Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754.

Bild:
<< vorherige Seite

Von den Qvasicontracten.
cher etwas gegeben, den andern ent-
weder anhalten sein Versprechen zu er-
füllen, oder was er bekommen hat,
wieder zu geben.
Weil die Verbindlich-
keit entweder aus einer ausdrücklichen, oder
stillschweigenden Einwilligung entspringt; so
ist das Geben um einer Ursache willen,
kein Qvasicontract
(§. 686.). Aber die
Vorherbezahlung (praenumeratio) der
Miethe, oder
überhaupt die Vorherbe-
zahlung des Geldes für das, was ins-
künftige gegeben oder gethan werden
soll, ist ein Geben um einer gewissen
Ursache willen.

§. 695.

Das ohne Ursache Angenommne (sineVon
demjeni-
gen was
ohne Ur-
sache,
oder
gleichsam
ohne Ur-
sache an-
genom-
men
wird.

causa acceptum) nennt man, was mit Recht
nicht angenommen werden konnte. Z. E. wenn
etwas, das einer einen nicht schuldig ist, aus
Jrrthum zahlet: das gleichsam ohne Ur-
sach Angenommene
(quasi sine causa ac-
ceptum),
aber ist, was man mit Recht zwar
annehmen, aber nicht behalten konnte. Z. E.
wenn einer einem eine Handschrift in der
Hoffnung giebt, das Geld zu bekommen, wel-
ches man borgen will, solches aber nachher
nicht geschiehet. Man siehet leicht, daß das
ohne Ursache, oder gleichsam ohne Ur-
sache Angenommne wieder gegeben
werden muß
(§. 271.). Da man also, wenn
jemand unwissend etwas ohne Ursache
angenommen hat,
nicht anders vermuthen

darf,

Von den Qvaſicontracten.
cher etwas gegeben, den andern ent-
weder anhalten ſein Verſprechen zu er-
fuͤllen, oder was er bekommen hat,
wieder zu geben.
Weil die Verbindlich-
keit entweder aus einer ausdruͤcklichen, oder
ſtillſchweigenden Einwilligung entſpringt; ſo
iſt das Geben um einer Urſache willen,
kein Qvaſicontract
(§. 686.). Aber die
Vorherbezahlung (prænumeratio) der
Miethe, oder
uͤberhaupt die Vorherbe-
zahlung des Geldes fuͤr das, was ins-
kuͤnftige gegeben oder gethan werden
ſoll, iſt ein Geben um einer gewiſſen
Urſache willen.

§. 695.

Das ohne Urſache Angenommne (ſineVon
demjeni-
gen was
ohne Ur-
ſache,
oder
gleichſam
ohne Ur-
ſache an-
genom-
men
wird.

cauſa acceptum) nennt man, was mit Recht
nicht angenommen werden konnte. Z. E. wenn
etwas, das einer einen nicht ſchuldig iſt, aus
Jrrthum zahlet: das gleichſam ohne Ur-
ſach Angenommene
(quaſi ſine cauſa ac-
ceptum),
aber iſt, was man mit Recht zwar
annehmen, aber nicht behalten konnte. Z. E.
wenn einer einem eine Handſchrift in der
Hoffnung giebt, das Geld zu bekommen, wel-
ches man borgen will, ſolches aber nachher
nicht geſchiehet. Man ſiehet leicht, daß das
ohne Urſache, oder gleichſam ohne Ur-
ſache Angenommne wieder gegeben
werden muß
(§. 271.). Da man alſo, wenn
jemand unwiſſend etwas ohne Urſache
angenommen hat,
nicht anders vermuthen

