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Winckelmann, Johann Joachim: Geschichte der Kunst des Alterthums. Bd. 2. Dresden, 1764.

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II Theil. Von der Griechischen Kunst
ganz und gar mit Giallo antico ausgefüttert war. Jn demselben fand
sich eine große Menge Köpfe von Marmor, und von andern härteren Stei-
nen, von welchen viele mit der Hacke zerschlagen waren; die besten von
denselben behielt der Cardinal Polignac. Es waren lange Gänge zum
Spatzieren mit Musaico beleget, von welchen man noch große Stücke sieht:
die Boden der Zimmer waren von eben dieser Arbeit, aber von kleinern
Steinen zusammengesetzet. Unzählich viele Tische von Musaico, theils in
Rom, theils anderwerts, sind alle unter dem Schutte dieser Trümmer ge-
funden worden; alle Statuen, welche in der Villa Este zu Tivoli standen,
und itzo im Campidoglio sind, viele andere Statuen eben daselbst, und in
andern Pallästen und Villen zu Rom, sind von daher geholet, und es
wird noch itzo beständig gegraben und gefunden.

Eins der seltensten Stücke, welche daselbst entdecket sind, ist eine Mu-
saische Arbeit, welche eine Schaale voll Wasser vorstellet, auf deren Ran-
de vier Tauben sitzen, von denen die eine trinken will. Es ist dasselbe bis-
her für das allerschönste Werk in dieser Art geschätzet worden, und es ist
vielleicht eben dasselbe Werk, welches sich zu Plinius Zeiten zu Pergamus
befand, und vom Sosus gemachet war, von da es Hadrian wird wegge-
nommen haben: der Cardinal Furietti, dessen Besitzer, hat diese Selten-
heit besonders beschrieben. Es wurde mitten in dem Boden eines Zim-
mers eingesetzt gefunden, welcher ebenfalls völlig von der allerfeinsten Ar-
beit in dieser Art war. Von den Binden mit Laubwerk, welche ins ge-
vierte auf demselben umher liefen, hat der Herr Cardinal Alex. Albani
ein Stück von einem Palm breit, und von vier Palmen lang, in einem
Tischblatte von Orientalischem Alabaster einfassen lassen, und von demsel-
ben erhielt Se. Königl. Hoheit der Churprinz von Sachsen ein ähnliches
Tischblatt mit einer noch längern von diesen Binden, von eben der Breite
und von eben der Arbeit. Das vorzüglichste Werk nächst jenem, ist nach
meiner Einsicht die Sirene Parthenope, auf dem Palatino zu Rom ge-

funden,

II Theil. Von der Griechiſchen Kunſt
ganz und gar mit Giallo antico ausgefuͤttert war. Jn demſelben fand
ſich eine große Menge Koͤpfe von Marmor, und von andern haͤrteren Stei-
nen, von welchen viele mit der Hacke zerſchlagen waren; die beſten von
denſelben behielt der Cardinal Polignac. Es waren lange Gaͤnge zum
Spatzieren mit Muſaico beleget, von welchen man noch große Stuͤcke ſieht:
die Boden der Zimmer waren von eben dieſer Arbeit, aber von kleinern
Steinen zuſammengeſetzet. Unzaͤhlich viele Tiſche von Muſaico, theils in
Rom, theils anderwerts, ſind alle unter dem Schutte dieſer Truͤmmer ge-
funden worden; alle Statuen, welche in der Villa Eſte zu Tivoli ſtanden,
und itzo im Campidoglio ſind, viele andere Statuen eben daſelbſt, und in
andern Pallaͤſten und Villen zu Rom, ſind von daher geholet, und es
wird noch itzo beſtaͤndig gegraben und gefunden.

