura ut
valeas.

Gelanor ruffte hierauff den Florindo auff
einem Ort allein/ hielt ihmm den Brieff vor/ er
solte nun sehen/ ob sein Thun von allen Leuten
gebilliget würde/ und ob es eine sonderbahre
Ehre geben würde/ wenn er mit einem solchen
prächtigen Hasen-Titul auffgezogen käme:
bat ihn darneben inständig/ er solte sich der ü-
bermässigen Künheit entschlagen/ und viel-
mehr in modesten und höfflichen Sitten seine
Ehre suchen: Zwar die rechte Warheit zu be-
kennen/ Florindo hätte den geistlichen/ Va-
ter gerne auf die Klinge fordern lassen/ wenn
er gekunt hätte. Also fraß er die kurtze Lection
mit aller Gedult in sich/ und begehrte nur/
man möchte den Brieff zurücke lassen. Nein/
sagte Gelanor, wie hätten wir thun müssen/
wenn der Brieff uns nicht wäre geöffnet wor-
den/ und über dieß wird er weder klüger noch
närrischer/ ob ihn ein ander einen verächtli-
chen Titul auf solche Weise anhängt/ er trach-
te vielmehr dahin/ daß er den übel informirten
Brieffsteller zum Lügner mache. Diese
Zurede nun würckte so viel/ daß sie den Brieff

durch

Vir Clariſſime.

Mitto tibi vulpem; mitto tibi leporem; utriusq́
curam ſic habueris
, ut intelligent, meam a-
pud te valere recommendationem. Cura ut
valeas.

Gelanor ruffte hierauff den Florindo auff
einem Ort allein/ hielt ihm̃ den Brieff vor/ er
ſolte nun ſehen/ ob ſein Thun von allen Leuten
gebilliget würde/ und ob es eine ſonderbahre
Ehre geben wuͤrde/ wenn er mit einem ſolchen
praͤchtigen Haſen-Titul auffgezogen kaͤme:
bat ihn darneben inſtaͤndig/ er ſolte ſich der uͤ-
bermaͤſſigen Kuͤnheit entſchlagen/ und viel-
mehr in modeſten und hoͤfflichen Sitten ſeine
Ehre ſuchen: Zwar die rechte Warheit zu be-
kennen/ Florindo haͤtte den geiſtlichen/ Va-
ter gerne auf die Klinge fordern laſſen/ wenn
er gekunt haͤtte. Alſo fraß er die kurtze Lection
mit aller Gedult in ſich/ und begehrte nur/
man moͤchte den Brieff zuruͤcke laſſen. Nein/
ſagte Gelanor, wie haͤtten wir thun muͤſſen/
wenn der Brieff uns nicht waͤre geoͤffnet wor-
den/ und uͤber dieß wird er weder kluͤger noch
naͤrriſcher/ ob ihn ein ander einen veraͤchtli-
chen Titul auf ſolche Weiſe anhaͤngt/ er trach-
te vielmehr dahin/ daß er den übel informirten
Brieffſteller zum Luͤgner mache. Dieſe
Zurede nun wuͤrckte ſo viel/ daß ſie den Brieff

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[46/0052] Vir Clariſſime. Mitto tibi vulpem; mitto tibi leporem; utriusq́ curam ſic habueris, ut intelligent, meam a- pud te valere recommendationem. Cura ut valeas. Gelanor ruffte hierauff den Florindo auff einem Ort allein/ hielt ihm̃ den Brieff vor/ er ſolte nun ſehen/ ob ſein Thun von allen Leuten gebilliget würde/ und ob es eine ſonderbahre Ehre geben wuͤrde/ wenn er mit einem ſolchen praͤchtigen Haſen-Titul auffgezogen kaͤme: bat ihn darneben inſtaͤndig/ er ſolte ſich der uͤ- bermaͤſſigen Kuͤnheit entſchlagen/ und viel- mehr in modeſten und hoͤfflichen Sitten ſeine Ehre ſuchen: Zwar die rechte Warheit zu be- kennen/ Florindo haͤtte den geiſtlichen/ Va- ter gerne auf die Klinge fordern laſſen/ wenn er gekunt haͤtte. Alſo fraß er die kurtze Lection mit aller Gedult in ſich/ und begehrte nur/ man moͤchte den Brieff zuruͤcke laſſen. Nein/ ſagte Gelanor, wie haͤtten wir thun muͤſſen/ wenn der Brieff uns nicht waͤre geoͤffnet wor- den/ und uͤber dieß wird er weder kluͤger noch naͤrriſcher/ ob ihn ein ander einen veraͤchtli- chen Titul auf ſolche Weiſe anhaͤngt/ er trach- te vielmehr dahin/ daß er den übel informirten Brieffſteller zum Luͤgner mache. Dieſe Zurede nun wuͤrckte ſo viel/ daß ſie den Brieff durch

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672/52>, abgerufen am 28.03.2024.