Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754.

Bild:
<< vorherige Seite

II. Theil 19. Hauptstück.
Sache, von welcher die Rede ist, eine Re-
densart sich auf mehreres, als sonst gewöhn-
lich, erstreckt.

§. 809.
Von der
Ausle-
gung in
einer en-
gern Be-
deutung.

Wenn etwas den einen Theil be-
schwert, oder mehr als den andern, so
sind,
indem sich nicht vermuthen läßt, daß
jemand sich zu viel beschweren will, die Wor-
te in einer engeren Bedeutung zu neh-
men, ja auch wohl in einem etwas
uneigentlichen Verstande, damit die
Beschwerde vermindert werde.
Also
nimmt man an, daß man die Hülfsvölcker,
die einem Mächtigern versprochen worden, auf
seine Unkosten zu unterhalten versprochen hat.
Da die Strafe, die dem Versprechen hinzu-
gefügt worden, eine Beschwerde ist (§. 409.
410.); so sind die Worte, welche die
Strafe enthalten, auch in einer en-
gern Bedeutung zu nehmen,
so daß
nämlich eine rechtmäßige Entschuldi-
gung zugelassen wird, welche von der
Strafe befreyet, und nicht ein jedes
Versehn zur Strafe zugerechnet wird.

Man sagt nämlich, das Wort wird in ei-
ner engeren Bedeutung
(significatu stri-
ctiori)
genommen, wenn es weniger be-
deutet, da es auch mehr bedeuten kann.

§. 810.
Allge-
meine
Regeln
der Aus-
legung.

Da man bey der Auslegung vorhat zu zei-
gen, was einer durch seine Worte hat wollen
zu verstehen geben (§. 794.); folglich, was

er,

II. Theil 19. Hauptſtuͤck.
Sache, von welcher die Rede iſt, eine Re-
densart ſich auf mehreres, als ſonſt gewoͤhn-
lich, erſtreckt.

§. 809.
Von der
Ausle-
gung in
einer en-
gern Be-
deutung.

Wenn etwas den einen Theil be-
ſchwert, oder mehr als den andern, ſo
ſind,
indem ſich nicht vermuthen laͤßt, daß
jemand ſich zu viel beſchweren will, die Wor-
te in einer engeren Bedeutung zu neh-
men, ja auch wohl in einem etwas
uneigentlichen Verſtande, damit die
Beſchwerde vermindert werde.
Alſo
nimmt man an, daß man die Huͤlfsvoͤlcker,
die einem Maͤchtigern verſprochen worden, auf
ſeine Unkoſten zu unterhalten verſprochen hat.
Da die Strafe, die dem Verſprechen hinzu-
gefuͤgt worden, eine Beſchwerde iſt (§. 409.
410.); ſo ſind die Worte, welche die
Strafe enthalten, auch in einer en-
gern Bedeutung zu nehmen,
ſo daß
naͤmlich eine rechtmaͤßige Entſchuldi-
gung zugelaſſen wird, welche von der
Strafe befreyet, und nicht ein jedes
Verſehn zur Strafe zugerechnet wird.

Man ſagt naͤmlich, das Wort wird in ei-
ner engeren Bedeutung
(ſignificatu ſtri-
ctiori)
genommen, wenn es weniger be-
deutet, da es auch mehr bedeuten kann.

§. 810.
Allge-
meine
Regeln
der Aus-
legung.

Da man bey der Auslegung vorhat zu zei-
gen, was einer durch ſeine Worte hat wollen
zu verſtehen geben (§. 794.); folglich, was

