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F. v. W. [Margarethe von Wolff]: Gemüth und Selbstsucht. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 16. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–86. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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kalt und fremd. Gelassen ließ ich es geschehen, meine Eitelkeit begehrte seine Billigung nicht, nur mein Herz hatte sie einst gewünscht. --

Ein leidenschaftliches, geheimnißvolles Verständniß zwischen ihm und Sophie entfaltete sich meinen Blicken. Den Grund des Geheimnisses in diesem Verhältnisse vermochte ich jedoch nicht abzusehen. -- Während der ersten Tage war R. Alles was man Liebenswürdiges sein kann; heiter, sanft, anerkennend und geistvoll; nach und nach, und so wie der Zauber der Neuheit sich etwas zu verlieren begann, trat seine Eigenthümlichkeit wieder mehr ans Licht. Seine geistvolle Lebendigkeit schuf jetzt für uns ein völlig neues Dasein, -- ein glücklicheres? -- das will ich nicht behaupten. -- Seine ewigen Launen, seine nie zu befriedigenden Wünsche, seine eigenthümliche Auffassungsgabe erhalten Alles um ihn her in Unruhe und Spannung. -- Jetzt bin ich daran gewöhnt, im Anfange erschütterte es mich immer, wenn Sophie, die nur in dem Gedanken an ihn lebt, mit dem Lächeln eines Engels fragte: Ist es dir so angenehm? gefällt es dir? und er dann mißlaunig entgegnete: Es ist ganz abscheulich, durchaus verkehrt! -- Bei einer solchen Veranlassung sagte ich einst: Es ist immer gut seine Freunde zu kennen, und so will ich Ihnen doch sagen, daß ich wünschte, Sie verliebten sich einmal so recht aus Herzensgründe und so recht hoffnungslos, und würden hinreichend geplagt, um ein klein wenig demüthiger zu werden. -- Er lächelte

kalt und fremd. Gelassen ließ ich es geschehen, meine Eitelkeit begehrte seine Billigung nicht, nur mein Herz hatte sie einst gewünscht. —

Ein leidenschaftliches, geheimnißvolles Verständniß zwischen ihm und Sophie entfaltete sich meinen Blicken. Den Grund des Geheimnisses in diesem Verhältnisse vermochte ich jedoch nicht abzusehen. — Während der ersten Tage war R. Alles was man Liebenswürdiges sein kann; heiter, sanft, anerkennend und geistvoll; nach und nach, und so wie der Zauber der Neuheit sich etwas zu verlieren begann, trat seine Eigenthümlichkeit wieder mehr ans Licht. Seine geistvolle Lebendigkeit schuf jetzt für uns ein völlig neues Dasein, — ein glücklicheres? — das will ich nicht behaupten. — Seine ewigen Launen, seine nie zu befriedigenden Wünsche, seine eigenthümliche Auffassungsgabe erhalten Alles um ihn her in Unruhe und Spannung. — Jetzt bin ich daran gewöhnt, im Anfange erschütterte es mich immer, wenn Sophie, die nur in dem Gedanken an ihn lebt, mit dem Lächeln eines Engels fragte: Ist es dir so angenehm? gefällt es dir? und er dann mißlaunig entgegnete: Es ist ganz abscheulich, durchaus verkehrt! — Bei einer solchen Veranlassung sagte ich einst: Es ist immer gut seine Freunde zu kennen, und so will ich Ihnen doch sagen, daß ich wünschte, Sie verliebten sich einmal so recht aus Herzensgründe und so recht hoffnungslos, und würden hinreichend geplagt, um ein klein wenig demüthiger zu werden. — Er lächelte

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[0041] kalt und fremd. Gelassen ließ ich es geschehen, meine Eitelkeit begehrte seine Billigung nicht, nur mein Herz hatte sie einst gewünscht. — Ein leidenschaftliches, geheimnißvolles Verständniß zwischen ihm und Sophie entfaltete sich meinen Blicken. Den Grund des Geheimnisses in diesem Verhältnisse vermochte ich jedoch nicht abzusehen. — Während der ersten Tage war R. Alles was man Liebenswürdiges sein kann; heiter, sanft, anerkennend und geistvoll; nach und nach, und so wie der Zauber der Neuheit sich etwas zu verlieren begann, trat seine Eigenthümlichkeit wieder mehr ans Licht. Seine geistvolle Lebendigkeit schuf jetzt für uns ein völlig neues Dasein, — ein glücklicheres? — das will ich nicht behaupten. — Seine ewigen Launen, seine nie zu befriedigenden Wünsche, seine eigenthümliche Auffassungsgabe erhalten Alles um ihn her in Unruhe und Spannung. — Jetzt bin ich daran gewöhnt, im Anfange erschütterte es mich immer, wenn Sophie, die nur in dem Gedanken an ihn lebt, mit dem Lächeln eines Engels fragte: Ist es dir so angenehm? gefällt es dir? und er dann mißlaunig entgegnete: Es ist ganz abscheulich, durchaus verkehrt! — Bei einer solchen Veranlassung sagte ich einst: Es ist immer gut seine Freunde zu kennen, und so will ich Ihnen doch sagen, daß ich wünschte, Sie verliebten sich einmal so recht aus Herzensgründe und so recht hoffnungslos, und würden hinreichend geplagt, um ein klein wenig demüthiger zu werden. — Er lächelte

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T13:52:17Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T13:52:17Z)

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Zitationshilfe: F. v. W. [Margarethe von Wolff]: Gemüth und Selbstsucht. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 16. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–86. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_selbstsucht_1910/41>, abgerufen am 29.03.2024.