Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Der Anfangs-Gründe Aller Mathematischen Wissenschafften. Bd. 1. Halle (Saale), 1710.

Bild:
<< vorherige Seite

Anfangs-Gründe
aus besonderen Umbständen/ hauptsächlich aus den
Absichten des Bauherrns determiniren.

Dochkan man überhaupt dieses sagen/ daß
die Zimmer eine Communication miteinander ha-
ben müssen/ deren Gebrauch eine Verknüpfung mit-
einander hat/ als wenn Z. E. die Studier-Stube an
dem Schlasgemache lieget/ daß man aus diesem bald in
lene kommen kan. Jngleichen: daß der Gebrauch
des einen Zimmers nicht im geringsten den Gebrauch
des andern hindere. Z. E. es schieckt sich nicht die
Kinder-Stube bey die Studier-Stube/ weil das
Schreyen und Lermen der Kinder das Studieren hin-
dert. Wiederumb: daß iedes Zimmer an den Ort
geleget werde/ wo man am meisten Vortheile/ hinge-
gen am wenigsten Hinderung für den Gebrauch dessel-
ben findet. Z. E. Wenn das Haus von hinten zu
gegen Morgen lieget/ und zwar auf einer Gasse/ da
den gantzen Tag über viel gehens und fahrens ist; so
leget man die Studier-Stube lieber hinten aus/ weil
das helle Morgen-Licht zum Studieren angenehm/
und die Stille im Hofe demselben gleichfals vorträg-
lich/ hingegen das Poltern auf der Strassen hinder-
lich.

Die 5. Anmerckung.

351. Derowegen wenn ein Baumeister sich bey
Angebung eines Gebäudes in diesemi Puncte recht
klug aufführen wil; so muß er die Beschaffenheit der
Verrichtungen/ welche der Bauherr in den verlangten
Zimmern wil vorgenommen wiessen/ auf das genane-
ste überlegen/ dabey fleißig nach allen Umbständen
forschen/ die sich auf einige; Weise in dem Gebäude
und umb das Gebäude ereignen können/ und sowol
die Verrichtungen gegeneinander selbst/ als auch ge-
gen die angemerckten Umbstände halten. Dann wird
er bald sehen/ welche Verrichtungen einander stöhren/
und welche Umstände sie entweder hindern/ oder ihnen

be-

Anfangs-Gruͤnde
aus beſonderen Umbſtaͤnden/ hauptſaͤchlich aus den
Abſichten des Bauherrns determiniren.

Dochkan man uͤberhaupt dieſes ſagen/ daß
die Zimmer eine Communication miteinander ha-
ben muͤſſen/ deren Gebrauch eine Verknuͤpfung mit-
einander hat/ als wenn Z. E. die Studier-Stube an
dem Schlaſgemache lieget/ daß man aus dieſem bald in
lene kommen kan. Jngleichen: daß der Gebrauch
des einen Zimmers nicht im geringſten den Gebrauch
des andern hindere. Z. E. es ſchieckt ſich nicht die
Kinder-Stube bey die Studier-Stube/ weil das
Schreyen und Lermen der Kinder das Studieren hin-
dert. Wiederumb: daß iedes Zimmer an den Ort
geleget werde/ wo man am meiſten Vortheile/ hinge-
gen am wenigſten Hinderung fuͤr den Gebrauch deſſel-
ben findet. Z. E. Wenn das Haus von hinten zu
gegen Morgen lieget/ und zwar auf einer Gaſſe/ da
den gantzen Tag uͤber viel gehens und fahrens iſt; ſo
leget man die Studier-Stube lieber hinten aus/ weil
das helle Morgen-Licht zum Studieren angenehm/
und die Stille im Hofe demſelben gleichfals vortraͤg-
lich/ hingegen das Poltern auf der Straſſen hinder-
lich.

Die 5. Anmerckung.

351. Derowegen wenn ein Baumeiſter ſich bey
Angebung eines Gebaͤudes in dieſemi Puncte recht
klug auffuͤhren wil; ſo muß er die Beſchaffenheit der
Verrichtungen/ welche der Bauherr in den verlangten
Zimmern wil vorgenommen wieſſen/ auf das genane-
ſte uͤberlegen/ dabey fleißig nach allen Umbſtaͤnden
forſchen/ die ſich auf einige; Weiſe in dem Gebaͤude
und umb das Gebaͤude ereignen koͤnnen/ und ſowol
die Verrichtungen gegeneinander ſelbſt/ als auch ge-
gen die angemerckten Umbſtaͤnde halten. Dann wird
er bald ſehen/ welche Verrichtungen einander ſtoͤhren/
und welche Umſtaͤnde ſie entweder hindern/ oder ihnen

