Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Weismann, August: Das Keimplasma. Eine Theorie der Vererbung. Jena, 1892.

Bild:
<< vorherige Seite

der andern Form würde einen weit kleineren Procentsatz geben.
Bei einem parthenogenetisch sich fortpflanzendem Krebs, der
Artemia salina, konnte ich 24--26 Idanten nachweisen. Wenn
unter diesen sich auch mehrere einer der beiden Vorfahren-
Abart als Minorität befänden, so würde es doch fraglich sein,
ob sie jemals im Laufe der Generationen und Reductions-
theilungen derart sich in ein und demselben Keimplasma an-
häufen würden, dass sie die überwiegende Mehrzahl bildeten;
denkbar aber ist es. Der Zufall spielt dabei auch mit, insofern
immer die Mehrzahl der Eier eines Thieres zu Grunde geht,
und die seltenen Rückschlags-Combinationen daher häufig auch
diesem Schicksal verfallen werden.

Es erklärt sich so, warum in meinen Versuchen der Rück-
schlag nur sehr selten eintrat, warum er niemals zugleich bei
allen Individuen einer Colonie, sondern nur bei einzelnen ein-
trat, und warum er sowohl ganz plötzlich, als auch mit vor-
bereitenden Zwischenformen sich einstellen konnte. Letzteres
wird theoretisch so zu deuten sein, dass hier zuerst ein Gleich-
gewicht der beiderlei Idanten zu Stande kam, was dann aber
in den Nachkommen theilweise zum Übergewicht der Rückschlags-
Idanten hinleitete.

Die Möglichkeit eines Rückschlages bei Parthenogenese
beruht also auf zwei Momenten, einmal auf der Zusammen-
setzung des Keimplasma's aus verschiedenartigen Iden und Idanten,
d. h. auf vorangegangener geschlechtlicher Fortpflanzung, und
dann auf der bei jeder Keimzellbildung einsetzenden Reductions-
theilung.

8. Ein Beweis für die Auflösung der Determinanten in
Biophoren.

Am Schlusse dieses Capitels möchte ich auf ein Verhältniss
hinweisen, welches zwar am besten in das Capitel über die

der andern Form würde einen weit kleineren Procentsatz geben.
Bei einem parthenogenetisch sich fortpflanzendem Krebs, der
Artemia salina, konnte ich 24—26 Idanten nachweisen. Wenn
unter diesen sich auch mehrere einer der beiden Vorfahren-
Abart als Minorität befänden, so würde es doch fraglich sein,
ob sie jemals im Laufe der Generationen und Reductions-
theilungen derart sich in ein und demselben Keimplasma an-
häufen würden, dass sie die überwiegende Mehrzahl bildeten;
denkbar aber ist es. Der Zufall spielt dabei auch mit, insofern
immer die Mehrzahl der Eier eines Thieres zu Grunde geht,
und die seltenen Rückschlags-Combinationen daher häufig auch
diesem Schicksal verfallen werden.

Es erklärt sich so, warum in meinen Versuchen der Rück-
schlag nur sehr selten eintrat, warum er niemals zugleich bei
allen Individuen einer Colonie, sondern nur bei einzelnen ein-
trat, und warum er sowohl ganz plötzlich, als auch mit vor-
bereitenden Zwischenformen sich einstellen konnte. Letzteres
wird theoretisch so zu deuten sein, dass hier zuerst ein Gleich-
gewicht der beiderlei Idanten zu Stande kam, was dann aber
in den Nachkommen theilweise zum Übergewicht der Rückschlags-
Idanten hinleitete.

Die Möglichkeit eines Rückschlages bei Parthenogenese
beruht also auf zwei Momenten, einmal auf der Zusammen-
setzung des Keimplasma’s aus verschiedenartigen Iden und Idanten,
d. h. auf vorangegangener geschlechtlicher Fortpflanzung, und
dann auf der bei jeder Keimzellbildung einsetzenden Reductions-
theilung.

