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Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754.

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der bürgerlichen Gesetze.
nem gebietenden, oder verbietenden
entgegen stehet; so wird das nur ge-
duldet, entweder daß man es unge-
straft hingehen läßt, oder daß man ei-
nem die richterliche Hülfe deshalb ver-
sagt, um ein grösseres Uebel oder Scha-
den zu vermeiden, oder weil es einer
andern Ursache halber nöthig ist, daß
dies geschehe (§. 976.). Wenn
nämlich
durch ein bürgerliches Gesetz etwas
zugelassen wird, das einem natürlichen
gebietenden oder verbietenden Gesetze
zuwider läuft, so wird die natürliche
Freyheit nicht mehr eingeschränckt, als
es der Endzweck des Staats erheischt

(§. 78. 980.). Jeden noch aber weil der Ober-
herr durch seine Zulassung allerdings zu ver-
stehen giebt, daß ein anderer den, der da han-
deln will, nicht mit Gewalt hindern soll, daß
er nicht handeln könte; so folget, wenn
durch ein bürgerliches Gesetz etwas
zugelassen wird, so verbindet dieses
Zulassungsgesetz die übrigen, daß sie
den, der dergleichen thut, nicht hin-
dern sollen, das zu thun, was zuge-
lassen ist, und daher erlanget derjeni-
ge, welcher eine solche Handlung
thut, ein Recht es nicht zu leiden, daß
man ihn mit Gewalt hindere
(§. 46.).

§. 1070.

Wenn die natürliche Verbindlichkeit nichtVon den
bürgerli-
chen Ge-

kräftig genug ist die Beobachtung der natür-

lichen

der buͤrgerlichen Geſetze.
nem gebietenden, oder verbietenden
entgegen ſtehet; ſo wird das nur ge-
duldet, entweder daß man es unge-
ſtraft hingehen laͤßt, oder daß man ei-
nem die richterliche Huͤlfe deshalb ver-
ſagt, um ein groͤſſeres Uebel oder Scha-
den zu vermeiden, oder weil es einer
andern Urſache halber noͤthig iſt, daß
dies geſchehe (§. 976.). Wenn
naͤmlich
durch ein buͤrgerliches Geſetz etwas
zugelaſſen wird, das einem natuͤrlichen
gebietenden oder verbietenden Geſetze
zuwider laͤuft, ſo wird die natuͤrliche
Freyheit nicht mehr eingeſchraͤnckt, als
es der Endzweck des Staats erheiſcht

(§. 78. 980.). Jeden noch aber weil der Ober-
herr durch ſeine Zulaſſung allerdings zu ver-
ſtehen giebt, daß ein anderer den, der da han-
deln will, nicht mit Gewalt hindern ſoll, daß
er nicht handeln koͤnte; ſo folget, wenn
durch ein buͤrgerliches Geſetz etwas
zugelaſſen wird, ſo verbindet dieſes
Zulaſſungsgeſetz die uͤbrigen, daß ſie
den, der dergleichen thut, nicht hin-
dern ſollen, das zu thun, was zuge-
laſſen iſt, und daher erlanget derjeni-
ge, welcher eine ſolche Handlung
thut, ein Recht es nicht zu leiden, daß
man ihn mit Gewalt hindere
(§. 46.).

§. 1070.

Wenn die natuͤrliche Verbindlichkeit nichtVon den
buͤrgerli-
chen Ge-

kraͤftig genug iſt die Beobachtung der natuͤr-

lichen
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[779/0815] der buͤrgerlichen Geſetze. nem gebietenden, oder verbietenden entgegen ſtehet; ſo wird das nur ge- duldet, entweder daß man es unge- ſtraft hingehen laͤßt, oder daß man ei- nem die richterliche Huͤlfe deshalb ver- ſagt, um ein groͤſſeres Uebel oder Scha- den zu vermeiden, oder weil es einer andern Urſache halber noͤthig iſt, daß dies geſchehe (§. 976.). Wenn naͤmlich durch ein buͤrgerliches Geſetz etwas zugelaſſen wird, das einem natuͤrlichen gebietenden oder verbietenden Geſetze zuwider laͤuft, ſo wird die natuͤrliche Freyheit nicht mehr eingeſchraͤnckt, als es der Endzweck des Staats erheiſcht (§. 78. 980.). Jeden noch aber weil der Ober- herr durch ſeine Zulaſſung allerdings zu ver- ſtehen giebt, daß ein anderer den, der da han- deln will, nicht mit Gewalt hindern ſoll, daß er nicht handeln koͤnte; ſo folget, wenn durch ein buͤrgerliches Geſetz etwas zugelaſſen wird, ſo verbindet dieſes Zulaſſungsgeſetz die uͤbrigen, daß ſie den, der dergleichen thut, nicht hin- dern ſollen, das zu thun, was zuge- laſſen iſt, und daher erlanget derjeni- ge, welcher eine ſolche Handlung thut, ein Recht es nicht zu leiden, daß man ihn mit Gewalt hindere (§. 46.). §. 1070. Wenn die natuͤrliche Verbindlichkeit nicht kraͤftig genug iſt die Beobachtung der natuͤr- lichen Von den buͤrgerli- chen Ge-

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Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 779. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/815>, abgerufen am 28.03.2024.