Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754.

Bild:
<< vorherige Seite

II. Th. 7. H. Von dem Versprechen
unser Versehen oder vorsätzlicher Wei-
se verdirbt, oder untergehet, so sind
wir,
da uns dieses zugerechnet werden kann
(§. 17.), dem, welchem wir etwas ver-
sprochen, davor zu stehen schuldig
(§.
415.). Derowegen, wenn uns etwas ver-
sprochen wird, so noch nicht würck-
lich ist, sondern erst würcklich werden
soll,
als die Früchte des zukünftigen Som-
mers, und es sich durch einen Zufall
zutragen sollte, daß keine würden, so
ist man auch nichts schuldig.
Es erhel-
let auch daher, daß bey dem Versprechen
künftiger Sachen die Bedingung vorausge-
setzt wird, wenn einige würcklich seyn wer-
den, oder welches einerley ist, diese still-
schweigende Ausnahme, woferne nicht gar
keine seyn werden.

§. 421.
Von ei-
ner Sa-
che, die
zwey-
mahl ver-
sprochen
worden.

Wenn einer eine Sache, welche er
uns versprochen hat, von neuem ei-
nem andern verspricht; so gilt,
da er
uns das Recht, welches wir durchs Verspre-
chen erhalten haben, nicht nehmen kann (§.
379. 100.), das letzte Versprechen
nicht, sondern das erste.
Da nichts im
Wege stehet, warum wir nicht etwas zwey-
mahl versprechen könten, wenn wir es zwey-
mahl gewehren können; so gilt in diesem
Falle das doppelte Versprechen.

§. 422.

II. Th. 7. H. Von dem Verſprechen
unſer Verſehen oder vorſaͤtzlicher Wei-
ſe verdirbt, oder untergehet, ſo ſind
wir,
da uns dieſes zugerechnet werden kann
(§. 17.), dem, welchem wir etwas ver-
ſprochen, davor zu ſtehen ſchuldig
(§.
415.). Derowegen, wenn uns etwas ver-
ſprochen wird, ſo noch nicht wuͤrck-
lich iſt, ſondern erſt wuͤrcklich werden
ſoll,
als die Fruͤchte des zukuͤnftigen Som-
mers, und es ſich durch einen Zufall
zutragen ſollte, daß keine wuͤrden, ſo
iſt man auch nichts ſchuldig.
Es erhel-
let auch daher, daß bey dem Verſprechen
kuͤnftiger Sachen die Bedingung vorausge-
ſetzt wird, wenn einige wuͤrcklich ſeyn wer-
den, oder welches einerley iſt, dieſe ſtill-
ſchweigende Ausnahme, woferne nicht gar
keine ſeyn werden.

§. 421.
Von ei-
ner Sa-
che, die
zwey-
mahl ver-
ſprochen
worden.

Wenn einer eine Sache, welche er
uns verſprochen hat, von neuem ei-
nem andern verſpricht; ſo gilt,
da er
uns das Recht, welches wir durchs Verſpre-
chen erhalten haben, nicht nehmen kann (§.
379. 100.), das letzte Verſprechen
nicht, ſondern das erſte.
Da nichts im
Wege ſtehet, warum wir nicht etwas zwey-
mahl verſprechen koͤnten, wenn wir es zwey-
mahl gewehren koͤnnen; ſo gilt in dieſem
Falle das doppelte Verſprechen.

