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Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673.

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ich konte zur Hochzeit gehen. Jm zwölfsten
Jahre dachte ich/ es wäre eine Schande/ wann
ich keine Liebste hätte. Aber in der gantzen
Zeit durffte ich nichts lernen oder vornehmen.
Ein Praeceptor muste deshalben von uns fort/
daß er mich mit dem Catechismo so sehr ge-
brühet. Ein ander kriegte den Abschied/ weil
er behaupten wollen/ ich müste in dem zehenden
Jahre Mensa conjugiren können. Wieder
ein ander ward mit der Thier vor den Hinder-
sten geschlagen/ weil er vorgab/ ich solte nicht
mehr bey der jungen Magd im Bette liegen/
bey welcher ich doch von langer Zeit gewohnt
war. Mit einem Worte viel zu begreiffen/
wer mich anrührete/ der tastete meines Va-
ters Augapffel an. Endlich schämte ich mich ei-
nen Praeceptor zu haben/ da kriegt ich einen Hoff-
meister/ der hieß mich Monsieur, der nahm
mich mit zum Schmause/ und perfectionirte
mich/ daß ich pro hic & nunc ein vollkommener
Juncker war. Jm 18. Jahre starb mein Va-
ter/ da war Herrligkeit. Sie wolten mir ei-
nen Curator setzen/ aber ich fieng Händel mit
ihm an/ und schlug ihm ein paar Pistolen um
den Kopff. Jch dachte/ ich wäre uper klug/
meinen Stand außzuführen. Nun war es
nicht ohne/ mein Vater hatte so viel Causen

ge-
D ij


ich konte zur Hochzeit gehen. Jm zwoͤlfſten
Jahre dachte ich/ es waͤre eine Schande/ wañ
ich keine Liebſte haͤtte. Aber in der gantzen
Zeit durffte ich nichts lernen oder vornehmen.
Ein Præceptor muſte deshalben von uns fort/
daß er mich mit dem Catechiſmo ſo ſehr ge-
bruͤhet. Ein ander kriegte den Abſchied/ weil
er behaupten wollen/ ich muͤſte in dem zehendẽ
Jahre Menſa conjugiren koͤnnen. Wieder
ein ander ward mit der Thier vor den Hinder-
ſten geſchlagen/ weil er vorgab/ ich ſolte nicht
mehr bey der jungen Magd im Bette liegen/
bey welcher ich doch von langer Zeit gewohnt
war. Mit einem Worte viel zu begreiffen/
wer mich anruͤhrete/ der taſtete meines Va-
ters Augapffel an. Endlich ſchaͤmte ich mich ei-
nen Præceptor zu habẽ/ da kriegt ich einẽ Hoff-
meiſter/ der hieß mich Monſieur, der nahm
mich mit zum Schmauſe/ und perfectionirte
mich/ daß ich pro hic & nunc ein vollkom̃ener
Juncker war. Jm 18. Jahre ſtarb mein Va-
ter/ da war Herrligkeit. Sie wolten mir ei-
nen Curator ſetzen/ aber ich fieng Haͤndel mit
ihm an/ und ſchlug ihm ein paar Piſtolen um
den Kopff. Jch dachte/ ich waͤre ὑπὲρ klug/
meinen Stand außzufuͤhren. Nun war es
nicht ohne/ mein Vater hatte ſo viel Cauſen

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[75/0081] ich konte zur Hochzeit gehen. Jm zwoͤlfſten Jahre dachte ich/ es waͤre eine Schande/ wañ ich keine Liebſte haͤtte. Aber in der gantzen Zeit durffte ich nichts lernen oder vornehmen. Ein Præceptor muſte deshalben von uns fort/ daß er mich mit dem Catechiſmo ſo ſehr ge- bruͤhet. Ein ander kriegte den Abſchied/ weil er behaupten wollen/ ich muͤſte in dem zehendẽ Jahre Menſa conjugiren koͤnnen. Wieder ein ander ward mit der Thier vor den Hinder- ſten geſchlagen/ weil er vorgab/ ich ſolte nicht mehr bey der jungen Magd im Bette liegen/ bey welcher ich doch von langer Zeit gewohnt war. Mit einem Worte viel zu begreiffen/ wer mich anruͤhrete/ der taſtete meines Va- ters Augapffel an. Endlich ſchaͤmte ich mich ei- nen Præceptor zu habẽ/ da kriegt ich einẽ Hoff- meiſter/ der hieß mich Monſieur, der nahm mich mit zum Schmauſe/ und perfectionirte mich/ daß ich pro hic & nunc ein vollkom̃ener Juncker war. Jm 18. Jahre ſtarb mein Va- ter/ da war Herrligkeit. Sie wolten mir ei- nen Curator ſetzen/ aber ich fieng Haͤndel mit ihm an/ und ſchlug ihm ein paar Piſtolen um den Kopff. Jch dachte/ ich waͤre ὑπὲρ klug/ meinen Stand außzufuͤhren. Nun war es nicht ohne/ mein Vater hatte ſo viel Cauſen ge- D ij

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672/81>, abgerufen am 29.03.2024.