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Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 1. Berlin, 1893.

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2.
HERODOTOS.

Wenn wir nach den quellen der Politie fragen, so geziemt es sich
von den gewährsmännern auszugehn die namentlich angeführt werden.
das war vermutlich Homer (B 547), um mit der formel demos Erekhtheos
das alter der athenischen demokratie zu beweisen (fgm. 2). die verse
stammen bekanntlich erst aus der zeit des Peisistratos, aber Aristoteles,
der auch die berufung der Athener auf dieselben verse im streite um
Salamis anerkennt (Rhet. I 15), hat solche beweise nicht in zweifel ge-
zogen. ein anderes ist, ein solches zeugnis suchen; das wird man ihm
nicht leicht zutrauen, das haben vielmehr die Athener zu tun veranlassung
und neigung gehabt; er kann dieses citat füglich selbst schon ent-
lehnt haben.

Eine hauptquelle für ihn sind die gedichte Solons gewesen; was
er ihnen verdankt, wird das nächste capitel darlegen. es ist praktisch,
vorher den einzigen historiker zu betrachten, den er einer nament-
lichen erwähnung (14, 4) gewürdigt hat, den Herodotos. es liegt darin
schon eine bedeutsame anerkennung des grössten historikers, der dem
Aristoteles der typus dieser litteraturgattung ist (poet. 9).

Sein name steht bei einer unwesentlichen einzelheit, der herkunftGeschichte
des Peisi-
stratos.

jener frau, die als Athena den Peisistratos heimführte. die enioi, deren
angabe Aristoteles dem Herodotos entgegenstellt, würden wir noch be-
stimmt benennen können, wenn nicht die stelle bei Athenaeus, wo der
name stand, unheilbar zerstört wäre (XIII 609).1) es war der name

1) Kleidemos nennt die Phye tochter eines Sokrates und macht sie zur frau
des Hipparchos: dann hat er sie nicht für eine stephanopolis ek Kollutou aus-
gegeben; hetaeren haben selten einen vater und heiraten keine prinzen. die an-
gaben über sie im schol. Ar. Ritt. 449, wo sie gar des Peisistratos frau wird, sind
wol verwirrt, aber auf grund der kleidemischen angabe, dass sie dem Hipparchos
zur frau gegeben ward.
2.
HERODOTOS.

Wenn wir nach den quellen der Politie fragen, so geziemt es sich
von den gewährsmännern auszugehn die namentlich angeführt werden.
das war vermutlich Homer (B 547), um mit der formel δῆμος Ἐϱεχϑῆος
das alter der athenischen demokratie zu beweisen (fgm. 2). die verse
stammen bekanntlich erst aus der zeit des Peisistratos, aber Aristoteles,
der auch die berufung der Athener auf dieselben verse im streite um
Salamis anerkennt (Rhet. I 15), hat solche beweise nicht in zweifel ge-
zogen. ein anderes ist, ein solches zeugnis suchen; das wird man ihm
nicht leicht zutrauen, das haben vielmehr die Athener zu tun veranlassung
und neigung gehabt; er kann dieses citat füglich selbst schon ent-
lehnt haben.

Eine hauptquelle für ihn sind die gedichte Solons gewesen; was
er ihnen verdankt, wird das nächste capitel darlegen. es ist praktisch,
vorher den einzigen historiker zu betrachten, den er einer nament-
lichen erwähnung (14, 4) gewürdigt hat, den Herodotos. es liegt darin
schon eine bedeutsame anerkennung des gröſsten historikers, der dem
Aristoteles der typus dieser litteraturgattung ist (poet. 9).

Sein name steht bei einer unwesentlichen einzelheit, der herkunftGeschichte
des Peisi-
stratos.

jener frau, die als Athena den Peisistratos heimführte. die ἔνιοι, deren
angabe Aristoteles dem Herodotos entgegenstellt, würden wir noch be-
stimmt benennen können, wenn nicht die stelle bei Athenaeus, wo der
name stand, unheilbar zerstört wäre (XIII 609).1) es war der name

1) Kleidemos nennt die Phye tochter eines Sokrates und macht sie zur frau
des Hipparchos: dann hat er sie nicht für eine στεφανοπωλὶς ἐκ Κολλυτοῦ aus-
gegeben; hetaeren haben selten einen vater und heiraten keine prinzen. die an-
gaben über sie im schol. Ar. Ritt. 449, wo sie gar des Peisistratos frau wird, sind
wol verwirrt, aber auf grund der kleidemischen angabe, daſs sie dem Hipparchos
zur frau gegeben ward.
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[[29]/0043] 2. HERODOTOS. Wenn wir nach den quellen der Politie fragen, so geziemt es sich von den gewährsmännern auszugehn die namentlich angeführt werden. das war vermutlich Homer (B 547), um mit der formel δῆμος Ἐϱεχϑῆος das alter der athenischen demokratie zu beweisen (fgm. 2). die verse stammen bekanntlich erst aus der zeit des Peisistratos, aber Aristoteles, der auch die berufung der Athener auf dieselben verse im streite um Salamis anerkennt (Rhet. I 15), hat solche beweise nicht in zweifel ge- zogen. ein anderes ist, ein solches zeugnis suchen; das wird man ihm nicht leicht zutrauen, das haben vielmehr die Athener zu tun veranlassung und neigung gehabt; er kann dieses citat füglich selbst schon ent- lehnt haben. Eine hauptquelle für ihn sind die gedichte Solons gewesen; was er ihnen verdankt, wird das nächste capitel darlegen. es ist praktisch, vorher den einzigen historiker zu betrachten, den er einer nament- lichen erwähnung (14, 4) gewürdigt hat, den Herodotos. es liegt darin schon eine bedeutsame anerkennung des gröſsten historikers, der dem Aristoteles der typus dieser litteraturgattung ist (poet. 9). Sein name steht bei einer unwesentlichen einzelheit, der herkunft jener frau, die als Athena den Peisistratos heimführte. die ἔνιοι, deren angabe Aristoteles dem Herodotos entgegenstellt, würden wir noch be- stimmt benennen können, wenn nicht die stelle bei Athenaeus, wo der name stand, unheilbar zerstört wäre (XIII 609). 1) es war der name Geschichte des Peisi- stratos. 1) Kleidemos nennt die Phye tochter eines Sokrates und macht sie zur frau des Hipparchos: dann hat er sie nicht für eine στεφανοπωλὶς ἐκ Κολλυτοῦ aus- gegeben; hetaeren haben selten einen vater und heiraten keine prinzen. die an- gaben über sie im schol. Ar. Ritt. 449, wo sie gar des Peisistratos frau wird, sind wol verwirrt, aber auf grund der kleidemischen angabe, daſs sie dem Hipparchos zur frau gegeben ward.

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Zitationshilfe: Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 1. Berlin, 1893, S. [29]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wilamowitz_aristoteles01_1893/43>, abgerufen am 19.04.2024.