§. 422.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0292" n="256"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">II.</hi><hi rendition="#b">Th. 7. H. Von dem Ver&#x017F;prechen</hi></fw><lb/><hi rendition="#fr">un&#x017F;er Ver&#x017F;ehen oder vor&#x017F;a&#x0364;tzlicher Wei-<lb/>
&#x017F;e verdirbt, oder untergehet, &#x017F;o &#x017F;ind<lb/>
wir,</hi> da uns die&#x017F;es zugerechnet werden kann<lb/>
(§. 17.), <hi rendition="#fr">dem, welchem wir etwas ver-<lb/>
&#x017F;prochen, davor zu &#x017F;tehen &#x017F;chuldig</hi> (§.<lb/>
415.). Derowegen, <hi rendition="#fr">wenn uns etwas ver-<lb/>
&#x017F;prochen wird, &#x017F;o noch nicht wu&#x0364;rck-<lb/>
lich i&#x017F;t, &#x017F;ondern er&#x017F;t wu&#x0364;rcklich werden<lb/>
&#x017F;oll,</hi> als die Fru&#x0364;chte des zuku&#x0364;nftigen Som-<lb/>
mers, <hi rendition="#fr">und es &#x017F;ich durch einen Zufall<lb/>
zutragen &#x017F;ollte, daß keine wu&#x0364;rden, &#x017F;o<lb/>
i&#x017F;t man auch nichts &#x017F;chuldig.</hi> Es erhel-<lb/>
let auch daher, daß bey dem Ver&#x017F;prechen<lb/>
ku&#x0364;nftiger Sachen die Bedingung vorausge-<lb/>
&#x017F;etzt wird, wenn einige wu&#x0364;rcklich &#x017F;eyn wer-<lb/>
den, oder welches einerley i&#x017F;t, die&#x017F;e &#x017F;till-<lb/>
&#x017F;chweigende Ausnahme, woferne nicht gar<lb/>
keine &#x017F;eyn werden.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 421.</head><lb/>
              <note place="left">Von ei-<lb/>
ner Sa-<lb/>
che, die<lb/>
zwey-<lb/>
mahl ver-<lb/>
&#x017F;prochen<lb/>
worden.</note>
              <p><hi rendition="#fr">Wenn einer eine Sache, welche er<lb/>
uns ver&#x017F;prochen hat, von neuem ei-<lb/>
nem andern ver&#x017F;pricht; &#x017F;o gilt,</hi> da er<lb/>
uns das Recht, welches wir durchs Ver&#x017F;pre-<lb/>
chen erhalten haben, nicht nehmen kann (§.<lb/>
379. 100.), <hi rendition="#fr">das letzte Ver&#x017F;prechen<lb/>
nicht, &#x017F;ondern das er&#x017F;te.</hi> Da nichts im<lb/>
Wege &#x017F;tehet, warum wir nicht etwas zwey-<lb/>
mahl ver&#x017F;prechen ko&#x0364;nten, wenn wir es zwey-<lb/>
mahl gewehren ko&#x0364;nnen; &#x017F;o <hi rendition="#fr">gilt in die&#x017F;em<lb/>
Falle das doppelte Ver&#x017F;prechen.</hi></p>
            </div><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">§. 422.</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[256/0292] II. Th. 7. H. Von dem Verſprechen unſer Verſehen oder vorſaͤtzlicher Wei- ſe verdirbt, oder untergehet, ſo ſind wir, da uns dieſes zugerechnet werden kann (§. 17.), dem, welchem wir etwas ver- ſprochen, davor zu ſtehen ſchuldig (§. 415.). Derowegen, wenn uns etwas ver- ſprochen wird, ſo noch nicht wuͤrck- lich iſt, ſondern erſt wuͤrcklich werden ſoll, als die Fruͤchte des zukuͤnftigen Som- mers, und es ſich durch einen Zufall zutragen ſollte, daß keine wuͤrden, ſo iſt man auch nichts ſchuldig. Es erhel- let auch daher, daß bey dem Verſprechen kuͤnftiger Sachen die Bedingung vorausge- ſetzt wird, wenn einige wuͤrcklich ſeyn wer- den, oder welches einerley iſt, dieſe ſtill- ſchweigende Ausnahme, woferne nicht gar keine ſeyn werden. §. 421. Wenn einer eine Sache, welche er uns verſprochen hat, von neuem ei- nem andern verſpricht; ſo gilt, da er uns das Recht, welches wir durchs Verſpre- chen erhalten haben, nicht nehmen kann (§. 379. 100.), das letzte Verſprechen nicht, ſondern das erſte. Da nichts im Wege ſtehet, warum wir nicht etwas zwey- mahl verſprechen koͤnten, wenn wir es zwey- mahl gewehren koͤnnen; ſo gilt in dieſem Falle das doppelte Verſprechen. §. 422.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/292
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/292>, abgerufen am 28.03.2024.