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Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754.

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II. Th. 7. H. Von dem Versprechen
Genüge gethan haben, ihm davor zu
stehen schuldig.

§. 416.
Wenn
der Ver-
sprecher
davor ste-
hen muß,
woran
dem an-
dern ge-
legen
war.

Wenn demnach dadurch, daß wir un-
ser Versprechen nicht gehalten, der an-
dere, dem etwas versprochen worden,
Schaden oder Verlust seines Gewinns
hat,
z. E. wenn die versprochene Sache mit
unserm Willen, oder Versehen eines andern
worden, so sind wir schuldig ihm davor
zu stehen.

§. 417.
Vom
Verzuge.

Der Verzug (mora) ist der Aufschub des-
sen, was geschehen solte, über die Zeit, in
welcher es geschehen solte. Daher sagt man
einer sey saumselig, oder sey Schuld an
dem Verzuge
(in mora est), wenn er das,
was er in einer gewissen Zeit thun konte und
sollte, nicht thut.

§. 418.
Von der
Zurech-
nung des
Verzugs
und Rei-
nigung
von dem-
selben.

Eine unvermeidliche Verhinderung
(impedimentum inevitabile) wird genannt,
wenn man nicht Ursache daran ist, daß sich ei-
ne Verhinderung ereignet, oder wenn man
auf keine Weise machen können, daß sie sich
nicht ereignete. Man nennet die Verhin-
derung unüberwindlich
(impedimentum
insuperabile),
die, wenn sie sich ereignet,
von uns nicht gehoben werden kann. Wenn
der Verzug von einem unvermeidli-
chen, oder unüberwindlichen Hinder-
nisse herrühret, so kann sie uns nicht

zuge-

II. Th. 7. H. Von dem Verſprechen
Genuͤge gethan haben, ihm davor zu
ſtehen ſchuldig.

§. 416.
Wenn
der Ver-
ſprecher
davor ſte-
hen muß,
woran
dem an-
dern ge-
legen
war.

Wenn demnach dadurch, daß wir un-
ſer Verſprechen nicht gehalten, der an-
dere, dem etwas verſprochen worden,
Schaden oder Verluſt ſeines Gewinns
hat,
z. E. wenn die verſprochene Sache mit
unſerm Willen, oder Verſehen eines andern
worden, ſo ſind wir ſchuldig ihm davor
zu ſtehen.

§. 417.
Vom
Verzuge.

Der Verzug (mora) iſt der Aufſchub deſ-
ſen, was geſchehen ſolte, uͤber die Zeit, in
welcher es geſchehen ſolte. Daher ſagt man
einer ſey ſaumſelig, oder ſey Schuld an
dem Verzuge
(in mora eſt), wenn er das,
was er in einer gewiſſen Zeit thun konte und
ſollte, nicht thut.

§. 418.
Von der
Zurech-
nung des
Verzugs
und Rei-
nigung
von dem-
ſelben.

Eine unvermeidliche Verhinderung
(impedimentum inevitabile) wird genannt,
wenn man nicht Urſache daran iſt, daß ſich ei-
ne Verhinderung ereignet, oder wenn man
auf keine Weiſe machen koͤnnen, daß ſie ſich
nicht ereignete. Man nennet die Verhin-
derung unuͤberwindlich
(impedimentum
inſuperabile),
die, wenn ſie ſich ereignet,
von uns nicht gehoben werden kann. Wenn
der Verzug von einem unvermeidli-
chen, oder unuͤberwindlichen Hinder-
niſſe herruͤhret, ſo kann ſie uns nicht

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[254/0290] II. Th. 7. H. Von dem Verſprechen Genuͤge gethan haben, ihm davor zu ſtehen ſchuldig. §. 416. Wenn demnach dadurch, daß wir un- ſer Verſprechen nicht gehalten, der an- dere, dem etwas verſprochen worden, Schaden oder Verluſt ſeines Gewinns hat, z. E. wenn die verſprochene Sache mit unſerm Willen, oder Verſehen eines andern worden, ſo ſind wir ſchuldig ihm davor zu ſtehen. §. 417. Der Verzug (mora) iſt der Aufſchub deſ- ſen, was geſchehen ſolte, uͤber die Zeit, in welcher es geſchehen ſolte. Daher ſagt man einer ſey ſaumſelig, oder ſey Schuld an dem Verzuge (in mora eſt), wenn er das, was er in einer gewiſſen Zeit thun konte und ſollte, nicht thut. §. 418. Eine unvermeidliche Verhinderung (impedimentum inevitabile) wird genannt, wenn man nicht Urſache daran iſt, daß ſich ei- ne Verhinderung ereignet, oder wenn man auf keine Weiſe machen koͤnnen, daß ſie ſich nicht ereignete. Man nennet die Verhin- derung unuͤberwindlich (impedimentum inſuperabile), die, wenn ſie ſich ereignet, von uns nicht gehoben werden kann. Wenn der Verzug von einem unvermeidli- chen, oder unuͤberwindlichen Hinder- niſſe herruͤhret, ſo kann ſie uns nicht zuge-

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Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 254. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/290>, abgerufen am 19.04.2024.