be-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <div n="3">
              <div n="4">
                <p><pb facs="#f0566" n="434"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Anfangs-Gru&#x0364;nde</hi></fw><lb/>
aus be&#x017F;onderen Umb&#x017F;ta&#x0364;nden/ haupt&#x017F;a&#x0364;chlich aus den<lb/>
Ab&#x017F;ichten des Bauherrns determiniren.</p><lb/>
                <p>Dochkan man u&#x0364;berhaupt die&#x017F;es &#x017F;agen/ daß<lb/>
die Zimmer eine <hi rendition="#aq">Communication</hi> miteinander ha-<lb/>
ben mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en/ deren Gebrauch eine Verknu&#x0364;pfung mit-<lb/>
einander hat/ als wenn Z. E. die Studier-Stube an<lb/>
dem Schla&#x017F;gemache lieget/ daß man aus die&#x017F;em bald in<lb/>
lene kommen kan. Jngleichen: daß der Gebrauch<lb/>
des einen Zimmers nicht im gering&#x017F;ten den Gebrauch<lb/>
des andern hindere. Z. E. es &#x017F;chieckt &#x017F;ich nicht die<lb/>
Kinder-Stube bey die Studier-Stube/ weil das<lb/>
Schreyen und Lermen der Kinder das Studieren hin-<lb/>
dert. Wiederumb: daß iedes Zimmer an den Ort<lb/>
geleget werde/ wo man am mei&#x017F;ten Vortheile/ hinge-<lb/>
gen am wenig&#x017F;ten Hinderung fu&#x0364;r den Gebrauch de&#x017F;&#x017F;el-<lb/>
ben findet. Z. E. Wenn das Haus von hinten zu<lb/>
gegen Morgen lieget/ und zwar auf einer Ga&#x017F;&#x017F;e/ da<lb/>
den gantzen Tag u&#x0364;ber viel gehens und fahrens i&#x017F;t; &#x017F;o<lb/>
leget man die Studier-Stube lieber hinten aus/ weil<lb/>
das helle Morgen-Licht zum Studieren angenehm/<lb/>
und die Stille im Hofe dem&#x017F;elben gleichfals vortra&#x0364;g-<lb/>
lich/ hingegen das Poltern auf der Stra&#x017F;&#x017F;en hinder-<lb/>
lich.</p>
              </div><lb/>
              <div n="4">
                <head> <hi rendition="#b">Die 5. Anmerckung.</hi> </head><lb/>
                <p>351. Derowegen wenn ein Baumei&#x017F;ter &#x017F;ich bey<lb/>
Angebung eines Geba&#x0364;udes in die&#x017F;emi Puncte recht<lb/>
klug auffu&#x0364;hren wil; &#x017F;o muß er die Be&#x017F;chaffenheit der<lb/>
Verrichtungen/ welche der Bauherr in den verlangten<lb/>
Zimmern wil vorgenommen wie&#x017F;&#x017F;en/ auf das genane-<lb/>
&#x017F;te u&#x0364;berlegen/ dabey fleißig nach allen Umb&#x017F;ta&#x0364;nden<lb/>
for&#x017F;chen/ die &#x017F;ich auf einige; Wei&#x017F;e in dem Geba&#x0364;ude<lb/>
und umb das Geba&#x0364;ude ereignen ko&#x0364;nnen/ und &#x017F;owol<lb/>
die Verrichtungen gegeneinander &#x017F;elb&#x017F;t/ als auch ge-<lb/>
gen die angemerckten Umb&#x017F;ta&#x0364;nde halten. Dann wird<lb/>
er bald &#x017F;ehen/ welche Verrichtungen einander &#x017F;to&#x0364;hren/<lb/>
und welche Um&#x017F;ta&#x0364;nde &#x017F;ie entweder hindern/ oder ihnen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">be-</fw><lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[434/0566] Anfangs-Gruͤnde aus beſonderen Umbſtaͤnden/ hauptſaͤchlich aus den Abſichten des Bauherrns determiniren. Dochkan man uͤberhaupt dieſes ſagen/ daß die Zimmer eine Communication miteinander ha- ben muͤſſen/ deren Gebrauch eine Verknuͤpfung mit- einander hat/ als wenn Z. E. die Studier-Stube an dem Schlaſgemache lieget/ daß man aus dieſem bald in lene kommen kan. Jngleichen: daß der Gebrauch des einen Zimmers nicht im geringſten den Gebrauch des andern hindere. Z. E. es ſchieckt ſich nicht die Kinder-Stube bey die Studier-Stube/ weil das Schreyen und Lermen der Kinder das Studieren hin- dert. Wiederumb: daß iedes Zimmer an den Ort geleget werde/ wo man am meiſten Vortheile/ hinge- gen am wenigſten Hinderung fuͤr den Gebrauch deſſel- ben findet. Z. E. Wenn das Haus von hinten zu gegen Morgen lieget/ und zwar auf einer Gaſſe/ da den gantzen Tag uͤber viel gehens und fahrens iſt; ſo leget man die Studier-Stube lieber hinten aus/ weil das helle Morgen-Licht zum Studieren angenehm/ und die Stille im Hofe demſelben gleichfals vortraͤg- lich/ hingegen das Poltern auf der Straſſen hinder- lich. Die 5. Anmerckung. 351. Derowegen wenn ein Baumeiſter ſich bey Angebung eines Gebaͤudes in dieſemi Puncte recht klug auffuͤhren wil; ſo muß er die Beſchaffenheit der Verrichtungen/ welche der Bauherr in den verlangten Zimmern wil vorgenommen wieſſen/ auf das genane- ſte uͤberlegen/ dabey fleißig nach allen Umbſtaͤnden forſchen/ die ſich auf einige; Weiſe in dem Gebaͤude und umb das Gebaͤude ereignen koͤnnen/ und ſowol die Verrichtungen gegeneinander ſelbſt/ als auch ge- gen die angemerckten Umbſtaͤnde halten. Dann wird er bald ſehen/ welche Verrichtungen einander ſtoͤhren/ und welche Umſtaͤnde ſie entweder hindern/ oder ihnen be-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_anfangsgruende01_1710
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_anfangsgruende01_1710/566
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Der Anfangs-Gründe Aller Mathematischen Wissenschafften. Bd. 1. Halle (Saale), 1710. , S. 434. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_anfangsgruende01_1710/566>, abgerufen am 25.04.2024.