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Winckelmann, Johann Joachim: Geschichte der Kunst des Alterthums. Bd. 2. Dresden, 1764.

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II Theil. Von der Griechischen Kunst
erschien, und welcher zu Ehren ein Senat von Weibern in Rom ange-
ordnet wurde 1).

C.
Unter dem
Alexander Se-
verus.

Alexander Severus, welcher dem Heliogabalus folgete, ließ die
Statuen vieler berühmten Männer von allen Orten zusammen holen, und
auf dem Foro des Kaisers Trajanus setzen. Von dessen Zeit ist die sitzende
Statue des H. Hippolytus in Lebensgröße, in der Vaticanischen Biblio-
thek 2), welches ohne Zweifel die älteste Christliche Figur in Stein ist:
denn damals fiengen die Christen an mehr Ansehen, als vorher, zu gewin-
nen, und gedachter Kaiser erlaubete ihnen den öffentlichen Gottesdienst an
dem Orte, wo itzo St. Maria in Trastevere ist 3). Diese Statue ist in
Vergleichung mit der Arbeit an dem Bogen des Septimius Severus über
den Begriff dieser Zeit: eben dieses gilt von der großen Begräbnißurne des
Alexander Severus, und der Julia Mammäa, welche liegend in Lebens-
größe auf dem Deckel derselben gearbeitet sind 4). Der Künstler derselben
muß einer von denjenigen seyn, welche durch Nachahmung der Alten aus
dem Verderbnisse ihrer Zeit das Haupt erhoben.

D.
Von einer
Statue des
Pupienus.

Von einem solchen Künstler ist die Statue Kaisers Pupienus, welche
im Pallaste Verospi stand, und vor kurzer Zeit verkauft worden. Es ist
dieselbe zehen Palme hoch, und ohne alle Beschädigung erhalten, bis auf
den rechten Arm, welcher bis an den Ellenbogen mangelt: es hat dieselbe
sogar die feine lettigte Rinde behalten, mit welcher die Werke der Alten
unter der Erde überzogen werden. Mit der linken Hand hält die Figur
das Parazonium gefasset, und an dem Stamme, woran das rechte
Bein zur Befestigung steht, ist ein großes Horn des Ueberflusses stehend

gearbei-
1) Lamprid. Heliogab. p. 102. C.
2) Ueber den Beweis der Benennung dieser Statue, an welcher der Kopf neu ist, siehe
Vignola Diss. de anno Imp. Alexandri Severi, quem praefert Cathedra marmorea
S. Hippolyti, Rom.
1712. 4.
3) v. Nardini Rom. p. 477.
4) v. Bellori Sepuler. vet. fig. 81.

II Theil. Von der Griechiſchen Kunſt
erſchien, und welcher zu Ehren ein Senat von Weibern in Rom ange-
ordnet wurde 1).

C.
Unter dem
Alexander Se-
verus.

Alexander Severus, welcher dem Heliogabalus folgete, ließ die
Statuen vieler beruͤhmten Maͤnner von allen Orten zuſammen holen, und
auf dem Foro des Kaiſers Trajanus ſetzen. Von deſſen Zeit iſt die ſitzende
Statue des H. Hippolytus in Lebensgroͤße, in der Vaticaniſchen Biblio-
thek 2), welches ohne Zweifel die aͤlteſte Chriſtliche Figur in Stein iſt:
denn damals fiengen die Chriſten an mehr Anſehen, als vorher, zu gewin-
nen, und gedachter Kaiſer erlaubete ihnen den oͤffentlichen Gottesdienſt an
dem Orte, wo itzo St. Maria in Traſtevere iſt 3). Dieſe Statue iſt in
Vergleichung mit der Arbeit an dem Bogen des Septimius Severus uͤber
den Begriff dieſer Zeit: eben dieſes gilt von der großen Begraͤbnißurne des
Alexander Severus, und der Julia Mammaͤa, welche liegend in Lebens-
groͤße auf dem Deckel derſelben gearbeitet ſind 4). Der Kuͤnſtler derſelben
muß einer von denjenigen ſeyn, welche durch Nachahmung der Alten aus
dem Verderbniſſe ihrer Zeit das Haupt erhoben.