Eins der ſeltenſten Stuͤcke, welche daſelbſt entdecket ſind, iſt eine Mu-
ſaiſche Arbeit, welche eine Schaale voll Waſſer vorſtellet, auf deren Ran-
de vier Tauben ſitzen, von denen die eine trinken will. Es iſt daſſelbe bis-
her fuͤr das allerſchoͤnſte Werk in dieſer Art geſchaͤtzet worden, und es iſt
vielleicht eben daſſelbe Werk, welches ſich zu Plinius Zeiten zu Pergamus
befand, und vom Soſus gemachet war, von da es Hadrian wird wegge-
nommen haben: der Cardinal Furietti, deſſen Beſitzer, hat dieſe Selten-
heit beſonders beſchrieben. Es wurde mitten in dem Boden eines Zim-
mers eingeſetzt gefunden, welcher ebenfalls voͤllig von der allerfeinſten Ar-
beit in dieſer Art war. Von den Binden mit Laubwerk, welche ins ge-
vierte auf demſelben umher liefen, hat der Herr Cardinal Alex. Albani
ein Stuͤck von einem Palm breit, und von vier Palmen lang, in einem
Tiſchblatte von Orientaliſchem Alabaſter einfaſſen laſſen, und von demſel-
ben erhielt Se. Koͤnigl. Hoheit der Churprinz von Sachſen ein aͤhnliches
Tiſchblatt mit einer noch laͤngern von dieſen Binden, von eben der Breite
und von eben der Arbeit. Das vorzuͤglichſte Werk naͤchſt jenem, iſt nach
meiner Einſicht die Sirene Parthenope, auf dem Palatino zu Rom ge-

funden,
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[406/0094] II Theil. Von der Griechiſchen Kunſt ganz und gar mit Giallo antico ausgefuͤttert war. Jn demſelben fand ſich eine große Menge Koͤpfe von Marmor, und von andern haͤrteren Stei- nen, von welchen viele mit der Hacke zerſchlagen waren; die beſten von denſelben behielt der Cardinal Polignac. Es waren lange Gaͤnge zum Spatzieren mit Muſaico beleget, von welchen man noch große Stuͤcke ſieht: die Boden der Zimmer waren von eben dieſer Arbeit, aber von kleinern Steinen zuſammengeſetzet. Unzaͤhlich viele Tiſche von Muſaico, theils in Rom, theils anderwerts, ſind alle unter dem Schutte dieſer Truͤmmer ge- funden worden; alle Statuen, welche in der Villa Eſte zu Tivoli ſtanden, und itzo im Campidoglio ſind, viele andere Statuen eben daſelbſt, und in andern Pallaͤſten und Villen zu Rom, ſind von daher geholet, und es wird noch itzo beſtaͤndig gegraben und gefunden. Eins der ſeltenſten Stuͤcke, welche daſelbſt entdecket ſind, iſt eine Mu- ſaiſche Arbeit, welche eine Schaale voll Waſſer vorſtellet, auf deren Ran- de vier Tauben ſitzen, von denen die eine trinken will. Es iſt daſſelbe bis- her fuͤr das allerſchoͤnſte Werk in dieſer Art geſchaͤtzet worden, und es iſt vielleicht eben daſſelbe Werk, welches ſich zu Plinius Zeiten zu Pergamus befand, und vom Soſus gemachet war, von da es Hadrian wird wegge- nommen haben: der Cardinal Furietti, deſſen Beſitzer, hat dieſe Selten- heit beſonders beſchrieben. Es wurde mitten in dem Boden eines Zim- mers eingeſetzt gefunden, welcher ebenfalls voͤllig von der allerfeinſten Ar- beit in dieſer Art war. Von den Binden mit Laubwerk, welche ins ge- vierte auf demſelben umher liefen, hat der Herr Cardinal Alex. Albani ein Stuͤck von einem Palm breit, und von vier Palmen lang, in einem Tiſchblatte von Orientaliſchem Alabaſter einfaſſen laſſen, und von demſel- ben erhielt Se. Koͤnigl. Hoheit der Churprinz von Sachſen ein aͤhnliches Tiſchblatt mit einer noch laͤngern von dieſen Binden, von eben der Breite und von eben der Arbeit. Das vorzuͤglichſte Werk naͤchſt jenem, iſt nach meiner Einſicht die Sirene Parthenope, auf dem Palatino zu Rom ge- funden,

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Zitationshilfe: Winckelmann, Johann Joachim: Geschichte der Kunst des Alterthums. Bd. 2. Dresden, 1764, S. 406. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/winckelmann_kunstgeschichte02_1764/94>, abgerufen am 28.03.2024.