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Winckelmann, Johann Joachim: Geschichte der Kunst des Alterthums. Bd. 2. Dresden, 1764.

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II Theil. Von der Kunst, nach den äußern Umständen
haben scheinen. Dem älteren Caracci giengen in Bologna zuerst die Au-
gen wiederum auf.

H.
Flor derselben
in Sicilien.

Zu der Zeit, da die Künste in Griechenland lagen, und die Werke
derselben gemishandelt wurden, blüheten dieselben in Sicilien auch in den
größten Unruhen unter dem Könige Agathocles, und im währenden Krie-
ge desselben mit den Carthaginensern und im ersten Punischen Kriege.
Von diesem Flore der Kunst zeugen die außerordentlich schönen Münzen
gedachten Königs in Gold und Silber, in verschiedener Größe, welche
insgemein auf der einen Seite einen Kopf der Proserpina, und auf der an-
dern eine Victoria vorstellen, die einen Helm auf ein Siegeszeichen setzet,
welches Rüstungen auf den Stamm eines Baums gehänget sind. Dieser
Flor der Kunst dauerte auch unter dem Könige Hiero II. zu Syracus: die-
ser ließ, unter andern großen Werken, das im ganzen Alterthume berühmte
Schiff von zwanzig Reihen Ruder, an jeder Seite, bauen, welches mehr
einem Pallaste, als einem Schiffe, ähnlich war. Es waren Wasserleitun-
gen, Gärten, Bäder und Tempel auf demselben, und in einem Zimmer
war der Fußboden von Musaico, oder mit kleinen Steinen ausgelegt, wel-
ches die ganze Jlias vorstellete. Er sandte dem Römischen Volke zu der
Zeit, da Hannibal allenthalben Sieger war, eine Flotte mit Getreyde, und
eine goldene Victorie, welche dreyhundert und zwanzig Pfund wog 1).
Diese nahm der Senat an, da derselbe, obwohl in dem äußersten Mangel,
von vierzig goldenen Schalen, welche die Abgeordneten der Stadt Neapel
brachten, nur eine, und zwar die leichteste, annahm 2), und diejenigen
goldenen Schalen, welche die Stadt Pästum in Lucanien sandte, wurden
den Gesandten derselben mit Danksagung zurück gegeben 3). Nicht lange
nach den Zeiten des Agathocles, ist eine Münze der Stadt Segesta in Si-
cilien gepräget, welche einige Aufmerksamkeit verdienet, nicht so wohl in

Absicht
1) Liv. L. 22. c. 37.
2) Ibid. c. 32.
3) Ibid. c. 36.

II Theil. Von der Kunſt, nach den aͤußern Umſtaͤnden
haben ſcheinen. Dem aͤlteren Caracci giengen in Bologna zuerſt die Au-
gen wiederum auf.

H.
Flor derſelben
in Sicilien.

Zu der Zeit, da die Kuͤnſte in Griechenland lagen, und die Werke
derſelben gemishandelt wurden, bluͤheten dieſelben in Sicilien auch in den
groͤßten Unruhen unter dem Koͤnige Agathocles, und im waͤhrenden Krie-
ge deſſelben mit den Carthaginenſern und im erſten Puniſchen Kriege.
Von dieſem Flore der Kunſt zeugen die außerordentlich ſchoͤnen Muͤnzen
gedachten Koͤnigs in Gold und Silber, in verſchiedener Groͤße, welche
insgemein auf der einen Seite einen Kopf der Proſerpina, und auf der an-
dern eine Victoria vorſtellen, die einen Helm auf ein Siegeszeichen ſetzet,
welches Ruͤſtungen auf den Stamm eines Baums gehaͤnget ſind. Dieſer
Flor der Kunſt dauerte auch unter dem Koͤnige Hiero II. zu Syracus: die-
ſer ließ, unter andern großen Werken, das im ganzen Alterthume beruͤhmte
Schiff von zwanzig Reihen Ruder, an jeder Seite, bauen, welches mehr
einem Pallaſte, als einem Schiffe, aͤhnlich war. Es waren Waſſerleitun-
gen, Gaͤrten, Baͤder und Tempel auf demſelben, und in einem Zimmer
war der Fußboden von Muſaico, oder mit kleinen Steinen ausgelegt, wel-
ches die ganze Jlias vorſtellete. Er ſandte dem Roͤmiſchen Volke zu der
Zeit, da Hannibal allenthalben Sieger war, eine Flotte mit Getreyde, und
eine goldene Victorie, welche dreyhundert und zwanzig Pfund wog 1).
Dieſe nahm der Senat an, da derſelbe, obwohl in dem aͤußerſten Mangel,
von vierzig goldenen Schalen, welche die Abgeordneten der Stadt Neapel
brachten, nur eine, und zwar die leichteſte, annahm 2), und diejenigen
goldenen Schalen, welche die Stadt Paͤſtum in Lucanien ſandte, wurden
den Geſandten derſelben mit Dankſagung zuruͤck gegeben 3). Nicht lange
nach den Zeiten des Agathocles, iſt eine Muͤnze der Stadt Segeſta in Si-
cilien gepraͤget, welche einige Aufmerkſamkeit verdienet, nicht ſo wohl in

