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Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673.

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allzeit eine schlechte Feldblume dargegen/ die
an vielen Stücken/ sonderlich in Medicini-
scher Würckung weit besser war/ und machte
den Schluß: STUL TITIAM PATIUNTUR
OPES.
Doch sagte er nichts laut/ weil ihm
als einem Narren-Probirer wol bewust war/
daß kein anrger Narr in der Welt sey/ als der
alles sage/ was er dencke. Jmmittelst erblickte
er einen Mann/ welcher in der Galerie spatzie-
ren gieng/ und dem äusserlichen Ansehen nach
vor einen stattlichen Minister bey Hofe passiren
möchte/ zu diesem verfügte er sich/ und fieng
von einem und dem andern an zu reden/ vor-
nehmlich verwunderten sie sich über die ar-
beitsame Natur/ welche dem Menschlichen
Fleisse sich so unterthänig macht/ daß alle
Rosen/ Nelcken und andere Blumen/ welche
sonst mit wenig Blättern hervor kommen/
durch fleißiges und ordentliches Fortsetzen
leicht vollgefüllt/ und zu einer ungemeinen
Grösse gebracht werden. Von solchen na-
türlichen Dingen geriethen sie auf Politische
Fragen/ und Weil sich Gelanor in dieses un-
bekandten gute Qualitäten etwas verliebete/
giengen sie zusammen in das Garten-Haus/
und setzten sich in den Schatten/ da druck[te]
dieser frembde Gast loß/ wer er wäre/ und

führte
D vj


allzeit eine ſchlechte Feldblume dargegen/ die
an vielen Stuͤcken/ ſonderlich in Medicini-
ſcher Wuͤrckung weit beſſer war/ und machte
den Schluß: STUL TITIAM PATIUNTUR
OPES.
Doch ſagte er nichts laut/ weil ihm
als einem Narren-Probirer wol bewuſt war/
daß kein ārger Narr in der Welt ſey/ als der
alles ſage/ was er dencke. Jmmittelſt erblickte
er einen Mann/ welcher in der Galerie ſpatzie-
ren gieng/ und dem aͤuſſerlichen Anſehen nach
vor einen ſtattlichen Miniſter bey Hofe paſſiren
moͤchte/ zu dieſem verfuͤgte er ſich/ und fieng
von einem und dem andern an zu reden/ vor-
nehmlich verwunderten ſie ſich uͤber die ar-
beitſame Natur/ welche dem Menſchlichen
Fleiſſe ſich ſo unterthaͤnig macht/ daß alle
Roſen/ Nelcken und andere Blumen/ welche
ſonſt mit wenig Blaͤttern hervor kommen/
durch fleißiges und ordentliches Fortſetzen
leicht vollgefuͤllt/ und zu einer ungemeinen
Groͤſſe gebracht werden. Von ſolchen na-
tuͤrlichen Dingen geriethen ſie auf Politiſche
Fragen/ und Weil ſich Gelanor in dieſes un-
bekandten gute Qualitaͤten etwas verliebete/
giengen ſie zuſammen in das Garten-Haus/
und ſetzten ſich in den Schatten/ da druck[te]
dieſer frembde Gaſt loß/ wer er waͤre/ und

fuͤhrte
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[83/0089] allzeit eine ſchlechte Feldblume dargegen/ die an vielen Stuͤcken/ ſonderlich in Medicini- ſcher Wuͤrckung weit beſſer war/ und machte den Schluß: STUL TITIAM PATIUNTUR OPES. Doch ſagte er nichts laut/ weil ihm als einem Narren-Probirer wol bewuſt war/ daß kein ārger Narr in der Welt ſey/ als der alles ſage/ was er dencke. Jmmittelſt erblickte er einen Mann/ welcher in der Galerie ſpatzie- ren gieng/ und dem aͤuſſerlichen Anſehen nach vor einen ſtattlichen Miniſter bey Hofe paſſiren moͤchte/ zu dieſem verfuͤgte er ſich/ und fieng von einem und dem andern an zu reden/ vor- nehmlich verwunderten ſie ſich uͤber die ar- beitſame Natur/ welche dem Menſchlichen Fleiſſe ſich ſo unterthaͤnig macht/ daß alle Roſen/ Nelcken und andere Blumen/ welche ſonſt mit wenig Blaͤttern hervor kommen/ durch fleißiges und ordentliches Fortſetzen leicht vollgefuͤllt/ und zu einer ungemeinen Groͤſſe gebracht werden. Von ſolchen na- tuͤrlichen Dingen geriethen ſie auf Politiſche Fragen/ und Weil ſich Gelanor in dieſes un- bekandten gute Qualitaͤten etwas verliebete/ giengen ſie zuſammen in das Garten-Haus/ und ſetzten ſich in den Schatten/ da druckte dieſer frembde Gaſt loß/ wer er waͤre/ und fuͤhrte D vj

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672/89>, abgerufen am 29.03.2024.