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Wieland, Christoph Martin: Geschichte des Agathon. Bd. 1. Frankfurt (Main) u. a., 1766.

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Agathon.
liebest, schöne Danae; du wirst geliebt; kein würdi-
gers Paar glüklich zu seyn, kein geschikteres sich glük-
lich zu machen, hat Amor nie vereiniget. Erschöpfet
alles, was die Liebe reizendes hat! Trinket immer neue
Entzükungen aus ihrem nektarischen Becher; und möge
die neidenswerthe Bezauberung so lang als euer Leben
dauern!

Zweytes Capitel.
Eine Probe von den Talenten eines
Liebhabers.

Jn einem so freundschaftlichen und schwärmerischen Ton
stimmte der gefällige Sophist seine Sprache um, als Aga-
thon hereintrat, und ihnen einen Spaziergang in die
Gärten vorschlug, worinn er sich das Vergnügen ma-
chen wollte, sie mit einer in geheim veranstalteten Er-
gözung zu überraschen. Man ließ sich den Vorschlag
gesallen, und nachdem Hippias eine Reihe von neuen
Gemählden, womit die Galerie vermehrt worden war,
gesehen hatte, begab man sich in den Garten, in wel-
chem, nach Persischem Geschmak, grosse Blumenstüke,
Spaziergänge von hohen Bäumen, kleine Weyher,
künstliche Wildnisse, Lauben und Grotten in anmuthi-
ger Unordnung unter einander geworfen schienen. Das
Gespräch ward izt wieder gleichgültig, und Hippias

wußte

Agathon.
liebeſt, ſchoͤne Danae; du wirſt geliebt; kein wuͤrdi-
gers Paar gluͤklich zu ſeyn, kein geſchikteres ſich gluͤk-
lich zu machen, hat Amor nie vereiniget. Erſchoͤpfet
alles, was die Liebe reizendes hat! Trinket immer neue
Entzuͤkungen aus ihrem nektariſchen Becher; und moͤge
die neidenswerthe Bezauberung ſo lang als euer Leben
dauern!

Zweytes Capitel.
Eine Probe von den Talenten eines
Liebhabers.

Jn einem ſo freundſchaftlichen und ſchwaͤrmeriſchen Ton
ſtimmte der gefaͤllige Sophiſt ſeine Sprache um, als Aga-
thon hereintrat, und ihnen einen Spaziergang in die
Gaͤrten vorſchlug, worinn er ſich das Vergnuͤgen ma-
chen wollte, ſie mit einer in geheim veranſtalteten Er-
goͤzung zu uͤberraſchen. Man ließ ſich den Vorſchlag
geſallen, und nachdem Hippias eine Reihe von neuen
Gemaͤhlden, womit die Galerie vermehrt worden war,
geſehen hatte, begab man ſich in den Garten, in wel-
chem, nach Perſiſchem Geſchmak, groſſe Blumenſtuͤke,
Spaziergaͤnge von hohen Baͤumen, kleine Weyher,
kuͤnſtliche Wildniſſe, Lauben und Grotten in anmuthi-
ger Unordnung unter einander geworfen ſchienen. Das
Geſpraͤch ward izt wieder gleichguͤltig, und Hippias

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[228/0250] Agathon. liebeſt, ſchoͤne Danae; du wirſt geliebt; kein wuͤrdi- gers Paar gluͤklich zu ſeyn, kein geſchikteres ſich gluͤk- lich zu machen, hat Amor nie vereiniget. Erſchoͤpfet alles, was die Liebe reizendes hat! Trinket immer neue Entzuͤkungen aus ihrem nektariſchen Becher; und moͤge die neidenswerthe Bezauberung ſo lang als euer Leben dauern! Zweytes Capitel. Eine Probe von den Talenten eines Liebhabers. Jn einem ſo freundſchaftlichen und ſchwaͤrmeriſchen Ton ſtimmte der gefaͤllige Sophiſt ſeine Sprache um, als Aga- thon hereintrat, und ihnen einen Spaziergang in die Gaͤrten vorſchlug, worinn er ſich das Vergnuͤgen ma- chen wollte, ſie mit einer in geheim veranſtalteten Er- goͤzung zu uͤberraſchen. Man ließ ſich den Vorſchlag geſallen, und nachdem Hippias eine Reihe von neuen Gemaͤhlden, womit die Galerie vermehrt worden war, geſehen hatte, begab man ſich in den Garten, in wel- chem, nach Perſiſchem Geſchmak, groſſe Blumenſtuͤke, Spaziergaͤnge von hohen Baͤumen, kleine Weyher, kuͤnſtliche Wildniſſe, Lauben und Grotten in anmuthi- ger Unordnung unter einander geworfen ſchienen. Das Geſpraͤch ward izt wieder gleichguͤltig, und Hippias wußte

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Zitationshilfe: Wieland, Christoph Martin: Geschichte des Agathon. Bd. 1. Frankfurt (Main) u. a., 1766, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_agathon01_1766/250>, abgerufen am 29.03.2024.