D.
Von einer
Statue des
Pupienus.

Von einem ſolchen Kuͤnſtler iſt die Statue Kaiſers Pupienus, welche
im Pallaſte Veroſpi ſtand, und vor kurzer Zeit verkauft worden. Es iſt
dieſelbe zehen Palme hoch, und ohne alle Beſchaͤdigung erhalten, bis auf
den rechten Arm, welcher bis an den Ellenbogen mangelt: es hat dieſelbe
ſogar die feine lettigte Rinde behalten, mit welcher die Werke der Alten
unter der Erde uͤberzogen werden. Mit der linken Hand haͤlt die Figur
das Parazonium gefaſſet, und an dem Stamme, woran das rechte
Bein zur Befeſtigung ſteht, iſt ein großes Horn des Ueberfluſſes ſtehend

gearbei-
1) Lamprid. Heliogab. p. 102. C.
2) Ueber den Beweis der Benennung dieſer Statue, an welcher der Kopf neu iſt, ſiehe
Vignola Diſſ. de anno Imp. Alexandri Severi, quem præfert Cathedra marmorea
S. Hippolyti, Rom.
1712. 4.
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4) v. Bellori Sepuler. vet. fig. 81.
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[420/0108] II Theil. Von der Griechiſchen Kunſt erſchien, und welcher zu Ehren ein Senat von Weibern in Rom ange- ordnet wurde 1). Alexander Severus, welcher dem Heliogabalus folgete, ließ die Statuen vieler beruͤhmten Maͤnner von allen Orten zuſammen holen, und auf dem Foro des Kaiſers Trajanus ſetzen. Von deſſen Zeit iſt die ſitzende Statue des H. Hippolytus in Lebensgroͤße, in der Vaticaniſchen Biblio- thek 2), welches ohne Zweifel die aͤlteſte Chriſtliche Figur in Stein iſt: denn damals fiengen die Chriſten an mehr Anſehen, als vorher, zu gewin- nen, und gedachter Kaiſer erlaubete ihnen den oͤffentlichen Gottesdienſt an dem Orte, wo itzo St. Maria in Traſtevere iſt 3). Dieſe Statue iſt in Vergleichung mit der Arbeit an dem Bogen des Septimius Severus uͤber den Begriff dieſer Zeit: eben dieſes gilt von der großen Begraͤbnißurne des Alexander Severus, und der Julia Mammaͤa, welche liegend in Lebens- groͤße auf dem Deckel derſelben gearbeitet ſind 4). Der Kuͤnſtler derſelben muß einer von denjenigen ſeyn, welche durch Nachahmung der Alten aus dem Verderbniſſe ihrer Zeit das Haupt erhoben. Von einem ſolchen Kuͤnſtler iſt die Statue Kaiſers Pupienus, welche im Pallaſte Veroſpi ſtand, und vor kurzer Zeit verkauft worden. Es iſt dieſelbe zehen Palme hoch, und ohne alle Beſchaͤdigung erhalten, bis auf den rechten Arm, welcher bis an den Ellenbogen mangelt: es hat dieſelbe ſogar die feine lettigte Rinde behalten, mit welcher die Werke der Alten unter der Erde uͤberzogen werden. Mit der linken Hand haͤlt die Figur das Parazonium gefaſſet, und an dem Stamme, woran das rechte Bein zur Befeſtigung ſteht, iſt ein großes Horn des Ueberfluſſes ſtehend gearbei- 1) Lamprid. Heliogab. p. 102. C. 2) Ueber den Beweis der Benennung dieſer Statue, an welcher der Kopf neu iſt, ſiehe Vignola Diſſ. de anno Imp. Alexandri Severi, quem præfert Cathedra marmorea S. Hippolyti, Rom. 1712. 4. 3) v. Nardini Rom. p. 477. 4) v. Bellori Sepuler. vet. fig. 81.

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Zitationshilfe: Winckelmann, Johann Joachim: Geschichte der Kunst des Alterthums. Bd. 2. Dresden, 1764, S. 420. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/winckelmann_kunstgeschichte02_1764/108>, abgerufen am 24.04.2024.