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Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754.

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II. Theil 14. Hauptstück.
contract
zu ma-
chen.
Qvasicontract nicht, wenn man des
andern ausdrückliche Meinung erfah-
ren kann;
folglich gilt er nur alsdenn,
wenn das, was man in des andern
Nahmen thut, keinen Aufschub leidet,
so daß man seine ausdrückliche Ein-
willigung einholen könte, oder wenn
der andere, zu dessen Nutzen etwas
zu thun ist, Alters halber, oder wegen
schwacher Gemüthskräfte nicht ein-
willigen kann.

§. 689.
Ob Qva-
sicontra-
cte nach
dem Na-
turrechte
statt fin-
den.

Weil wir durch die Natur verbunden sind
zum Nutzen des andern zu thun, was in un-
serer Gewalt steht (§. 133. 134.), und den
andern dazu durch einen Contract vollkommen
verbindlich machen können (§. 667.), die Ein-
willigung des andern aber, welche zu dem Con-
tracte erfordert wird (§. 438.), vermuthet
werden kann (§. 686.); so findet ein
Qvasicontract auch nach dem Rechte
der Natur statt, und die vermuthete
Einwilligung würckt alsdenn eben
das, was die ausdrückliche würckt.

§. 690.
Von der
Anmas-
sung ei-
nes frem-
den Ge-
schäfts.

Die Anmaßung eines fremden Ge-
schäfts
(negotiorum gestio) ist ein Qvasi-
contract, wodurch man ein Geschäfte, ohne
dessen Einwilligung, dessen es ist, freywillig
unternimmt, mit dem Vorsatze, sich den an-
dern verbindlich zu machen. Die Anmas-
sung eines fremden Geschäfts ist
also

gleichsam

II. Theil 14. Hauptſtuͤck.
contract
zu ma-
chen.
Qvaſicontract nicht, wenn man des
andern ausdruͤckliche Meinung erfah-
ren kann;
folglich gilt er nur alsdenn,
wenn das, was man in des andern
Nahmen thut, keinen Aufſchub leidet,
ſo daß man ſeine ausdruͤckliche Ein-
willigung einholen koͤnte, oder wenn
der andere, zu deſſen Nutzen etwas
zu thun iſt, Alters halber, oder wegen
ſchwacher Gemuͤthskraͤfte nicht ein-
willigen kann.

§. 689.
Ob Qva-
ſicontra-
cte nach
dem Na-
turrechte
ſtatt fin-
den.

Weil wir durch die Natur verbunden ſind
zum Nutzen des andern zu thun, was in un-
ſerer Gewalt ſteht (§. 133. 134.), und den
andern dazu durch einen Contract vollkommen
verbindlich machen koͤnnen (§. 667.), die Ein-
willigung des andern aber, welche zu dem Con-
tracte erfordert wird (§. 438.), vermuthet
werden kann (§. 686.); ſo findet ein
Qvaſicontract auch nach dem Rechte
der Natur ſtatt, und die vermuthete
Einwilligung wuͤrckt alsdenn eben
das, was die ausdruͤckliche wuͤrckt.

§. 690.
Von der
Anmaſ-
ſung ei-
nes frem-
den Ge-
ſchaͤfts.

Die Anmaßung eines fremden Ge-
ſchaͤfts
(negotiorum geſtio) iſt ein Qvaſi-
contract, wodurch man ein Geſchaͤfte, ohne
deſſen Einwilligung, deſſen es iſt, freywillig
unternimmt, mit dem Vorſatze, ſich den an-
dern verbindlich zu machen. Die Anmaſ-
ſung eines fremden Geſchaͤfts iſt
alſo

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[472/0508] II. Theil 14. Hauptſtuͤck. Qvaſicontract nicht, wenn man des andern ausdruͤckliche Meinung erfah- ren kann; folglich gilt er nur alsdenn, wenn das, was man in des andern Nahmen thut, keinen Aufſchub leidet, ſo daß man ſeine ausdruͤckliche Ein- willigung einholen koͤnte, oder wenn der andere, zu deſſen Nutzen etwas zu thun iſt, Alters halber, oder wegen ſchwacher Gemuͤthskraͤfte nicht ein- willigen kann. contract zu ma- chen. §. 689. Weil wir durch die Natur verbunden ſind zum Nutzen des andern zu thun, was in un- ſerer Gewalt ſteht (§. 133. 134.), und den andern dazu durch einen Contract vollkommen verbindlich machen koͤnnen (§. 667.), die Ein- willigung des andern aber, welche zu dem Con- tracte erfordert wird (§. 438.), vermuthet werden kann (§. 686.); ſo findet ein Qvaſicontract auch nach dem Rechte der Natur ſtatt, und die vermuthete Einwilligung wuͤrckt alsdenn eben das, was die ausdruͤckliche wuͤrckt. §. 690. Die Anmaßung eines fremden Ge- ſchaͤfts (negotiorum geſtio) iſt ein Qvaſi- contract, wodurch man ein Geſchaͤfte, ohne deſſen Einwilligung, deſſen es iſt, freywillig unternimmt, mit dem Vorſatze, ſich den an- dern verbindlich zu machen. Die Anmaſ- ſung eines fremden Geſchaͤfts iſt alſo gleichſam

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Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 472. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/508>, abgerufen am 29.03.2024.