Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754.

Bild:
<< vorherige Seite

II. Th. 18. H. Von der natürlichen Art
walt zum Duell zwingen, und nie-
mand den andern dazu herausfordern,
und wer herausgefordert wird, darf
nicht erscheinen.
Allein wenn jemand
den andern in der Absicht mit Gewalt
anfällt; so ist es kein Duell, wenn die-
ser sich wehret;
indem ein jeder von Na-
tur das Recht hat sich zu wehren (§. 90.).

§. 788.
Wer im
Kampfe
überwin-
det.

Man sagt, der überwinde im Kampfe,
welcher den andern dahin bringt, daß er auf-
hören muß: Hingegen der wird überwun-
den
(vincitur), welcher abzustehen genöthi-
get wird. Daher folgt, daß der über-
wunden sey, welcher getödtet wird,
welcher so verwundet wird, daß er
nicht länger aushalten kann, oder will,
wer in die Flucht gejagt wird, oder
auch hinlänglich anzeigt, daß er nicht
länger kämpfen wolle,
z. E. wer das
Gewehr wegwirft, oder mit ausdrück-
lichen Worten es saget.

§. 789.
Ob es er-
laubt
sey durch
ein
Duell
den
Streit
zu ent-
scheiden
und seine
Ehre zu

Weil man daraus, daß einer den an-
dern im Kämpfen überwunden hat, nicht
schliessen kann, daß er eine gerechte Sache
habe (§. 788.); so kann durch das Duell
keine streitige Sache entschieden wer-
den
(§. 765.). Gleichergestalt weil man
seine Ehre, oder guten Nahmen nicht anders
vertheidigen kann, als daß man zeigt, es sey
falsch was der andere unserm guten Nahmen

zuwi-

II. Th. 18. H. Von der natuͤrlichen Art
walt zum Duell zwingen, und nie-
mand den andern dazu herausfordern,
und wer herausgefordert wird, darf
nicht erſcheinen.
Allein wenn jemand
den andern in der Abſicht mit Gewalt
anfaͤllt; ſo iſt es kein Duell, wenn die-
ſer ſich wehret;
indem ein jeder von Na-
tur das Recht hat ſich zu wehren (§. 90.).

§. 788.
Wer im
Kampfe
uͤberwin-
det.

Man ſagt, der uͤberwinde im Kampfe,
welcher den andern dahin bringt, daß er auf-
hoͤren muß: Hingegen der wird uͤberwun-
den
(vincitur), welcher abzuſtehen genoͤthi-
get wird. Daher folgt, daß der uͤber-
wunden ſey, welcher getoͤdtet wird,
welcher ſo verwundet wird, daß er
nicht laͤnger aushalten kann, oder will,
wer in die Flucht gejagt wird, oder
auch hinlaͤnglich anzeigt, daß er nicht
laͤnger kaͤmpfen wolle,
z. E. wer das
Gewehr wegwirft, oder mit ausdruͤck-
lichen Worten es ſaget.

§. 789.
Ob es er-
laubt
ſey durch
ein
Duell
den
Streit
zu ent-
ſcheiden
und ſeine
Ehre zu

Weil man daraus, daß einer den an-
dern im Kaͤmpfen uͤberwunden hat, nicht
ſchlieſſen kann, daß er eine gerechte Sache
habe (§. 788.); ſo kann durch das Duell
keine ſtreitige Sache entſchieden wer-
den
(§. 765.). Gleichergeſtalt weil man
ſeine Ehre, oder guten Nahmen nicht anders
vertheidigen kann, als daß man zeigt, es ſey
falſch was der andere unſerm guten Nahmen

