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Weise, Christian: Zittauisches Theatrum. Zittau, 1683.

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Heyrath.
Elid. Aber ich frage/ hat ers um Laban verdient?
Dark. Mein lieber Freund/ wir sind deswegen
nicht da/ daß wir alle krumme Höltzer sollen gerade
machen. Was mich nicht brennt/ das mag ich nicht
leschen. Hat Laban was gesündiget/ so habe er
sein Leiden davor. Ist Jacob betrogen/ so wird
er auch vor seinen eigenen Spott nicht sorgen dürf-
fen. Unterdessen fühle ich keines von beyden. Wer
sich über fremden Unglücke allemahl ein Haar aus-
rauffen solte/ der muß eine Platte kriegen/ ehe er
zehn Jahr alt wird.

Elid. So reden die Welt-Kinder. Allein die
Schuldigkeit eines guten Freundes erfordert ein
billiches Mitleiden.

Dark. Was heist denn Mitleiden? Setzet euch
doch in einen finstern Winckel/ und grämet euch von
Morgen biß zu Abende/ ja bekümmert euch/ biß
die Zähne im Maule wackeln/ wo Jacob des Kum-
mers halben seine Rahel ins Bette kriegen sol/ so
wil ich den garstigsten Titul von der Welt führen.

Ein Mann von Ehren der besteht/
Er läst es gehen/ wie es geht.
Elid. Ich taug nicht vor die heutige Welt.
Dark. Deswegen wird aber die Welt nicht un-
tergehen.

Elid. Doch werden dieselben ein Ende mit
Schrecken nehmen/ welche sich der Bubenstücke nicht
schä-
Heyrath.
Elid. Aber ich frage/ hat ers um Laban verdient?
Dark. Mein lieber Freund/ wir ſind deswegen
nicht da/ daß wir alle krum̃e Hoͤltzer ſollen gerade
machen. Was mich nicht breñt/ das mag ich nicht
leſchen. Hat Laban was geſuͤndiget/ ſo habe er
ſein Leiden davor. Iſt Jacob betrogen/ ſo wird
er auch vor ſeinen eigenen Spott nicht ſorgen duͤrf-
fen. Unterdeſſen fuͤhle ich keines von beyden. Wer
ſich uͤber fremden Ungluͤcke allemahl ein Haar aus-
rauffen ſolte/ der muß eine Platte kriegen/ ehe er
zehn Jahr alt wird.

Elid. So reden die Welt-Kinder. Allein die
Schuldigkeit eines guten Freundes erfordert ein
billiches Mitleiden.

Dark. Was heiſt denn Mitleiden? Setzet euch
doch in einen finſtern Winckel/ und graͤmet euch von
Morgen biß zu Abende/ ja bekuͤmmert euch/ biß
die Zaͤhne im Maule wackeln/ wo Jacob des Kum-
mers halben ſeine Rahel ins Bette kriegen ſol/ ſo
wil ich den garſtigſten Titul von der Welt fuͤhren.

Ein Mann von Ehren der beſteht/
Er laͤſt es gehen/ wie es geht.
Elid. Ich taug nicht vor die heutige Welt.
Dark. Deswegen wird aber die Welt nicht un-
tergehen.

Elid. Doch werden dieſelben ein Ende mit
Schrecken nehmen/ welche ſich der Bubenſtuͤcke nicht
ſchaͤ-
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[141/0162] Heyrath. Elid. Aber ich frage/ hat ers um Laban verdient? Dark. Mein lieber Freund/ wir ſind deswegen nicht da/ daß wir alle krum̃e Hoͤltzer ſollen gerade machen. Was mich nicht breñt/ das mag ich nicht leſchen. Hat Laban was geſuͤndiget/ ſo habe er ſein Leiden davor. Iſt Jacob betrogen/ ſo wird er auch vor ſeinen eigenen Spott nicht ſorgen duͤrf- fen. Unterdeſſen fuͤhle ich keines von beyden. Wer ſich uͤber fremden Ungluͤcke allemahl ein Haar aus- rauffen ſolte/ der muß eine Platte kriegen/ ehe er zehn Jahr alt wird. Elid. So reden die Welt-Kinder. Allein die Schuldigkeit eines guten Freundes erfordert ein billiches Mitleiden. Dark. Was heiſt denn Mitleiden? Setzet euch doch in einen finſtern Winckel/ und graͤmet euch von Morgen biß zu Abende/ ja bekuͤmmert euch/ biß die Zaͤhne im Maule wackeln/ wo Jacob des Kum- mers halben ſeine Rahel ins Bette kriegen ſol/ ſo wil ich den garſtigſten Titul von der Welt fuͤhren. Ein Mann von Ehren der beſteht/ Er laͤſt es gehen/ wie es geht. Elid. Ich taug nicht vor die heutige Welt. Dark. Deswegen wird aber die Welt nicht un- tergehen. Elid. Doch werden dieſelben ein Ende mit Schrecken nehmen/ welche ſich der Bubenſtuͤcke nicht ſchaͤ-

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Zittauisches Theatrum. Zittau, 1683, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_theatrum_1683/162>, abgerufen am 28.03.2024.