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Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673.

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pflegte/ daß man offtermahls nicht wisse/ wa-
rumb einer zu diesem/ der andere zu jenem Lust
habe. Was aber die Religion betreffe/ meynte
er nicht/ daß man mit so einem göttlichen
Wercke gar zu liederlich spielen solte. Ey/
versetzte der Weltmann/ was soll man spielen/
die Sache ist noch streitig/ und so lange nichts
gewisses erwiesen wird/ bleibt die Cathol. als
die älteste/ noch immer in possessione. Und
darzu/ man sehe nur was die Lutherische Lehre
denen von Adel vor Herrligkeit macht. Sie
heyrathen alle und vermehren sich wie die A-
meißhauffen/ und gleichwohl vermehren sich
die Güter nicht/ ich lobe es bey den Catholi-
schen/ da gibt es stattliche praebenden/ die wer-
den denen von Adel eingeräumt/ und bleiben
indessen die Lehngüter unzertrent; dürffen die
Geistlichen nicht heyrathen/ so haben sie ande-
re Gelegenheit/ dabey sie die Lust des Ehstan-
des geniessen/ und der Plage überhoben seyn-
So höre ich wohl/ antwortete Gelanor, man
lebt nur darumb in der Welt/ daß man wil
reich werden. Mich dünckt/ das ist ein starck
Argument wider die Catholischen/ daß sie gar
zu groß Glücke haben. Und er wird ohn Zwei-
fel den Spruch Christi gelesen haben: wäret
ihr von der Welt/ so hätte die Welt das

ihre


pflegte/ daß man offtermahls nicht wiſſe/ wa-
rumb einer zu dieſem/ der andere zu jenem Luſt
habe. Was aber die Religion betreffe/ meynte
er nicht/ daß man mit ſo einem goͤttlichen
Wercke gar zu liederlich ſpielen ſolte. Ey/
verſetzte der Weltmann/ was ſoll man ſpielen/
die Sache iſt noch ſtreitig/ und ſo lange nichts
gewiſſes erwieſen wird/ bleibt die Cathol. als
die aͤlteſte/ noch immer in poſſeſſione. Und
darzu/ man ſehe nur was die Lutheriſche Lehre
denen von Adel vor Herrligkeit macht. Sie
heyrathen alle und vermehren ſich wie die A-
meißhauffen/ und gleichwohl vermehren ſich
die Guͤter nicht/ ich lobe es bey den Catholi-
ſchen/ da gibt es ſtattliche præbenden/ die wer-
den denen von Adel eingeraͤumt/ und bleiben
indeſſen die Lehngüter unzertrent; duͤrffen die
Geiſtlichen nicht heyrathen/ ſo haben ſie ande-
re Gelegenheit/ dabey ſie die Luſt des Ehſtan-
des genieſſen/ und der Plage uͤberhoben ſeyn-
So hoͤre ich wohl/ antwortete Gelanor, man
lebt nur darumb in der Welt/ daß man wil
reich werden. Mich duͤnckt/ das iſt ein ſtarck
Argument wider die Catholiſchen/ daß ſie gar
zu groß Gluͤcke haben. Und er wird ohn Zwei-
fel den Spruch Chriſti geleſen haben: waͤret
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ihre
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[86/0092] pflegte/ daß man offtermahls nicht wiſſe/ wa- rumb einer zu dieſem/ der andere zu jenem Luſt habe. Was aber die Religion betreffe/ meynte er nicht/ daß man mit ſo einem goͤttlichen Wercke gar zu liederlich ſpielen ſolte. Ey/ verſetzte der Weltmann/ was ſoll man ſpielen/ die Sache iſt noch ſtreitig/ und ſo lange nichts gewiſſes erwieſen wird/ bleibt die Cathol. als die aͤlteſte/ noch immer in poſſeſſione. Und darzu/ man ſehe nur was die Lutheriſche Lehre denen von Adel vor Herrligkeit macht. Sie heyrathen alle und vermehren ſich wie die A- meißhauffen/ und gleichwohl vermehren ſich die Guͤter nicht/ ich lobe es bey den Catholi- ſchen/ da gibt es ſtattliche præbenden/ die wer- den denen von Adel eingeraͤumt/ und bleiben indeſſen die Lehngüter unzertrent; duͤrffen die Geiſtlichen nicht heyrathen/ ſo haben ſie ande- re Gelegenheit/ dabey ſie die Luſt des Ehſtan- des genieſſen/ und der Plage uͤberhoben ſeyn- So hoͤre ich wohl/ antwortete Gelanor, man lebt nur darumb in der Welt/ daß man wil reich werden. Mich duͤnckt/ das iſt ein ſtarck Argument wider die Catholiſchen/ daß ſie gar zu groß Gluͤcke haben. Und er wird ohn Zwei- fel den Spruch Chriſti geleſen haben: waͤret ihr von der Welt/ ſo haͤtte die Welt das ihre

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672/92>, abgerufen am 28.03.2024.