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Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754.

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des Menschen gegen sich selbst.
und die Sachen, die sie nöthig haben, auf-
behalten und verwahren können. Daher er-
hellet auch leicht, daß die Menschen be-
queme Häuser erbauen müssen; und
ihnen von Natur ein Recht zu allem
demjenigen zukomme, was zu der Er-
bauung derselben nöthig ist, wie auch
zu den Verrichtungen, die zu der Er-
bauung erfordert werden. Es muß
aber auch hier die natürliche Wohlan-
ständigkeit beobachtet werden
(§. 55.).

§. 117.

Die natürliche Schönheit nennt manVon der
natürli-
chen und
künstli-
chen
Schön-
heit und
von den
Zierra-
then des
Leibes.

diejenige, welche in dem Leibe des Menschen
von Natur befindlich ist. Wie aus der Er-
fahrung erhellet, so bestehet dieselbe in der
Symmetrie, d. i. in der geschickten Ver-
hältniß der äusseren Theile gegen einander und
gegen den gantzen Körper; in der Euryth-
mie,
das ist, in der Aehnlichkeit der Theile,
welche zu beyden Seiten sind, und denen
mittlern Theilen unähnlich sind; und in der ge-
schickten Figur und Farbe derselben. Es wird
hingegen die künstliche genannt, welche dem
Leibe durch Menschen-Hände zuwege gebracht
wird. Dasjenige ist schön, was uns gefällt;
folglich kann die natürliche Schönheit keine
andere Absicht haben, als daß man andern
gefalle; die künstliche aber muß den Mangel
der natürlichen ersetzen und dieselbe vermeh-
ren. Wir sollen deswegen die natür-
liche Schönheit erhalten (§. 43.), und

wenig-

des Menſchen gegen ſich ſelbſt.
und die Sachen, die ſie noͤthig haben, auf-
behalten und verwahren koͤnnen. Daher er-
hellet auch leicht, daß die Menſchen be-
queme Haͤuſer erbauen muͤſſen; und
ihnen von Natur ein Recht zu allem
demjenigen zukomme, was zu der Er-
bauung derſelben noͤthig iſt, wie auch
zu den Verrichtungen, die zu der Er-
bauung erfordert werden. Es muß
aber auch hier die natuͤrliche Wohlan-
ſtaͤndigkeit beobachtet werden
(§. 55.).

§. 117.

Die natuͤrliche Schoͤnheit nennt manVon der
natuͤrli-
chen und
kuͤnſtli-
chen
Schoͤn-
heit und
von den
Zierra-
then des
Leibes.

diejenige, welche in dem Leibe des Menſchen
von Natur befindlich iſt. Wie aus der Er-
fahrung erhellet, ſo beſtehet dieſelbe in der
Symmetrie, d. i. in der geſchickten Ver-
haͤltniß der aͤuſſeren Theile gegen einander und
gegen den gantzen Koͤrper; in der Euryth-
mie,
das iſt, in der Aehnlichkeit der Theile,
welche zu beyden Seiten ſind, und denen
mittlern Theilen unaͤhnlich ſind; und in der ge-
ſchickten Figur und Farbe derſelben. Es wird
hingegen die kuͤnſtliche genannt, welche dem
Leibe durch Menſchen-Haͤnde zuwege gebracht
wird. Dasjenige iſt ſchoͤn, was uns gefaͤllt;
folglich kann die natuͤrliche Schoͤnheit keine
andere Abſicht haben, als daß man andern
gefalle; die kuͤnſtliche aber muß den Mangel
der natuͤrlichen erſetzen und dieſelbe vermeh-
ren. Wir ſollen deswegen die natuͤr-
liche Schoͤnheit erhalten (§. 43.), und

wenig-
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[75/0111] des Menſchen gegen ſich ſelbſt. und die Sachen, die ſie noͤthig haben, auf- behalten und verwahren koͤnnen. Daher er- hellet auch leicht, daß die Menſchen be- queme Haͤuſer erbauen muͤſſen; und ihnen von Natur ein Recht zu allem demjenigen zukomme, was zu der Er- bauung derſelben noͤthig iſt, wie auch zu den Verrichtungen, die zu der Er- bauung erfordert werden. Es muß aber auch hier die natuͤrliche Wohlan- ſtaͤndigkeit beobachtet werden (§. 55.). §. 117. Die natuͤrliche Schoͤnheit nennt man diejenige, welche in dem Leibe des Menſchen von Natur befindlich iſt. Wie aus der Er- fahrung erhellet, ſo beſtehet dieſelbe in der Symmetrie, d. i. in der geſchickten Ver- haͤltniß der aͤuſſeren Theile gegen einander und gegen den gantzen Koͤrper; in der Euryth- mie, das iſt, in der Aehnlichkeit der Theile, welche zu beyden Seiten ſind, und denen mittlern Theilen unaͤhnlich ſind; und in der ge- ſchickten Figur und Farbe derſelben. Es wird hingegen die kuͤnſtliche genannt, welche dem Leibe durch Menſchen-Haͤnde zuwege gebracht wird. Dasjenige iſt ſchoͤn, was uns gefaͤllt; folglich kann die natuͤrliche Schoͤnheit keine andere Abſicht haben, als daß man andern gefalle; die kuͤnſtliche aber muß den Mangel der natuͤrlichen erſetzen und dieſelbe vermeh- ren. Wir ſollen deswegen die natuͤr- liche Schoͤnheit erhalten (§. 43.), und wenig- Von der natuͤrli- chen und kuͤnſtli- chen Schoͤn- heit und von den Zierra- then des Leibes.

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Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/111>, abgerufen am 19.04.2024.