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Winckelmann, Johann Joachim: Geschichte der Kunst des Alterthums. Bd. 2. Dresden, 1764.

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der Zeit unter den Griechen betrachtet.
einigen Tempeln in der ehemaligen Burg, wüste und öde 1). Sparta,
welches noch in dem Kriege zwischen Pompejus und Cäsar seine Kö-
nige hatte 2), und das Land umher, war von Einwohnern entblößet 3);
und von Mycene war nur noch der Name übrig 4). Drey der berühmte-
sten und reichsten Tempel der Griechen, des Apollo zu Delphos, des Aescu-
lapius zu Epidaurus, und des Jupiters zu Elis, wurden von dem Sylla
ausgeplündert 5).

Großgriechenland und Sicilien waren um diese Zeit in eben so klägli-
che Umstände gesetzet. Von so vielen mächtigen und berühmten Städten,
war zu Anfang der Römischen Monarchie nur Taranto und Brundusium
in einigem Flor 6). Die Einwohner zu Croton, deren Mauern zwölf Mi-
lien im Umkreise hatten, welche sich über eine Million erstrecketen, waren
in dem zweyten Punischen Kriege auf zwanzig tausend herunter gebracht 7).
Kurz vor dem Kriege mit dem Könige Perseus in Macedonien, ließ der
Censor Quintus Fulvius Flaccus den berühmten Tempel der Juno Laci-
nia, ohnweit gedachter Stadt, abdecken, und führete die Ziegel desselben,
welche von Marmor waren, nach Rom, um den Tempel der Fortuna
Equestris
mit denselben zu belegen 8). Er mußte dieselben aber, da es
in Rom kund wurde, woher er sie genommen, wieder zurück schaffen.

Jn Sicilien sah man damals, von dem Vorgebürge Lilybäum an,
bis an das Vorgebürge Pachynum, von einem Ende der Jnsel zum an-
dern, nur Trümmer der ehemaligen blühenden Städte 9): Syracus aber
wurde noch itzo für die schönste Griechische Stadt gehalten, und da Mar-
cellus in der Eroberung dieselbe von einem erhabenen Orte übersah, konnte

er
1) Pausan. L. 9. p. 727. l. 9.
2) Appian. Bell. civ. L. 2. p. 232. l. 39.
3) Strab. L. 8. p. 557. l. 19.
4) Ibid. p. 579. l. 5.
5) Excerpt. Diodor. p. 406.
6) Strab. L. 6. p. 430. l. 8.
7) Liv. L. 23. c. 30.
8) Idem L. 42. c. 3.
9) Strab. L. 6. p. 417. l. 23.
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der Zeit unter den Griechen betrachtet.
einigen Tempeln in der ehemaligen Burg, wuͤſte und oͤde 1). Sparta,
welches noch in dem Kriege zwiſchen Pompejus und Caͤſar ſeine Koͤ-
nige hatte 2), und das Land umher, war von Einwohnern entbloͤßet 3);
und von Mycene war nur noch der Name uͤbrig 4). Drey der beruͤhmte-
ſten und reichſten Tempel der Griechen, des Apollo zu Delphos, des Aeſcu-
lapius zu Epidaurus, und des Jupiters zu Elis, wurden von dem Sylla
ausgepluͤndert 5).

Großgriechenland und Sicilien waren um dieſe Zeit in eben ſo klaͤgli-
che Umſtaͤnde geſetzet. Von ſo vielen maͤchtigen und beruͤhmten Staͤdten,
war zu Anfang der Roͤmiſchen Monarchie nur Taranto und Brunduſium
in einigem Flor 6). Die Einwohner zu Croton, deren Mauern zwoͤlf Mi-
lien im Umkreiſe hatten, welche ſich uͤber eine Million erſtrecketen, waren
in dem zweyten Puniſchen Kriege auf zwanzig tauſend herunter gebracht 7).
Kurz vor dem Kriege mit dem Koͤnige Perſeus in Macedonien, ließ der
Cenſor Quintus Fulvius Flaccus den beruͤhmten Tempel der Juno Laci-
nia, ohnweit gedachter Stadt, abdecken, und fuͤhrete die Ziegel deſſelben,
welche von Marmor waren, nach Rom, um den Tempel der Fortuna
Equeſtris
mit denſelben zu belegen 8). Er mußte dieſelben aber, da es
in Rom kund wurde, woher er ſie genommen, wieder zuruͤck ſchaffen.

