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Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754.

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dem Rechte und Gesetze etc.
dürfnis an, daß niemand sich und seinenMen-
schen un-
ter ein-
ander ei-
ner gegen
den an-
dern ver-
bunden
ist.

Zustand allein vollkommen machen kann;
sondern ein jeder anderer Hülfe nöthig hat.
Da nun das Gesetz der Natur die Menschen
verbindet, sich und ihren Zustand vollkom-
mener zu machen, und die Unvollkommen-
heit abzuwenden (§. 43.); so verbindet
das Recht der Natur die Menschen,
1) sich und ihren Zustand mit verei-
nigten Kräften vollkommener zu ma-
chen; und ein jeder ist verbunden, zur
Vollkommenheit des andern so viel
beyzutragen, als er kann;
folglich so viel
ohne Schaden der Verbindlichkeit
gegen sich selbst
(§ 42.), in den Fäl-
len, in welchen einer des andern
Hülfe nöthig hat, geschehen kann;

weil es keinem frey stehet, daß er die Ver-
bindlichkeit, die er sich selbst schuldig ist, ver-
absäume (§. cit.): 2) auch alle Hand-
lungen zu unterlaßen, wodurch der
andere, oder sein Zustand unvollkom-
mener gemacht wird.

§. 45.

Weil ein jeder schuldig ist, seiner Verbind-Von
demjeni-
gen, was
nöthig
ist, damit
der Ver-
bindlich-
keit ein
Genüge
geschehe.

lichkeit ein Genüge zu leisten (§. 42.); so
stehet einem jeden frey, das zu thun,
ohne welchem er seiner Verbindlich-
keit kein Genüge leisten, oder diesel-
be nicht erfüllen kann.
Wie weit sich
diese Freyheit erstrecket, muß man aus der

Noth-

dem Rechte und Geſetze ꝛc.
duͤrfnis an, daß niemand ſich und ſeinenMen-
ſchen un-
ter ein-
ander ei-
ner gegen
den an-
dern ver-
bunden
iſt.

Zuſtand allein vollkommen machen kann;
ſondern ein jeder anderer Huͤlfe noͤthig hat.
Da nun das Geſetz der Natur die Menſchen
verbindet, ſich und ihren Zuſtand vollkom-
mener zu machen, und die Unvollkommen-
heit abzuwenden (§. 43.); ſo verbindet
das Recht der Natur die Menſchen,
1) ſich und ihren Zuſtand mit verei-
nigten Kraͤften vollkommener zu ma-
chen; und ein jeder iſt verbunden, zur
Vollkommenheit des andern ſo viel
beyzutragen, als er kann;
folglich ſo viel
ohne Schaden der Verbindlichkeit
gegen ſich ſelbſt
(§ 42.), in den Faͤl-
len, in welchen einer des andern
Huͤlfe noͤthig hat, geſchehen kann;

weil es keinem frey ſtehet, daß er die Ver-
bindlichkeit, die er ſich ſelbſt ſchuldig iſt, ver-
abſaͤume (§. cit.): 2) auch alle Hand-
lungen zu unterlaßen, wodurch der
andere, oder ſein Zuſtand unvollkom-
mener gemacht wird.

§. 45.

Weil ein jeder ſchuldig iſt, ſeiner Verbind-Von
demjeni-
gen, was
noͤthig
iſt, damit
der Ver-
bindlich-
keit ein
Genuͤge
geſchehe.

lichkeit ein Genuͤge zu leiſten (§. 42.); ſo
ſtehet einem jeden frey, das zu thun,
ohne welchem er ſeiner Verbindlich-
keit kein Genuͤge leiſten, oder dieſel-
be nicht erfuͤllen kann.
Wie weit ſich
dieſe Freyheit erſtrecket, muß man aus der

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[29/0065] dem Rechte und Geſetze ꝛc. duͤrfnis an, daß niemand ſich und ſeinen Zuſtand allein vollkommen machen kann; ſondern ein jeder anderer Huͤlfe noͤthig hat. Da nun das Geſetz der Natur die Menſchen verbindet, ſich und ihren Zuſtand vollkom- mener zu machen, und die Unvollkommen- heit abzuwenden (§. 43.); ſo verbindet das Recht der Natur die Menſchen, 1) ſich und ihren Zuſtand mit verei- nigten Kraͤften vollkommener zu ma- chen; und ein jeder iſt verbunden, zur Vollkommenheit des andern ſo viel beyzutragen, als er kann; folglich ſo viel ohne Schaden der Verbindlichkeit gegen ſich ſelbſt (§ 42.), in den Faͤl- len, in welchen einer des andern Huͤlfe noͤthig hat, geſchehen kann; weil es keinem frey ſtehet, daß er die Ver- bindlichkeit, die er ſich ſelbſt ſchuldig iſt, ver- abſaͤume (§. cit.): 2) auch alle Hand- lungen zu unterlaßen, wodurch der andere, oder ſein Zuſtand unvollkom- mener gemacht wird. Men- ſchen un- ter ein- ander ei- ner gegen den an- dern ver- bunden iſt. §. 45. Weil ein jeder ſchuldig iſt, ſeiner Verbind- lichkeit ein Genuͤge zu leiſten (§. 42.); ſo ſtehet einem jeden frey, das zu thun, ohne welchem er ſeiner Verbindlich- keit kein Genuͤge leiſten, oder dieſel- be nicht erfuͤllen kann. Wie weit ſich dieſe Freyheit erſtrecket, muß man aus der Noth- Von demjeni- gen, was noͤthig iſt, damit der Ver- bindlich- keit ein Genuͤge geſchehe.

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Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/65>, abgerufen am 25.04.2024.