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Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754.

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II. Th. 7. H. Von dem Versprechen
nen, keine Annehmung erfordert; ja
sie kömmt zu beyden unnütze hinzu

(§. 316.).

§. 385.
Was das
Verspre-
chen, die
blosse Zu
sage und
die blosse
Erklä-
rung des-
sen, was
man zu
thun ge-
sonnen,
vor
Hand-
lungen
sind.

Weil es lediglich auf unserm Willen beruhet,
ob wir auf einen andern ein Recht bringen
wollen, oder nicht (§. 314.); folglich das
Recht uns mit Gewalt zu einer gewissen Lei-
stung anzuhalten, d. i. das Recht zu einer
Sache (§. 335.); so steht es auch allein
bey uns, ob wir einem andern etwas
versprechen, oder blos zusagen, oder
ihm blos erklären wollen, was wir zu
thun gesonnen
(§. 379. 382. 383.); folg-
lich sind das Versprechen, die blosse Zu-
sage und die blosse Erklärung dessen,
was wir zu thun gesonnen, Handlun-
gen, die allein auf unserem Willen be-
ruhen;
und derowegen hat niemand das
Recht, uns zu einem Versprechen zu
nöthigen.
Da dieses der natürlichen Frey-
heit wiederspricht (§. 77.); so thut derjeni-
ge, der den andern zum Versprechen
zwingt, ihm unrecht
(§. 87.); und ist
dieses durchs natürliche Gesetz verbo-
then
(§. 86.).

§. 386.
Vom
überleg-
ten Vor-
satz.

Ein überlegter Vorsatz (animus deli-
beratus)
wird genannt, wenn man dasjeni-
ge, so man will, wohl erwogen hat, nämlich
ob man es lieber thun, als unterlassen soll,
und wie man es anzufangen hat, ehe man die

Hand-

II. Th. 7. H. Von dem Verſprechen
nen, keine Annehmung erfordert; ja
ſie koͤmmt zu beyden unnuͤtze hinzu

(§. 316.).

§. 385.
Was das
Verſpre-
chen, die
bloſſe Zu
ſage und
die bloſſe
Erklaͤ-
rung deſ-
ſen, was
man zu
thun ge-
ſonnen,
vor
Hand-
lungen
ſind.

Weil es lediglich auf unſerm Willen beruhet,
ob wir auf einen andern ein Recht bringen
wollen, oder nicht (§. 314.); folglich das
Recht uns mit Gewalt zu einer gewiſſen Lei-
ſtung anzuhalten, d. i. das Recht zu einer
Sache (§. 335.); ſo ſteht es auch allein
bey uns, ob wir einem andern etwas
verſprechen, oder blos zuſagen, oder
ihm blos erklaͤren wollen, was wir zu
thun geſonnen
(§. 379. 382. 383.); folg-
lich ſind das Verſprechen, die bloſſe Zu-
ſage und die bloſſe Erklaͤrung deſſen,
was wir zu thun geſonnen, Handlun-
gen, die allein auf unſerem Willen be-
ruhen;
und derowegen hat niemand das
Recht, uns zu einem Verſprechen zu
noͤthigen.
Da dieſes der natuͤrlichen Frey-
heit wiederſpricht (§. 77.); ſo thut derjeni-
ge, der den andern zum Verſprechen
zwingt, ihm unrecht
(§. 87.); und iſt
dieſes durchs natuͤrliche Geſetz verbo-
then
(§. 86.).

§. 386.
Vom
uͤberleg-
ten Vor-
ſatz.

Ein uͤberlegter Vorſatz (animus deli-
beratus)
wird genannt, wenn man dasjeni-
ge, ſo man will, wohl erwogen hat, naͤmlich
ob man es lieber thun, als unterlaſſen ſoll,
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[232/0268] II. Th. 7. H. Von dem Verſprechen nen, keine Annehmung erfordert; ja ſie koͤmmt zu beyden unnuͤtze hinzu (§. 316.). §. 385. Weil es lediglich auf unſerm Willen beruhet, ob wir auf einen andern ein Recht bringen wollen, oder nicht (§. 314.); folglich das Recht uns mit Gewalt zu einer gewiſſen Lei- ſtung anzuhalten, d. i. das Recht zu einer Sache (§. 335.); ſo ſteht es auch allein bey uns, ob wir einem andern etwas verſprechen, oder blos zuſagen, oder ihm blos erklaͤren wollen, was wir zu thun geſonnen (§. 379. 382. 383.); folg- lich ſind das Verſprechen, die bloſſe Zu- ſage und die bloſſe Erklaͤrung deſſen, was wir zu thun geſonnen, Handlun- gen, die allein auf unſerem Willen be- ruhen; und derowegen hat niemand das Recht, uns zu einem Verſprechen zu noͤthigen. Da dieſes der natuͤrlichen Frey- heit wiederſpricht (§. 77.); ſo thut derjeni- ge, der den andern zum Verſprechen zwingt, ihm unrecht (§. 87.); und iſt dieſes durchs natuͤrliche Geſetz verbo- then (§. 86.). §. 386. Ein uͤberlegter Vorſatz (animus deli- beratus) wird genannt, wenn man dasjeni- ge, ſo man will, wohl erwogen hat, naͤmlich ob man es lieber thun, als unterlaſſen ſoll, und wie man es anzufangen hat, ehe man die Hand-

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Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 232. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/268>, abgerufen am 25.04.2024.