Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754.

Bild:
<< vorherige Seite

Von der väterlichen Gesellschaft.
nicht selbst dieses zu thun vermögend sind (§.der El-
tern be-
ständig
einerley
verbleibe.

887.), nach und nach aber lernen, was sie
zu thun und zu laßen haben; so erhält die
väterliche Gewalt mit dem zunehmen-
den Alter nach und nach engere Schran-
cken (§. 888.); und dieses gilt auch
von der Vormundschaft
(899.). Weil
aber die Auferziehung nicht eher vollendet ist,
als bis die Kinder vor sich erwerben können,
was sie zur Nothdurft und Beqvemlichkeit des
Lebens brauchen (§. 855.); so sind sie, so
lange als sie in des Vaters Hause leben, weil
sie sich selbst noch nicht mit Nahrung und Klei-
dung, und was sie sonst brauchen, versorgen
können, dem Willen der Eltern in den
Dingen, die das Hauswesen angehen,
unterworfen.

§. 911.

Da den Eltern keine väterliche Gewalt zu-Von der
Dauer
der vä-
terlichen
Gewalt
und der
Pflichten
der Kin-
der.

kommt, als diejenige, welche aus der Ver-
bindlichkeit die Kinder zu erziehen entspringet
(§ 888.); so wird nach geendeter Er-
ziehung die väterliche Gewalt aufgeho-
ben, und die Kinder werden ihre eige-
ne Herren
(fiunt sui jnris); folglich wird
auch die Vormundschaft geendet.
Weil
aber sowohl die Pflichten der Eltern gegen
die Kinder, als auch der Kinder gegen die El-
tern durchs Gesetze der Natur vorgeschrieben
werden, vermöge dessen, was vorhin erwiesen
worden; folglich die Verbindlichkeit dazu
schlechterdinges unveränderlich ist (§. 38.); so

dauern
T t 3

Von der vaͤterlichen Geſellſchaft.
nicht ſelbſt dieſes zu thun vermoͤgend ſind (§.der El-
tern be-
ſtaͤndig
einerley
veꝛbleibe.

887.), nach und nach aber lernen, was ſie
zu thun und zu laßen haben; ſo erhaͤlt die
vaͤterliche Gewalt mit dem zunehmen-
den Alter nach und nach engere Schran-
cken (§. 888.); und dieſes gilt auch
von der Vormundſchaft
(899.). Weil
aber die Auferziehung nicht eher vollendet iſt,
als bis die Kinder vor ſich erwerben koͤnnen,
was ſie zur Nothdurft und Beqvemlichkeit des
Lebens brauchen (§. 855.); ſo ſind ſie, ſo
lange als ſie in des Vaters Hauſe leben, weil
ſie ſich ſelbſt noch nicht mit Nahrung und Klei-
dung, und was ſie ſonſt brauchen, verſorgen
koͤnnen, dem Willen der Eltern in den
Dingen, die das Hausweſen angehen,
unterworfen.

§. 911.

Da den Eltern keine vaͤterliche Gewalt zu-Von der
Dauer
der vaͤ-
terlichen
Gewalt
und der
Pflichten
der Kin-
der.

kommt, als diejenige, welche aus der Ver-
bindlichkeit die Kinder zu erziehen entſpringet
(§ 888.); ſo wird nach geendeter Er-
ziehung die vaͤterliche Gewalt aufgeho-
ben, und die Kinder werden ihre eige-
ne Herren
(fiunt ſui jnris); folglich wird
auch die Vormundſchaft geendet.
Weil
aber ſowohl die Pflichten der Eltern gegen
die Kinder, als auch der Kinder gegen die El-
tern durchs Geſetze der Natur vorgeſchrieben
werden, vermoͤge deſſen, was vorhin erwieſen
worden; folglich die Verbindlichkeit dazu
ſchlechterdinges unveraͤnderlich iſt (§. 38.); ſo