darf,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0515" n="479"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Von den Qva&#x017F;icontracten.</hi></fw><lb/><hi rendition="#fr">cher etwas gegeben, den andern ent-<lb/>
weder anhalten &#x017F;ein Ver&#x017F;prechen zu er-<lb/>
fu&#x0364;llen, oder was er bekommen hat,<lb/>
wieder zu geben.</hi> Weil die Verbindlich-<lb/>
keit entweder aus einer ausdru&#x0364;cklichen, oder<lb/>
&#x017F;till&#x017F;chweigenden Einwilligung ent&#x017F;pringt; &#x017F;o<lb/><hi rendition="#fr">i&#x017F;t das Geben um einer Ur&#x017F;ache willen,<lb/>
kein Qva&#x017F;icontract</hi> (§. 686.). Aber die<lb/><hi rendition="#fr">Vorherbezahlung</hi> <hi rendition="#aq">(prænumeratio)</hi> <hi rendition="#fr">der<lb/>
Miethe, oder</hi> u&#x0364;berhaupt <hi rendition="#fr">die Vorherbe-<lb/>
zahlung des Geldes fu&#x0364;r das, was ins-<lb/>
ku&#x0364;nftige gegeben oder gethan werden<lb/>
&#x017F;oll, i&#x017F;t ein Geben um einer gewi&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Ur&#x017F;ache willen.</hi></p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 695.</head><lb/>
              <p><hi rendition="#fr">Das ohne Ur&#x017F;ache Angenommne</hi><hi rendition="#aq">(&#x017F;ine</hi><note place="right">Von<lb/>
demjeni-<lb/>
gen was<lb/>
ohne Ur-<lb/>
&#x017F;ache,<lb/>
oder<lb/>
gleich&#x017F;am<lb/>
ohne Ur-<lb/>
&#x017F;ache an-<lb/>
genom-<lb/>
men<lb/>
wird.</note><lb/><hi rendition="#aq">cau&#x017F;a acceptum)</hi> nennt man, was mit Recht<lb/>
nicht angenommen werden konnte. Z. E. wenn<lb/>
etwas, das einer einen nicht &#x017F;chuldig i&#x017F;t, aus<lb/>
Jrrthum zahlet: <hi rendition="#fr">das gleich&#x017F;am ohne Ur-<lb/>
&#x017F;ach Angenommene</hi> <hi rendition="#aq">(qua&#x017F;i &#x017F;ine cau&#x017F;a ac-<lb/>
ceptum),</hi> aber i&#x017F;t, was man mit Recht zwar<lb/>
annehmen, aber nicht behalten konnte. Z. E.<lb/>
wenn einer einem eine Hand&#x017F;chrift in der<lb/>
Hoffnung giebt, das Geld zu bekommen, wel-<lb/>
ches man borgen will, &#x017F;olches aber nachher<lb/>
nicht ge&#x017F;chiehet. Man &#x017F;iehet leicht, <hi rendition="#fr">daß das<lb/>
ohne Ur&#x017F;ache, oder gleich&#x017F;am ohne Ur-<lb/>
&#x017F;ache Angenommne wieder gegeben<lb/>
werden muß</hi> (§. 271.). Da man al&#x017F;o, <hi rendition="#fr">wenn<lb/>
jemand unwi&#x017F;&#x017F;end etwas ohne Ur&#x017F;ache<lb/>
angenommen hat,</hi> nicht anders vermuthen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">darf,</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[479/0515] Von den Qvaſicontracten. cher etwas gegeben, den andern ent- weder anhalten ſein Verſprechen zu er- fuͤllen, oder was er bekommen hat, wieder zu geben. Weil die Verbindlich- keit entweder aus einer ausdruͤcklichen, oder ſtillſchweigenden Einwilligung entſpringt; ſo iſt das Geben um einer Urſache willen, kein Qvaſicontract (§. 686.). Aber die Vorherbezahlung (prænumeratio) der Miethe, oder uͤberhaupt die Vorherbe- zahlung des Geldes fuͤr das, was ins- kuͤnftige gegeben oder gethan werden ſoll, iſt ein Geben um einer gewiſſen Urſache willen. §. 695. Das ohne Urſache Angenommne (ſine cauſa acceptum) nennt man, was mit Recht nicht angenommen werden konnte. Z. E. wenn etwas, das einer einen nicht ſchuldig iſt, aus Jrrthum zahlet: das gleichſam ohne Ur- ſach Angenommene (quaſi ſine cauſa ac- ceptum), aber iſt, was man mit Recht zwar annehmen, aber nicht behalten konnte. Z. E. wenn einer einem eine Handſchrift in der Hoffnung giebt, das Geld zu bekommen, wel- ches man borgen will, ſolches aber nachher nicht geſchiehet. Man ſiehet leicht, daß das ohne Urſache, oder gleichſam ohne Ur- ſache Angenommne wieder gegeben werden muß (§. 271.). Da man alſo, wenn jemand unwiſſend etwas ohne Urſache angenommen hat, nicht anders vermuthen darf, Von demjeni- gen was ohne Ur- ſache, oder gleichſam ohne Ur- ſache an- genom- men wird.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/515
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 479. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/515>, abgerufen am 18.04.2024.