8. Ein Beweis für die Auflösung der Determinanten in
Biophoren.

Am Schlusse dieses Capitels möchte ich auf ein Verhältniss
hinweisen, welches zwar am besten in das Capitel über die

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0480" n="456"/>
der andern Form würde einen weit kleineren Procentsatz geben.<lb/>
Bei einem parthenogenetisch sich fortpflanzendem Krebs, der<lb/>
Artemia salina, konnte ich 24&#x2014;26 Idanten nachweisen. Wenn<lb/>
unter diesen sich auch mehrere einer der beiden Vorfahren-<lb/>
Abart als Minorität befänden, so würde es doch fraglich sein,<lb/>
ob sie jemals im Laufe der Generationen und Reductions-<lb/>
theilungen derart sich in ein und demselben Keimplasma an-<lb/>
häufen würden, dass sie die überwiegende Mehrzahl bildeten;<lb/>
denkbar aber ist es. Der Zufall spielt dabei auch mit, insofern<lb/>
immer die Mehrzahl der Eier eines Thieres zu Grunde geht,<lb/>
und die seltenen Rückschlags-Combinationen daher häufig auch<lb/>
diesem Schicksal verfallen werden.</p><lb/>
              <p>Es erklärt sich so, warum in meinen Versuchen der Rück-<lb/>
schlag nur sehr selten eintrat, warum er niemals zugleich bei<lb/>
allen Individuen einer Colonie, sondern nur bei einzelnen ein-<lb/>
trat, und warum er sowohl ganz plötzlich, als auch mit vor-<lb/>
bereitenden Zwischenformen sich einstellen konnte. Letzteres<lb/>
wird theoretisch so zu deuten sein, dass hier zuerst ein Gleich-<lb/>
gewicht der beiderlei Idanten zu Stande kam, was dann aber<lb/>
in den Nachkommen theilweise zum Übergewicht der Rückschlags-<lb/>
Idanten hinleitete.</p><lb/>
              <p>Die Möglichkeit eines Rückschlages bei Parthenogenese<lb/>
beruht also auf zwei Momenten, einmal auf der Zusammen-<lb/>
setzung des Keimplasma&#x2019;s aus verschiedenartigen Iden und Idanten,<lb/>
d. h. auf vorangegangener geschlechtlicher Fortpflanzung, und<lb/>
dann auf der bei jeder Keimzellbildung einsetzenden Reductions-<lb/>
theilung.</p>
            </div>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">8. Ein Beweis für die Auflösung der Determinanten in<lb/>
Biophoren.</hi> </head><lb/>
            <p>Am Schlusse dieses Capitels möchte ich auf ein Verhältniss<lb/>
hinweisen, welches zwar am besten in das Capitel über <hi rendition="#g">die<lb/></hi></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[456/0480] der andern Form würde einen weit kleineren Procentsatz geben. Bei einem parthenogenetisch sich fortpflanzendem Krebs, der Artemia salina, konnte ich 24—26 Idanten nachweisen. Wenn unter diesen sich auch mehrere einer der beiden Vorfahren- Abart als Minorität befänden, so würde es doch fraglich sein, ob sie jemals im Laufe der Generationen und Reductions- theilungen derart sich in ein und demselben Keimplasma an- häufen würden, dass sie die überwiegende Mehrzahl bildeten; denkbar aber ist es. Der Zufall spielt dabei auch mit, insofern immer die Mehrzahl der Eier eines Thieres zu Grunde geht, und die seltenen Rückschlags-Combinationen daher häufig auch diesem Schicksal verfallen werden. Es erklärt sich so, warum in meinen Versuchen der Rück- schlag nur sehr selten eintrat, warum er niemals zugleich bei allen Individuen einer Colonie, sondern nur bei einzelnen ein- trat, und warum er sowohl ganz plötzlich, als auch mit vor- bereitenden Zwischenformen sich einstellen konnte. Letzteres wird theoretisch so zu deuten sein, dass hier zuerst ein Gleich- gewicht der beiderlei Idanten zu Stande kam, was dann aber in den Nachkommen theilweise zum Übergewicht der Rückschlags- Idanten hinleitete. Die Möglichkeit eines Rückschlages bei Parthenogenese beruht also auf zwei Momenten, einmal auf der Zusammen- setzung des Keimplasma’s aus verschiedenartigen Iden und Idanten, d. h. auf vorangegangener geschlechtlicher Fortpflanzung, und dann auf der bei jeder Keimzellbildung einsetzenden Reductions- theilung. 8. Ein Beweis für die Auflösung der Determinanten in Biophoren. Am Schlusse dieses Capitels möchte ich auf ein Verhältniss hinweisen, welches zwar am besten in das Capitel über die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/weismann_keimplasma_1892
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/weismann_keimplasma_1892/480
Zitationshilfe: Weismann, August: Das Keimplasma. Eine Theorie der Vererbung. Jena, 1892, S. 456. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weismann_keimplasma_1892/480>, abgerufen am 18.04.2024.