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Wirth, Johann Georg August: Das Nationalfest der Deutschen zu Hambach. Heft 2. Neustadt, 1832.

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So sey denn noch einmal freudig gegrüßt, du schöner Tag, an dem
unsere Fahne, des mächtigen Deutschlands majestätisches Panner, nach
langer Demüthigung zum ersten Male wieder entfaltet war. Ja es war
ein schöner, und zugleich ein ernster Tag, wo dreißigtausend Deutsche
nur von Einem Gedanken beseelt, nur von Einer tiefen Ueberzeugung
durchdrungen waren, von der Ueberzeugung: "das große Vaterland
müße von Schimpf und Elend endlich einmal zu Ruhm und Glück auf-
erstehen, Deutschland müße bald wiedergeboren werden." -- Was die
Diplomaten den Völkern so eifrig zu verbergen suchen, daß die Noth
unseres Landes und das Unglück des ganzen europäischen Welttheils nicht
natürlich sey, sondern vielmehr durch ein unsinniges und despotisches Re-
gierungssystem herbeigeführt werde, daß dieses verwüstende System,
welches die Bevölkerung eines ganzen Welttheils unbeschreiblich elend
macht, seine Hauptstütze nur in der Zerrissenheit und der Unterdrückung
Deutschlands habe, und daß wir daher unsere Freiheit und Nationalein-
heit nicht blos des eigenen Glückes, sondern noch mehr der Beruhigung
und dauerhaften Organisation Europa's wegen zu erringen streben müßen,
daß ohne die Freiheit Deutschlands die Freiheit keines andern Volks denk-
bar sey, und daß namentlich die Völker im Osten durch uns befreit werden
müßen -- alles dieses hatte die große patriotische Versammlung tief gefühlt
und klar erkannt. Daher die lebhafte Sympathie für Polen, daher die ein-
müthige
Ueberzeugung, daß die Sache dieser edlen Nation von der unsri-
gen unzertrennlich sey. An dem Tage, wo zur Wiederaufrichtung des
vereinigten freien Deutschlands der Grundstein gelegt wurde, mußte
nothwendig auch das brennende Verlangen kund werden, für die Mär-
tyrer der europäischen Freiheit, die ritterlichen Polen, nicht blos zu spre-
chen, sondern auch einmal zu handeln. Dieses Verlangen äußerte ins-

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So ſey denn noch einmal freudig gegrüßt, du ſchöner Tag, an dem
unſere Fahne, des mächtigen Deutſchlands majeſtätiſches Panner, nach
langer Demüthigung zum erſten Male wieder entfaltet war. Ja es war
ein ſchöner, und zugleich ein ernſter Tag, wo dreißigtauſend Deutſche
nur von Einem Gedanken beſeelt, nur von Einer tiefen Ueberzeugung
durchdrungen waren, von der Ueberzeugung: »das große Vaterland
müße von Schimpf und Elend endlich einmal zu Ruhm und Glück auf-
erſtehen, Deutſchland müße bald wiedergeboren werden.« — Was die
Diplomaten den Völkern ſo eifrig zu verbergen ſuchen, daß die Noth
unſeres Landes und das Unglück des ganzen europäiſchen Welttheils nicht
natürlich ſey, ſondern vielmehr durch ein unſinniges und despotiſches Re-
gierungsſyſtem herbeigeführt werde, daß dieſes verwüſtende Syſtem,
welches die Bevölkerung eines ganzen Welttheils unbeſchreiblich elend
macht, ſeine Hauptſtütze nur in der Zerriſſenheit und der Unterdrückung
Deutſchlands habe, und daß wir daher unſere Freiheit und Nationalein-
heit nicht blos des eigenen Glückes, ſondern noch mehr der Beruhigung
und dauerhaften Organiſation Europa’s wegen zu erringen ſtreben müßen,
daß ohne die Freiheit Deutſchlands die Freiheit keines andern Volks denk-
bar ſey, und daß namentlich die Völker im Oſten durch uns befreit werden
müßen — alles dieſes hatte die große patriotiſche Verſammlung tief gefühlt
und klar erkannt. Daher die lebhafte Sympathie für Polen, daher die ein-
müthige
Ueberzeugung, daß die Sache dieſer edlen Nation von der unſri-
gen unzertrennlich ſey. An dem Tage, wo zur Wiederaufrichtung des
vereinigten freien Deutſchlands der Grundſtein gelegt wurde, mußte
nothwendig auch das brennende Verlangen kund werden, für die Mär-
tyrer der europäiſchen Freiheit, die ritterlichen Polen, nicht blos zu ſpre-
chen, ſondern auch einmal zu handeln. Dieſes Verlangen äußerte ins-

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Zitationshilfe: Wirth, Johann Georg August: Das Nationalfest der Deutschen zu Hambach. Heft 2. Neustadt, 1832, S. [65]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wirth_nationalfest02_1832/7>, abgerufen am 28.03.2024.