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Weismann, August: Das Keimplasma. Eine Theorie der Vererbung. Jena, 1892.

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7. Grössenverhältnisse der Theile des Keimplasma's.

Die Zusammensetzung des Keimplasma's aus Biophoren,
Determinanten und Iden verlangt bei allen höheren Organismen
eine sehr grosse Zahl kleinster Lebenseinheiten oder Biophoren
in engem Raum; die Frage liegt nahe, ob der Raum eines Id
dafür ausreicht. Eine irgend zuverlässige Antwort durch die
Rechnung darauf zu geben, halte ich augenblicklich noch für
ganz unmöglich, aber es ist doch vielleicht nicht uninteressant,
wenigstens den Versuch einer solchen Berechnung zu machen.

Um eine sichere Antwort zu geben, müssten wir mindestens
die Grösse eines Biophors, die eines Id's und die Zahl der
Determinanten kennen für irgend eine Art. Leider kennen wir
aber keine dieser drei Grössen auch nur annähernd genau; wir
wissen weiter nicht einmal, wie viele Moleküle etwa am Aufbau
eines Biophors Theil nehmen, und selbst die Grösse des Moleküls
ist ein ziemlich unsicherer Werth.

Vier Wege haben übereinstimmend die Grösse eines Mole-
küls zwischen 1 und 1/10 Millionstel Millimeter bestimmt, näm-
lich: 1) der Weg durch die Undulationstheorie des Lichtes,
2) die Erscheinungen der Contact-Elektricität, 3) die der Ca-
pillar-Attraction und 4) die der kinetischen Theorie der Gase. 1)
O. E. Meyer berechnete die Grösse des Moleküls "aus den
Eigenschaften und dem Verhalten der Gase und Dämpfe. Aus
der Reibungsconstante und der Vergleichung der Raumerfüllung
im tropfbaren und gasförmigen Zustand, sowie aus den Ab-
weichungen vom Boyle-Mariotte'schen Gesetze lässt sich
das Volumen zunächst aller in einem bestimmten Raume ent-
haltenen Theilchen, ferner das eines einzelnen Theilchens, daraus
die Anzahl und schliesslich auch das Gewicht eines einzelnen

1) William Thomson, "Popular Lectures and Adresses", Vol. I.
1889, p. 148.
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7. Grössenverhältnisse der Theile des Keimplasma’s.

Die Zusammensetzung des Keimplasma’s aus Biophoren,
Determinanten und Iden verlangt bei allen höheren Organismen
eine sehr grosse Zahl kleinster Lebenseinheiten oder Biophoren
in engem Raum; die Frage liegt nahe, ob der Raum eines Id
dafür ausreicht. Eine irgend zuverlässige Antwort durch die
Rechnung darauf zu geben, halte ich augenblicklich noch für
ganz unmöglich, aber es ist doch vielleicht nicht uninteressant,
wenigstens den Versuch einer solchen Berechnung zu machen.

Um eine sichere Antwort zu geben, müssten wir mindestens
die Grösse eines Biophors, die eines Id’s und die Zahl der
Determinanten kennen für irgend eine Art. Leider kennen wir
aber keine dieser drei Grössen auch nur annähernd genau; wir
wissen weiter nicht einmal, wie viele Moleküle etwa am Aufbau
eines Biophors Theil nehmen, und selbst die Grösse des Moleküls
ist ein ziemlich unsicherer Werth.

Vier Wege haben übereinstimmend die Grösse eines Mole-
küls zwischen 1 und 1/10 Millionstel Millimeter bestimmt, näm-
lich: 1) der Weg durch die Undulationstheorie des Lichtes,
2) die Erscheinungen der Contact-Elektricität, 3) die der Ca-
pillar-Attraction und 4) die der kinetischen Theorie der Gase. 1)
O. E. Meyer berechnete die Grösse des Moleküls „aus den
Eigenschaften und dem Verhalten der Gase und Dämpfe. Aus
der Reibungsconstante und der Vergleichung der Raumerfüllung
im tropfbaren und gasförmigen Zustand, sowie aus den Ab-
weichungen vom Boyle-Mariotte’schen Gesetze lässt sich
das Volumen zunächst aller in einem bestimmten Raume ent-
haltenen Theilchen, ferner das eines einzelnen Theilchens, daraus
die Anzahl und schliesslich auch das Gewicht eines einzelnen

1) William Thomson, „Popular Lectures and Adresses“, Vol. I.
1889, p. 148.
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[115/0139] 7. Grössenverhältnisse der Theile des Keimplasma’s. Die Zusammensetzung des Keimplasma’s aus Biophoren, Determinanten und Iden verlangt bei allen höheren Organismen eine sehr grosse Zahl kleinster Lebenseinheiten oder Biophoren in engem Raum; die Frage liegt nahe, ob der Raum eines Id dafür ausreicht. Eine irgend zuverlässige Antwort durch die Rechnung darauf zu geben, halte ich augenblicklich noch für ganz unmöglich, aber es ist doch vielleicht nicht uninteressant, wenigstens den Versuch einer solchen Berechnung zu machen. Um eine sichere Antwort zu geben, müssten wir mindestens die Grösse eines Biophors, die eines Id’s und die Zahl der Determinanten kennen für irgend eine Art. Leider kennen wir aber keine dieser drei Grössen auch nur annähernd genau; wir wissen weiter nicht einmal, wie viele Moleküle etwa am Aufbau eines Biophors Theil nehmen, und selbst die Grösse des Moleküls ist ein ziemlich unsicherer Werth. Vier Wege haben übereinstimmend die Grösse eines Mole- küls zwischen 1 und 1/10 Millionstel Millimeter bestimmt, näm- lich: 1) der Weg durch die Undulationstheorie des Lichtes, 2) die Erscheinungen der Contact-Elektricität, 3) die der Ca- pillar-Attraction und 4) die der kinetischen Theorie der Gase. 1) O. E. Meyer berechnete die Grösse des Moleküls „aus den Eigenschaften und dem Verhalten der Gase und Dämpfe. Aus der Reibungsconstante und der Vergleichung der Raumerfüllung im tropfbaren und gasförmigen Zustand, sowie aus den Ab- weichungen vom Boyle-Mariotte’schen Gesetze lässt sich das Volumen zunächst aller in einem bestimmten Raume ent- haltenen Theilchen, ferner das eines einzelnen Theilchens, daraus die Anzahl und schliesslich auch das Gewicht eines einzelnen 1) William Thomson, „Popular Lectures and Adresses“, Vol. I. 1889, p. 148. 8*

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Zitationshilfe: Weismann, August: Das Keimplasma. Eine Theorie der Vererbung. Jena, 1892, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weismann_keimplasma_1892/139>, abgerufen am 28.03.2024.