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Wolff, Christian von: Der Anfangs-Gründe Aller Mathematischen Wiessenschaften. Bd. 3. Halle (Saale), 1710.

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der Astronomie.
men als die Planeten und unter diesen die-
jenigen am längsamsten/ die der Erde am
nähesten sind; so können weder die Plane-
ten insgesammt den Fixsternen/ noch die un-
teren mit den oberen morgen wieder in den
Meridianum kommen/ wenn sie heute mit
ihnen durch denselben gegangen/ sondern
bleiben etwas zurücke weiter gegen Morgen
stehen. Z. E. Setzet es sey heute Neu-
Mond und gehe der Mond mit der Sonne
durch den Meridianum. Da die Sonne
von der Erde weiter weg ist als der Mond;
kommet sie geschwinder als er umb die Erde
herumb. Derowegen wenn sie morgen wie-
der in den Meridianum kommet/ kan der
Mond noch nicht da seyn/ sondern er stehet et-
was zurücke gegen Morgen. Und allso schei-
net es/ als wenn er zurücke gegangen wäre.
Allein dieses einige kan den Satz nicht wahr-
scheinlich machen. Wieviel sind nicht Din-
ge/ die ihr durch gegenwärtigen Satz gar
nicht erklähren könnet. Wenn die Sonne/
der Mond und die übrigen Planeten sich
umb die Erde bewegeten/ so beschrieben sie
Schraubengänge umb dieselbe (§. 47. 48.
378)/ und da ihre Weite von der Erde nicht
immer einerley ist (§. 360)/ wären die
Schraubengänge bald weit/ bald enge. Aus
gegenwärtigem Satze könnet ihr nicht die ge-
ringste Ursache geben/ worher es komme/
daß die Planeten bald einen weiten/ bald ei-

nen

der Aſtronomie.
men als die Planeten und unter dieſen die-
jenigen am laͤngſamſten/ die der Erde am
naͤheſten ſind; ſo koͤnnen weder die Plane-
ten insgeſammt den Fixſternen/ noch die un-
teren mit den oberen morgen wieder in den
Meridianum kommen/ wenn ſie heute mit
ihnen durch denſelben gegangen/ ſondern
bleiben etwas zuruͤcke weiter gegen Morgen
ſtehen. Z. E. Setzet es ſey heute Neu-
Mond und gehe der Mond mit der Sonne
durch den Meridianum. Da die Sonne
von der Erde weiter weg iſt als der Mond;
kommet ſie geſchwinder als er umb die Erde
herumb. Derowegen wenn ſie morgen wie-
der in den Meridianum kommet/ kan der
Mond noch nicht da ſeyn/ ſondern er ſtehet et-
was zuruͤcke gegen Morgen. Und allſo ſchei-
net es/ als wenn er zuruͤcke gegangen waͤre.
Allein dieſes einige kan den Satz nicht wahr-
ſcheinlich machen. Wieviel ſind nicht Din-
ge/ die ihr durch gegenwaͤrtigen Satz gar
nicht erklaͤhren koͤnnet. Wenn die Sonne/
der Mond und die uͤbrigen Planeten ſich
umb die Erde bewegeten/ ſo beſchrieben ſie
Schraubengaͤnge umb dieſelbe (§. 47. 48.
378)/ und da ihre Weite von der Erde nicht
immer einerley iſt (§. 360)/ waͤren die
Schraubengaͤnge bald weit/ bald enge. Aus
gegenwaͤrtigem Satze koͤnnet ihr nicht die ge-
ringſte Urſache geben/ worher es komme/
daß die Planeten bald einen weiten/ bald ei-

nen
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[341/0365] der Aſtronomie. men als die Planeten und unter dieſen die- jenigen am laͤngſamſten/ die der Erde am naͤheſten ſind; ſo koͤnnen weder die Plane- ten insgeſammt den Fixſternen/ noch die un- teren mit den oberen morgen wieder in den Meridianum kommen/ wenn ſie heute mit ihnen durch denſelben gegangen/ ſondern bleiben etwas zuruͤcke weiter gegen Morgen ſtehen. Z. E. Setzet es ſey heute Neu- Mond und gehe der Mond mit der Sonne durch den Meridianum. Da die Sonne von der Erde weiter weg iſt als der Mond; kommet ſie geſchwinder als er umb die Erde herumb. Derowegen wenn ſie morgen wie- der in den Meridianum kommet/ kan der Mond noch nicht da ſeyn/ ſondern er ſtehet et- was zuruͤcke gegen Morgen. Und allſo ſchei- net es/ als wenn er zuruͤcke gegangen waͤre. Allein dieſes einige kan den Satz nicht wahr- ſcheinlich machen. Wieviel ſind nicht Din- ge/ die ihr durch gegenwaͤrtigen Satz gar nicht erklaͤhren koͤnnet. Wenn die Sonne/ der Mond und die uͤbrigen Planeten ſich umb die Erde bewegeten/ ſo beſchrieben ſie Schraubengaͤnge umb dieſelbe (§. 47. 48. 378)/ und da ihre Weite von der Erde nicht immer einerley iſt (§. 360)/ waͤren die Schraubengaͤnge bald weit/ bald enge. Aus gegenwaͤrtigem Satze koͤnnet ihr nicht die ge- ringſte Urſache geben/ worher es komme/ daß die Planeten bald einen weiten/ bald ei- nen

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Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Der Anfangs-Gründe Aller Mathematischen Wiessenschaften. Bd. 3. Halle (Saale), 1710. , S. 341. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_anfangsgruende03_1710/365>, abgerufen am 23.04.2024.