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Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754.

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Von der Blutsverwandschaft.
Person auf eine gantz besondere Weise anzuse-
hen sind (§. 858.); so verhalten sich die Bluts-
freunde des einen Ehegatten zu den andern,
gleichsam wie zu den ersten. Da man dieses
Verhalten der Blutsfreunde des einen Ehe-
gatten zu dem andern die Schwägerschaft
(affinitas) nennet; so sind die Bluts-
freunde des einen Ehegatten Schwä-
ger
(affines) des andern in eben dem
Grade, in welchem sie diesem mit
Blutsfreundschaft verwandt sind.
Es
erhellet aber vor sich, daß die Schwäger-
schaften durch die Ehen, nicht aber
durch die Verlöbnisse gemacht werden

(§. 864.).

§. 885.

Da diejenigen, welche sich fleischlichVon de-
nen, die
gleichsam
als
Schwä-
ger an-
zusehen.

mit einander vermischen, einander den Ge-
brauch ihres Leibes wie die Eheleute verstatten
(§. 858.); so sind diejenigen, welche ihre Ehe durch
fleifchliche Vermischung vollziehen, gleichsam
als Eheleute anzusehen;
folglich sind die
Blutsfreunde einer Person, die sich
mit der andern fleischlich vermischt,
gleichsam als ihre Schwäger
(quasi af-
fines)
anzusehen. Daher folgt, daß der-
jenige, welcher eine Jungfrau schwän-
gert, oder verborene Liebe mit ihr
pfleget, mit ihrer Schwester gleichsam
verschwägert wird, und die zu Falle
gebrachte Jungfrau mit seinem Bru-

der.
S s 4

Von der Blutsverwandſchaft.
Perſon auf eine gantz beſondere Weiſe anzuſe-
hen ſind (§. 858.); ſo verhalten ſich die Bluts-
freunde des einen Ehegatten zu den andern,
gleichſam wie zu den erſten. Da man dieſes
Verhalten der Blutsfreunde des einen Ehe-
gatten zu dem andern die Schwaͤgerſchaft
(affinitas) nennet; ſo ſind die Bluts-
freunde des einen Ehegatten Schwaͤ-
ger
(affines) des andern in eben dem
Grade, in welchem ſie dieſem mit
Blutsfreundſchaft verwandt ſind.
Es
erhellet aber vor ſich, daß die Schwaͤger-
ſchaften durch die Ehen, nicht aber
durch die Verloͤbniſſe gemacht werden

(§. 864.).

§. 885.

Da diejenigen, welche ſich fleiſchlichVon de-
nen, die
gleichſam
als
Schwaͤ-
ger an-
zuſehen.

mit einander vermiſchen, einander den Ge-
brauch ihres Leibes wie die Eheleute verſtatten
(§. 858.); ſo ſind diejenigen, welche ihre Ehe durch
fleifchliche Vermiſchung vollziehen, gleichſam
als Eheleute anzuſehen;
folglich ſind die
Blutsfreunde einer Perſon, die ſich
mit der andern fleiſchlich vermiſcht,
gleichſam als ihre Schwaͤger
(quaſi af-
fines)
anzuſehen. Daher folgt, daß der-
jenige, welcher eine Jungfrau ſchwaͤn-
gert, oder verborene Liebe mit ihr
pfleget, mit ihrer Schweſter gleichſam
verſchwaͤgert wird, und die zu Falle
gebrachte Jungfrau mit ſeinem Bru-

der.
S s 4
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[647/0683] Von der Blutsverwandſchaft. Perſon auf eine gantz beſondere Weiſe anzuſe- hen ſind (§. 858.); ſo verhalten ſich die Bluts- freunde des einen Ehegatten zu den andern, gleichſam wie zu den erſten. Da man dieſes Verhalten der Blutsfreunde des einen Ehe- gatten zu dem andern die Schwaͤgerſchaft (affinitas) nennet; ſo ſind die Bluts- freunde des einen Ehegatten Schwaͤ- ger (affines) des andern in eben dem Grade, in welchem ſie dieſem mit Blutsfreundſchaft verwandt ſind. Es erhellet aber vor ſich, daß die Schwaͤger- ſchaften durch die Ehen, nicht aber durch die Verloͤbniſſe gemacht werden (§. 864.). §. 885. Da diejenigen, welche ſich fleiſchlich mit einander vermiſchen, einander den Ge- brauch ihres Leibes wie die Eheleute verſtatten (§. 858.); ſo ſind diejenigen, welche ihre Ehe durch fleifchliche Vermiſchung vollziehen, gleichſam als Eheleute anzuſehen; folglich ſind die Blutsfreunde einer Perſon, die ſich mit der andern fleiſchlich vermiſcht, gleichſam als ihre Schwaͤger (quaſi af- fines) anzuſehen. Daher folgt, daß der- jenige, welcher eine Jungfrau ſchwaͤn- gert, oder verborene Liebe mit ihr pfleget, mit ihrer Schweſter gleichſam verſchwaͤgert wird, und die zu Falle gebrachte Jungfrau mit ſeinem Bru- der. Von de- nen, die gleichſam als Schwaͤ- ger an- zuſehen. S s 4

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Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 647. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/683>, abgerufen am 29.03.2024.