Jn Sicilien ſah man damals, von dem Vorgebuͤrge Lilybaͤum an,
bis an das Vorgebuͤrge Pachynum, von einem Ende der Jnſel zum an-
dern, nur Truͤmmer der ehemaligen bluͤhenden Staͤdte 9): Syracus aber
wurde noch itzo fuͤr die ſchoͤnſte Griechiſche Stadt gehalten, und da Mar-
cellus in der Eroberung dieſelbe von einem erhabenen Orte uͤberſah, konnte

er
1) Pauſan. L. 9. p. 727. l. 9.
2) Appian. Bell. civ. L. 2. p. 232. l. 39.
3) Strab. L. 8. p. 557. l. 19.
4) Ibid. p. 579. l. 5.
5) Excerpt. Diodor. p. 406.
6) Strab. L. 6. p. 430. l. 8.
7) Liv. L. 23. c. 30.
8) Idem L. 42. c. 3.
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[381/0069] der Zeit unter den Griechen betrachtet. einigen Tempeln in der ehemaligen Burg, wuͤſte und oͤde 1). Sparta, welches noch in dem Kriege zwiſchen Pompejus und Caͤſar ſeine Koͤ- nige hatte 2), und das Land umher, war von Einwohnern entbloͤßet 3); und von Mycene war nur noch der Name uͤbrig 4). Drey der beruͤhmte- ſten und reichſten Tempel der Griechen, des Apollo zu Delphos, des Aeſcu- lapius zu Epidaurus, und des Jupiters zu Elis, wurden von dem Sylla ausgepluͤndert 5). Großgriechenland und Sicilien waren um dieſe Zeit in eben ſo klaͤgli- che Umſtaͤnde geſetzet. Von ſo vielen maͤchtigen und beruͤhmten Staͤdten, war zu Anfang der Roͤmiſchen Monarchie nur Taranto und Brunduſium in einigem Flor 6). Die Einwohner zu Croton, deren Mauern zwoͤlf Mi- lien im Umkreiſe hatten, welche ſich uͤber eine Million erſtrecketen, waren in dem zweyten Puniſchen Kriege auf zwanzig tauſend herunter gebracht 7). Kurz vor dem Kriege mit dem Koͤnige Perſeus in Macedonien, ließ der Cenſor Quintus Fulvius Flaccus den beruͤhmten Tempel der Juno Laci- nia, ohnweit gedachter Stadt, abdecken, und fuͤhrete die Ziegel deſſelben, welche von Marmor waren, nach Rom, um den Tempel der Fortuna Equeſtris mit denſelben zu belegen 8). Er mußte dieſelben aber, da es in Rom kund wurde, woher er ſie genommen, wieder zuruͤck ſchaffen. Jn Sicilien ſah man damals, von dem Vorgebuͤrge Lilybaͤum an, bis an das Vorgebuͤrge Pachynum, von einem Ende der Jnſel zum an- dern, nur Truͤmmer der ehemaligen bluͤhenden Staͤdte 9): Syracus aber wurde noch itzo fuͤr die ſchoͤnſte Griechiſche Stadt gehalten, und da Mar- cellus in der Eroberung dieſelbe von einem erhabenen Orte uͤberſah, konnte er 1) Pauſan. L. 9. p. 727. l. 9. 2) Appian. Bell. civ. L. 2. p. 232. l. 39. 3) Strab. L. 8. p. 557. l. 19. 4) Ibid. p. 579. l. 5. 5) Excerpt. Diodor. p. 406. 6) Strab. L. 6. p. 430. l. 8. 7) Liv. L. 23. c. 30. 8) Idem L. 42. c. 3. 9) Strab. L. 6. p. 417. l. 23. B b b 3

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Zitationshilfe: Winckelmann, Johann Joachim: Geschichte der Kunst des Alterthums. Bd. 2. Dresden, 1764, S. 381. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/winckelmann_kunstgeschichte02_1764/69>, abgerufen am 24.04.2024.