dauern
T t 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0697" n="661"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Von der va&#x0364;terlichen Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft.</hi></fw><lb/>
nicht &#x017F;elb&#x017F;t die&#x017F;es zu thun vermo&#x0364;gend &#x017F;ind (§.<note place="right">der El-<lb/>
tern be-<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;ndig<lb/>
einerley<lb/>
ve&#xA75B;bleibe.</note><lb/>
887.), nach und nach aber lernen, was &#x017F;ie<lb/>
zu thun und zu laßen haben; &#x017F;o <hi rendition="#fr">erha&#x0364;lt die<lb/>
va&#x0364;terliche Gewalt mit dem zunehmen-<lb/>
den Alter nach und nach engere Schran-<lb/>
cken (§. 888.); und die&#x017F;es gilt auch<lb/>
von der Vormund&#x017F;chaft</hi> (899.). Weil<lb/>
aber die Auferziehung nicht eher vollendet i&#x017F;t,<lb/>
als bis die Kinder vor &#x017F;ich erwerben ko&#x0364;nnen,<lb/>
was &#x017F;ie zur Nothdurft und Beqvemlichkeit des<lb/>
Lebens brauchen (§. 855.); <hi rendition="#fr">&#x017F;o &#x017F;ind &#x017F;ie,</hi> &#x017F;o<lb/>
lange als &#x017F;ie in des Vaters Hau&#x017F;e leben, weil<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t noch nicht mit Nahrung und Klei-<lb/>
dung, und was &#x017F;ie &#x017F;on&#x017F;t brauchen, ver&#x017F;orgen<lb/>
ko&#x0364;nnen, <hi rendition="#fr">dem Willen der Eltern in den<lb/>
Dingen, die das Hauswe&#x017F;en angehen,<lb/>
unterworfen.</hi></p>
              </div><lb/>
              <div n="5">
                <head>§. 911.</head><lb/>
                <p>Da den Eltern keine va&#x0364;terliche Gewalt zu-<note place="right">Von der<lb/>
Dauer<lb/>
der va&#x0364;-<lb/>
terlichen<lb/>
Gewalt<lb/>
und der<lb/>
Pflichten<lb/>
der Kin-<lb/>
der.</note><lb/>
kommt, als diejenige, welche aus der Ver-<lb/>
bindlichkeit die Kinder zu erziehen ent&#x017F;pringet<lb/>
(§ 888.); <hi rendition="#fr">&#x017F;o wird nach geendeter Er-<lb/>
ziehung die va&#x0364;terliche Gewalt aufgeho-<lb/>
ben, und die Kinder werden ihre eige-<lb/>
ne Herren</hi> <hi rendition="#aq">(fiunt &#x017F;ui jnris);</hi> folglich <hi rendition="#fr">wird<lb/>
auch die Vormund&#x017F;chaft geendet.</hi> Weil<lb/>
aber &#x017F;owohl die Pflichten der Eltern gegen<lb/>
die Kinder, als auch der Kinder gegen die El-<lb/>
tern durchs Ge&#x017F;etze der Natur vorge&#x017F;chrieben<lb/>
werden, vermo&#x0364;ge de&#x017F;&#x017F;en, was vorhin erwie&#x017F;en<lb/>
worden; folglich die Verbindlichkeit dazu<lb/>
&#x017F;chlechterdinges unvera&#x0364;nderlich i&#x017F;t (§. 38.); <hi rendition="#fr">&#x017F;o</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="sig">T t 3</fw><fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">dauern</hi></fw><lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[661/0697] Von der vaͤterlichen Geſellſchaft. nicht ſelbſt dieſes zu thun vermoͤgend ſind (§. 887.), nach und nach aber lernen, was ſie zu thun und zu laßen haben; ſo erhaͤlt die vaͤterliche Gewalt mit dem zunehmen- den Alter nach und nach engere Schran- cken (§. 888.); und dieſes gilt auch von der Vormundſchaft (899.). Weil aber die Auferziehung nicht eher vollendet iſt, als bis die Kinder vor ſich erwerben koͤnnen, was ſie zur Nothdurft und Beqvemlichkeit des Lebens brauchen (§. 855.); ſo ſind ſie, ſo lange als ſie in des Vaters Hauſe leben, weil ſie ſich ſelbſt noch nicht mit Nahrung und Klei- dung, und was ſie ſonſt brauchen, verſorgen koͤnnen, dem Willen der Eltern in den Dingen, die das Hausweſen angehen, unterworfen. der El- tern be- ſtaͤndig einerley veꝛbleibe. §. 911. Da den Eltern keine vaͤterliche Gewalt zu- kommt, als diejenige, welche aus der Ver- bindlichkeit die Kinder zu erziehen entſpringet (§ 888.); ſo wird nach geendeter Er- ziehung die vaͤterliche Gewalt aufgeho- ben, und die Kinder werden ihre eige- ne Herren (fiunt ſui jnris); folglich wird auch die Vormundſchaft geendet. Weil aber ſowohl die Pflichten der Eltern gegen die Kinder, als auch der Kinder gegen die El- tern durchs Geſetze der Natur vorgeſchrieben werden, vermoͤge deſſen, was vorhin erwieſen worden; folglich die Verbindlichkeit dazu ſchlechterdinges unveraͤnderlich iſt (§. 38.); ſo dauern Von der Dauer der vaͤ- terlichen Gewalt und der Pflichten der Kin- der. T t 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/697
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 661. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/697>, abgerufen am 18.04.2024.