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Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754.

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I. Th. 2. H. Von der Verbindlichkeit,
keit der
Hand-
lung er-
fordert
wird.
ten keiner Kraft, etwas fehlen darf (§. 52.);
so wird zu einer richtigen Handlung
erfordert von Seiten des Verstandes 1)
ein hinlänglich bestimmter Begriff der
Handlung, und ein wahres Urtheil
von ihrer Güte oder Schädlichkeit,
oder von dem Rechte das uns zukömt;
2) von Seiten des Willens und Nicht-
wollens
daß der Wille bestimmet wird,
durch die innre Güte, oder das Recht
das uns zukömt, das Nichtwollen
aber
durch das innere Uebel, oder durch den
Mangel des Rechts;
3) endlich von Sei-
ten der bewegenden Kraft eine Bewe-
gung der Theile des Körpers, die mit den
inneren Handlungen übereinstimmet
(§.
16. 14. 43. 46.). Dieses erstreckt sich weiter, als
es dem ersten Ansehen nach scheinet, weil die Rich-
tigkeit auf alle Arten der Handlungen, sie mö-
gen beschaffen seyn, wie sie wollen, sich erstreckt.

§. 54.
Das
wohlan-
ständige
und un-
anständi-
ge.

Man sagt dasjenige stehe einen wohl
an
(hominem decet), welches einigen Grund
in denen Eigenschafften hat, die in demselben
befindlich sind, oder von welchem man sich
vorstellet, daß sie sich in ihm, oder in seinem
Zustand befinden, warum er so vielmehr, als
anders handeln muß. Das aber ist unan-
ständig
(dedecet), was mit einer von denen
Eigenschafften, die in ihm sind, oder von welchen
man sich vorstellet, daß sie sich in ihm befinden,
oder mit seinem Zustande nicht übereinstimmt,
oder demselben wiederspricht. Dasjenige, was

dem

I. Th. 2. H. Von der Verbindlichkeit,
keit der
Hand-
lung er-
fordert
wird.
ten keiner Kraft, etwas fehlen darf (§. 52.);
ſo wird zu einer richtigen Handlung
erfordert von Seiten des Verſtandes 1)
ein hinlaͤnglich beſtimmter Begriff der
Handlung, und ein wahres Urtheil
von ihrer Guͤte oder Schaͤdlichkeit,
oder von dem Rechte das uns zukoͤmt;
2) von Seiten des Willens und Nicht-
wollens
daß der Wille beſtimmet wird,
durch die innre Guͤte, oder das Recht
das uns zukoͤmt, das Nichtwollen
aber
durch das innere Uebel, oder durch den
Mangel des Rechts;
3) endlich von Sei-
ten der bewegenden Kraft eine Bewe-
gung der Theile des Koͤrpers, die mit den
inneren Handlungen uͤbereinſtimmet
(§.
16. 14. 43. 46.). Dieſes erſtreckt ſich weiter, als
es dem erſten Anſehen nach ſcheinet, weil die Rich-
tigkeit auf alle Arten der Handlungen, ſie moͤ-
gen beſchaffen ſeyn, wie ſie wollen, ſich erſtreckt.

§. 54.
Das
wohlan-
ſtaͤndige
und un-
anſtaͤndi-
ge.

Man ſagt dasjenige ſtehe einen wohl
an
(hominem decet), welches einigen Grund
in denen Eigenſchafften hat, die in demſelben
befindlich ſind, oder von welchem man ſich
vorſtellet, daß ſie ſich in ihm, oder in ſeinem
Zuſtand befinden, warum er ſo vielmehr, als
anders handeln muß. Das aber iſt unan-
ſtaͤndig
(dedecet), was mit einer von denen
Eigenſchafften, die in ihm ſind, oder von welchen
man ſich vorſtellet, daß ſie ſich in ihm befinden,
oder mit ſeinem Zuſtande nicht uͤbereinſtimmt,
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[34/0070] I. Th. 2. H. Von der Verbindlichkeit, ten keiner Kraft, etwas fehlen darf (§. 52.); ſo wird zu einer richtigen Handlung erfordert von Seiten des Verſtandes 1) ein hinlaͤnglich beſtimmter Begriff der Handlung, und ein wahres Urtheil von ihrer Guͤte oder Schaͤdlichkeit, oder von dem Rechte das uns zukoͤmt; 2) von Seiten des Willens und Nicht- wollens daß der Wille beſtimmet wird, durch die innre Guͤte, oder das Recht das uns zukoͤmt, das Nichtwollen aber durch das innere Uebel, oder durch den Mangel des Rechts; 3) endlich von Sei- ten der bewegenden Kraft eine Bewe- gung der Theile des Koͤrpers, die mit den inneren Handlungen uͤbereinſtimmet (§. 16. 14. 43. 46.). Dieſes erſtreckt ſich weiter, als es dem erſten Anſehen nach ſcheinet, weil die Rich- tigkeit auf alle Arten der Handlungen, ſie moͤ- gen beſchaffen ſeyn, wie ſie wollen, ſich erſtreckt. keit der Hand- lung er- fordert wird. §. 54. Man ſagt dasjenige ſtehe einen wohl an (hominem decet), welches einigen Grund in denen Eigenſchafften hat, die in demſelben befindlich ſind, oder von welchem man ſich vorſtellet, daß ſie ſich in ihm, oder in ſeinem Zuſtand befinden, warum er ſo vielmehr, als anders handeln muß. Das aber iſt unan- ſtaͤndig (dedecet), was mit einer von denen Eigenſchafften, die in ihm ſind, oder von welchen man ſich vorſtellet, daß ſie ſich in ihm befinden, oder mit ſeinem Zuſtande nicht uͤbereinſtimmt, oder demſelben wiederſpricht. Dasjenige, was dem

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Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/70>, abgerufen am 16.04.2024.