zuwi-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0618" n="582"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">II.</hi> Th. 18. H. Von der natu&#x0364;rlichen Art</hi></fw><lb/><hi rendition="#fr">walt zum Duell zwingen, und nie-<lb/>
mand den andern dazu herausfordern,<lb/>
und wer herausgefordert wird, darf<lb/>
nicht er&#x017F;cheinen.</hi> Allein <hi rendition="#fr">wenn jemand<lb/>
den andern in der Ab&#x017F;icht mit Gewalt<lb/>
anfa&#x0364;llt; &#x017F;o i&#x017F;t es kein Duell, wenn die-<lb/>
&#x017F;er &#x017F;ich wehret;</hi> indem ein jeder von Na-<lb/>
tur das Recht hat &#x017F;ich zu wehren (§. 90.).</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 788.</head><lb/>
              <note place="left">Wer im<lb/>
Kampfe<lb/>
u&#x0364;berwin-<lb/>
det.</note>
              <p>Man &#x017F;agt, der <hi rendition="#fr">u&#x0364;berwinde im Kampfe,</hi><lb/>
welcher den andern dahin bringt, daß er auf-<lb/>
ho&#x0364;ren muß: Hingegen <hi rendition="#fr">der wird u&#x0364;berwun-<lb/>
den</hi> <hi rendition="#aq">(vincitur),</hi> welcher abzu&#x017F;tehen geno&#x0364;thi-<lb/>
get wird. Daher folgt, <hi rendition="#fr">daß der u&#x0364;ber-<lb/>
wunden &#x017F;ey, welcher geto&#x0364;dtet wird,<lb/>
welcher &#x017F;o verwundet wird, daß er<lb/>
nicht la&#x0364;nger aushalten kann, oder will,<lb/>
wer in die Flucht gejagt wird, oder<lb/>
auch hinla&#x0364;nglich anzeigt, daß er nicht<lb/>
la&#x0364;nger ka&#x0364;mpfen wolle,</hi> z. E. <hi rendition="#fr">wer das<lb/>
Gewehr wegwirft, oder mit ausdru&#x0364;ck-<lb/>
lichen Worten es &#x017F;aget.</hi></p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 789.</head><lb/>
              <note place="left">Ob es er-<lb/>
laubt<lb/>
&#x017F;ey durch<lb/>
ein<lb/>
Duell<lb/>
den<lb/>
Streit<lb/>
zu ent-<lb/>
&#x017F;cheiden<lb/>
und &#x017F;eine<lb/>
Ehre zu</note>
              <p>Weil man daraus, daß einer den an-<lb/>
dern im Ka&#x0364;mpfen u&#x0364;berwunden hat, nicht<lb/>
&#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en kann, daß er eine gerechte Sache<lb/>
habe (§. 788.); <hi rendition="#fr">&#x017F;o kann durch das Duell<lb/>
keine &#x017F;treitige Sache ent&#x017F;chieden wer-<lb/>
den</hi> (§. 765.). Gleicherge&#x017F;talt weil man<lb/>
&#x017F;eine Ehre, oder guten Nahmen nicht anders<lb/>
vertheidigen kann, als daß man zeigt, es &#x017F;ey<lb/>
fal&#x017F;ch was der andere un&#x017F;erm guten Nahmen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">zuwi-</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[582/0618] II. Th. 18. H. Von der natuͤrlichen Art walt zum Duell zwingen, und nie- mand den andern dazu herausfordern, und wer herausgefordert wird, darf nicht erſcheinen. Allein wenn jemand den andern in der Abſicht mit Gewalt anfaͤllt; ſo iſt es kein Duell, wenn die- ſer ſich wehret; indem ein jeder von Na- tur das Recht hat ſich zu wehren (§. 90.). §. 788. Man ſagt, der uͤberwinde im Kampfe, welcher den andern dahin bringt, daß er auf- hoͤren muß: Hingegen der wird uͤberwun- den (vincitur), welcher abzuſtehen genoͤthi- get wird. Daher folgt, daß der uͤber- wunden ſey, welcher getoͤdtet wird, welcher ſo verwundet wird, daß er nicht laͤnger aushalten kann, oder will, wer in die Flucht gejagt wird, oder auch hinlaͤnglich anzeigt, daß er nicht laͤnger kaͤmpfen wolle, z. E. wer das Gewehr wegwirft, oder mit ausdruͤck- lichen Worten es ſaget. §. 789. Weil man daraus, daß einer den an- dern im Kaͤmpfen uͤberwunden hat, nicht ſchlieſſen kann, daß er eine gerechte Sache habe (§. 788.); ſo kann durch das Duell keine ſtreitige Sache entſchieden wer- den (§. 765.). Gleichergeſtalt weil man ſeine Ehre, oder guten Nahmen nicht anders vertheidigen kann, als daß man zeigt, es ſey falſch was der andere unſerm guten Nahmen zuwi-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/618
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 582. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/618>, abgerufen am 29.03.2024.