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Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754.

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II. Th. 9. H. Von bloß milden Handl.
Ersitzung und Verjährung allezeit zu-
wider;
folglich wird zur Ersitzung und
Verjährung die gantze Zeit des Besi-
tzes über ein gutes Gewissen erfor-
dert.

Das neunte Hauptstück.

Von den bloß wohlthätigen
Handlungen, die in einem zu Ende
gebracht werden.

§. 465.
Von der
einfachen
und zu-
sammen-
gesetzten
Hand-
lung.

Es ist vor sich klar, daß alle Handlungen,
die andern nützlich sind, entweder dar-
in bestehen, daß etwas gegeben, oder
daß etwas gethan wird. Man nennet aber
einfache Handlungen (actus simplices),
welche nicht in mehrere zergliedert werden
können, so daß eine ohne die andere, oder oh-
ne die übrigen seyn kann. Zusammenge-
setzte Handlungen
(actus compositi) wer-
den diejenigen genannt, welche sich in meh-
rere zergliedern lassen, von denen eine ohne
die andere bestehen kann.

§. 466.
Was ei-
ne wohl-
thätige
Hand-
lung und
wie viel-
fach die-
selbe sey.

Man nennet eine wohlthätige Hand-
lung
(actum beneficum) diejenige, durch
welche nur einer einen Vortheil hat, der an-
dere aber nichts dagegen erhält. Dieselbe ist
eine bloß wohlthätige Handlung (actus
mere beneficus),
wenn damit keine vollkom-
mene Verbindlichkeit verknüpft ist: Hinge-

gen

II. Th. 9. H. Von bloß milden Handl.
Erſitzung und Verjaͤhrung allezeit zu-
wider;
folglich wird zur Erſitzung und
Verjaͤhrung die gantze Zeit des Beſi-
tzes uͤber ein gutes Gewiſſen erfor-
dert.

Das neunte Hauptſtuͤck.

Von den bloß wohlthaͤtigen
Handlungen, die in einem zu Ende
gebracht werden.

§. 465.
Von der
einfachen
und zu-
ſammen-
geſetzten
Hand-
lung.

Es iſt vor ſich klar, daß alle Handlungen,
die andern nuͤtzlich ſind, entweder dar-
in beſtehen, daß etwas gegeben, oder
daß etwas gethan wird. Man nennet aber
einfache Handlungen (actus ſimplices),
welche nicht in mehrere zergliedert werden
koͤnnen, ſo daß eine ohne die andere, oder oh-
ne die uͤbrigen ſeyn kann. Zuſammenge-
ſetzte Handlungen
(actus compoſiti) wer-
den diejenigen genannt, welche ſich in meh-
rere zergliedern laſſen, von denen eine ohne
die andere beſtehen kann.

§. 466.
Was ei-
ne wohl-
thaͤtige
Hand-
lung und
wie viel-
fach die-
ſelbe ſey.

Man nennet eine wohlthaͤtige Hand-
lung
(actum beneficum) diejenige, durch
welche nur einer einen Vortheil hat, der an-
dere aber nichts dagegen erhaͤlt. Dieſelbe iſt
eine bloß wohlthaͤtige Handlung (actus
mere beneficus),
wenn damit keine vollkom-
mene Verbindlichkeit verknuͤpft iſt: Hinge-

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[290/0326] II. Th. 9. H. Von bloß milden Handl. Erſitzung und Verjaͤhrung allezeit zu- wider; folglich wird zur Erſitzung und Verjaͤhrung die gantze Zeit des Beſi- tzes uͤber ein gutes Gewiſſen erfor- dert. Das neunte Hauptſtuͤck. Von den bloß wohlthaͤtigen Handlungen, die in einem zu Ende gebracht werden. §. 465. Es iſt vor ſich klar, daß alle Handlungen, die andern nuͤtzlich ſind, entweder dar- in beſtehen, daß etwas gegeben, oder daß etwas gethan wird. Man nennet aber einfache Handlungen (actus ſimplices), welche nicht in mehrere zergliedert werden koͤnnen, ſo daß eine ohne die andere, oder oh- ne die uͤbrigen ſeyn kann. Zuſammenge- ſetzte Handlungen (actus compoſiti) wer- den diejenigen genannt, welche ſich in meh- rere zergliedern laſſen, von denen eine ohne die andere beſtehen kann. §. 466. Man nennet eine wohlthaͤtige Hand- lung (actum beneficum) diejenige, durch welche nur einer einen Vortheil hat, der an- dere aber nichts dagegen erhaͤlt. Dieſelbe iſt eine bloß wohlthaͤtige Handlung (actus mere beneficus), wenn damit keine vollkom- mene Verbindlichkeit verknuͤpft iſt: Hinge- gen

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Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/326>, abgerufen am 18.04.2024.