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Widmann, Adolf: Die katholische Mühle. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 161–232. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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da gellt's im Berg; er schaute um, ob ihm die Bäume den Rücken deckten, trat noch einmal hervor, daß ihn die Beiden sehen mußten, warf ihnen das Geldstück zurück und lief wie ein Reh dem Dickicht zu.

Dacht' ich es doch, die Hunde! fuhr der Alte auf; er hat keine Ruh als mit dem Blei im Leib. Damit zog er die Büchse empor, um nachzuschießen, aber Otto fuhr ihm dazwischen: Seid Ihr verrückt, Rühs? Erst seid Ihr weichherzig, wie ein altes Weib, und nun wollt Ihr unnütz Blut vergießen!

Verlegen griff der Alte an den Kappenschild. Verzeihen der Herr Otto; bin ich doch erschrocken, wie in meinem Leben nicht. Ich habe geglaubt, der Maurerkarle sei aus dem Grab gekommen so ähnlich sieht der Bub dem Vater. -- Man wird eben auch alt und sieht nicht immer gut, setzte er hinzu, wandte aber plötzlich das Gespräch: Aber was hat denn der Herr Otto mit dem Kerl; der hat ja einen gottlosen Haß; ich wollte, ich hätte zugeschossen, denn so ein Bauer ist rachsüchtig wie ein Schäferhund! -- --

Oder hat der Herr Otto etwas mit der Ammrey in der Mühle? --

In der Mühle, wie so? fragte Otto glühend über und über.

Nu, nu, ich meine gerade nichts Böses, antwortete der Förster; ich dachte nur, es wäre möglich; dann könnte ich mir den Haß erklären. Es ist wahr, die Ammrey ist eine stattliche Person, und die Maurer-

da gellt's im Berg; er schaute um, ob ihm die Bäume den Rücken deckten, trat noch einmal hervor, daß ihn die Beiden sehen mußten, warf ihnen das Geldstück zurück und lief wie ein Reh dem Dickicht zu.

Dacht' ich es doch, die Hunde! fuhr der Alte auf; er hat keine Ruh als mit dem Blei im Leib. Damit zog er die Büchse empor, um nachzuschießen, aber Otto fuhr ihm dazwischen: Seid Ihr verrückt, Rühs? Erst seid Ihr weichherzig, wie ein altes Weib, und nun wollt Ihr unnütz Blut vergießen!

Verlegen griff der Alte an den Kappenschild. Verzeihen der Herr Otto; bin ich doch erschrocken, wie in meinem Leben nicht. Ich habe geglaubt, der Maurerkarle sei aus dem Grab gekommen so ähnlich sieht der Bub dem Vater. — Man wird eben auch alt und sieht nicht immer gut, setzte er hinzu, wandte aber plötzlich das Gespräch: Aber was hat denn der Herr Otto mit dem Kerl; der hat ja einen gottlosen Haß; ich wollte, ich hätte zugeschossen, denn so ein Bauer ist rachsüchtig wie ein Schäferhund! — —

Oder hat der Herr Otto etwas mit der Ammrey in der Mühle? —

In der Mühle, wie so? fragte Otto glühend über und über.

Nu, nu, ich meine gerade nichts Böses, antwortete der Förster; ich dachte nur, es wäre möglich; dann könnte ich mir den Haß erklären. Es ist wahr, die Ammrey ist eine stattliche Person, und die Maurer-

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T13:16:28Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T13:16:28Z)

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Zitationshilfe: Widmann, Adolf: Die katholische Mühle. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 161–232. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/widmann_muehle_1910/34>, abgerufen am 19.04.2024.