Abſicht
1) Liv. L. 22. c. 37.
2) Ibid. c. 32.
3) Ibid. c. 36.
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[366/0054] II Theil. Von der Kunſt, nach den aͤußern Umſtaͤnden haben ſcheinen. Dem aͤlteren Caracci giengen in Bologna zuerſt die Au- gen wiederum auf. Zu der Zeit, da die Kuͤnſte in Griechenland lagen, und die Werke derſelben gemishandelt wurden, bluͤheten dieſelben in Sicilien auch in den groͤßten Unruhen unter dem Koͤnige Agathocles, und im waͤhrenden Krie- ge deſſelben mit den Carthaginenſern und im erſten Puniſchen Kriege. Von dieſem Flore der Kunſt zeugen die außerordentlich ſchoͤnen Muͤnzen gedachten Koͤnigs in Gold und Silber, in verſchiedener Groͤße, welche insgemein auf der einen Seite einen Kopf der Proſerpina, und auf der an- dern eine Victoria vorſtellen, die einen Helm auf ein Siegeszeichen ſetzet, welches Ruͤſtungen auf den Stamm eines Baums gehaͤnget ſind. Dieſer Flor der Kunſt dauerte auch unter dem Koͤnige Hiero II. zu Syracus: die- ſer ließ, unter andern großen Werken, das im ganzen Alterthume beruͤhmte Schiff von zwanzig Reihen Ruder, an jeder Seite, bauen, welches mehr einem Pallaſte, als einem Schiffe, aͤhnlich war. Es waren Waſſerleitun- gen, Gaͤrten, Baͤder und Tempel auf demſelben, und in einem Zimmer war der Fußboden von Muſaico, oder mit kleinen Steinen ausgelegt, wel- ches die ganze Jlias vorſtellete. Er ſandte dem Roͤmiſchen Volke zu der Zeit, da Hannibal allenthalben Sieger war, eine Flotte mit Getreyde, und eine goldene Victorie, welche dreyhundert und zwanzig Pfund wog 1). Dieſe nahm der Senat an, da derſelbe, obwohl in dem aͤußerſten Mangel, von vierzig goldenen Schalen, welche die Abgeordneten der Stadt Neapel brachten, nur eine, und zwar die leichteſte, annahm 2), und diejenigen goldenen Schalen, welche die Stadt Paͤſtum in Lucanien ſandte, wurden den Geſandten derſelben mit Dankſagung zuruͤck gegeben 3). Nicht lange nach den Zeiten des Agathocles, iſt eine Muͤnze der Stadt Segeſta in Si- cilien gepraͤget, welche einige Aufmerkſamkeit verdienet, nicht ſo wohl in Abſicht 1) Liv. L. 22. c. 37. 2) Ibid. c. 32. 3) Ibid. c. 36.

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Zitationshilfe: Winckelmann, Johann Joachim: Geschichte der Kunst des Alterthums. Bd. 2. Dresden, 1764, S. 366. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/winckelmann_kunstgeschichte02_1764/54>, abgerufen am 19.04.2024.