er,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0632" n="596"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">II.</hi><hi rendition="#b">Theil 19. Haupt&#x017F;tu&#x0364;ck.</hi></fw><lb/>
Sache, von welcher die Rede i&#x017F;t, eine Re-<lb/>
densart &#x017F;ich auf mehreres, als &#x017F;on&#x017F;t gewo&#x0364;hn-<lb/>
lich, er&#x017F;treckt.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 809.</head><lb/>
              <note place="left">Von der<lb/>
Ausle-<lb/>
gung in<lb/>
einer en-<lb/>
gern Be-<lb/>
deutung.</note>
              <p><hi rendition="#fr">Wenn etwas den einen Theil be-<lb/>
&#x017F;chwert, oder mehr als den andern, &#x017F;o<lb/>
&#x017F;ind,</hi> indem &#x017F;ich nicht vermuthen la&#x0364;ßt, daß<lb/>
jemand &#x017F;ich zu viel be&#x017F;chweren will, <hi rendition="#fr">die Wor-<lb/>
te in einer engeren Bedeutung zu neh-<lb/>
men, ja auch wohl in einem etwas<lb/>
uneigentlichen Ver&#x017F;tande, damit die<lb/>
Be&#x017F;chwerde vermindert werde.</hi> Al&#x017F;o<lb/>
nimmt man an, daß man die Hu&#x0364;lfsvo&#x0364;lcker,<lb/>
die einem Ma&#x0364;chtigern ver&#x017F;prochen worden, auf<lb/>
&#x017F;eine Unko&#x017F;ten zu unterhalten ver&#x017F;prochen hat.<lb/>
Da die Strafe, die dem Ver&#x017F;prechen hinzu-<lb/>
gefu&#x0364;gt worden, eine Be&#x017F;chwerde i&#x017F;t (§. 409.<lb/>
410.); &#x017F;o <hi rendition="#fr">&#x017F;ind die Worte, welche die<lb/>
Strafe enthalten, auch in einer en-<lb/>
gern Bedeutung zu nehmen,</hi> &#x017F;o <hi rendition="#fr">daß</hi><lb/>
na&#x0364;mlich <hi rendition="#fr">eine rechtma&#x0364;ßige Ent&#x017F;chuldi-<lb/>
gung zugela&#x017F;&#x017F;en wird, welche von der<lb/>
Strafe befreyet, und nicht ein jedes<lb/>
Ver&#x017F;ehn zur Strafe zugerechnet wird.</hi><lb/>
Man &#x017F;agt na&#x0364;mlich, <hi rendition="#fr">das Wort wird in ei-<lb/>
ner engeren Bedeutung</hi> <hi rendition="#aq">(&#x017F;ignificatu &#x017F;tri-<lb/>
ctiori)</hi> <hi rendition="#fr">genommen,</hi> wenn es weniger be-<lb/>
deutet, da es auch mehr bedeuten kann.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 810.</head><lb/>
              <note place="left">Allge-<lb/>
meine<lb/>
Regeln<lb/>
der Aus-<lb/>
legung.</note>
              <p>Da man bey der Auslegung vorhat zu zei-<lb/>
gen, was einer durch &#x017F;eine Worte hat wollen<lb/>
zu ver&#x017F;tehen geben (§. 794.); folglich, was<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">er,</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[596/0632] II. Theil 19. Hauptſtuͤck. Sache, von welcher die Rede iſt, eine Re- densart ſich auf mehreres, als ſonſt gewoͤhn- lich, erſtreckt. §. 809. Wenn etwas den einen Theil be- ſchwert, oder mehr als den andern, ſo ſind, indem ſich nicht vermuthen laͤßt, daß jemand ſich zu viel beſchweren will, die Wor- te in einer engeren Bedeutung zu neh- men, ja auch wohl in einem etwas uneigentlichen Verſtande, damit die Beſchwerde vermindert werde. Alſo nimmt man an, daß man die Huͤlfsvoͤlcker, die einem Maͤchtigern verſprochen worden, auf ſeine Unkoſten zu unterhalten verſprochen hat. Da die Strafe, die dem Verſprechen hinzu- gefuͤgt worden, eine Beſchwerde iſt (§. 409. 410.); ſo ſind die Worte, welche die Strafe enthalten, auch in einer en- gern Bedeutung zu nehmen, ſo daß naͤmlich eine rechtmaͤßige Entſchuldi- gung zugelaſſen wird, welche von der Strafe befreyet, und nicht ein jedes Verſehn zur Strafe zugerechnet wird. Man ſagt naͤmlich, das Wort wird in ei- ner engeren Bedeutung (ſignificatu ſtri- ctiori) genommen, wenn es weniger be- deutet, da es auch mehr bedeuten kann. §. 810. Da man bey der Auslegung vorhat zu zei- gen, was einer durch ſeine Worte hat wollen zu verſtehen geben (§. 794.); folglich, was er,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/632
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 596. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/632>, abgerufen am 28.03.2024.