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Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754.

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des Oberherrn und der Unterthanen.
§. 1085.

Der Regent in einem Staat ist de-Von den
schuldi-
gen Lie-
bespflich-
ten des
Regenten
in einem
Staat
gegen die
Unter-
thanen,
und der
Unter-
thanen
gegen den
Regen-
ten.

nen Unterthanen, und die Unterthanen
dem Regenten zu allen Pflichten, wel-
che ein Mensch dem andern zu leisten
schuldig ist, verbunden.
Denn die na-
türliche Verbindlichkeit ist unveränderlich (§.
38.), und kann sich kein Mensch davon los
machen (§. 42.). Derowegen da ein Staats-
regente nicht aufhöret ein Mensch zu seyn,
wenn er der Regent ist, und die Unterthanen
deshalb nicht aufhören Menschen zu seyn, weil
sie Unterthanen sind; so bestehet zwischen
dem Regenten des Staats und den Unter-
thanen die Verbindlichkeit in Absicht auf alle
Liebespflichten, und folglich müssen der
Regent und die Unterthanen sich unter
einander lieben
(§. 136.). Ja diese Ver-
bindlichkeit liegt in dem Vertrage, wodurch
der Staat errichtet (§. 972.), wie auch in
dem Vertrage, nach welchem die Herrschaft
dem Regenten des Staats überlassen worden
ist (§. 982.).

§. 1086.

Dieweil derjenige, welcher sich in ei-Von de-
nen, die
sich in ei-
nen
Staat
begeben.

nen Staat begiebt, wo nicht mit deutli-
chen Worten, doch stillschweigend den Ver-
trag, nach welchem ein Staat errichtet, und
die Herrschaft auf einen Regenten des Staats
gebracht worden, vor genehm hält; so ist er
zu der Beobachtung der Gesetze des
Staats verbunden
(§. 978. 1068.). Es

kommt
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des Oberherrn und der Unterthanen.
§. 1085.

Der Regent in einem Staat iſt de-Von den
ſchuldi-
gen Lie-
bespflich-
ten des
Regenten
in einem
Staat
gegen die
Unter-
thanen,
und der
Unter-
thanen
gegen den
Regen-
ten.

nen Unterthanen, und die Unterthanen
dem Regenten zu allen Pflichten, wel-
che ein Menſch dem andern zu leiſten
ſchuldig iſt, verbunden.
Denn die na-
tuͤrliche Verbindlichkeit iſt unveraͤnderlich (§.
38.), und kann ſich kein Menſch davon los
machen (§. 42.). Derowegen da ein Staats-
regente nicht aufhoͤret ein Menſch zu ſeyn,
wenn er der Regent iſt, und die Unterthanen
deshalb nicht aufhoͤren Menſchen zu ſeyn, weil
ſie Unterthanen ſind; ſo beſtehet zwiſchen
dem Regenten des Staats und den Unter-
thanen die Verbindlichkeit in Abſicht auf alle
Liebespflichten, und folglich muͤſſen der
Regent und die Unterthanen ſich unter
einander lieben
(§. 136.). Ja dieſe Ver-
bindlichkeit liegt in dem Vertrage, wodurch
der Staat errichtet (§. 972.), wie auch in
dem Vertrage, nach welchem die Herrſchaft
dem Regenten des Staats uͤberlaſſen worden
iſt (§. 982.).

§. 1086.

Dieweil derjenige, welcher ſich in ei-Von de-
nen, die
ſich in ei-
nen
Staat
begeben.

nen Staat begiebt, wo nicht mit deutli-
chen Worten, doch ſtillſchweigend den Ver-
trag, nach welchem ein Staat errichtet, und
die Herrſchaft auf einen Regenten des Staats
gebracht worden, vor genehm haͤlt; ſo iſt er
zu der Beobachtung der Geſetze des
Staats verbunden
(§. 978. 1068.). Es

kommt
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[793/0829] des Oberherrn und der Unterthanen. §. 1085. Der Regent in einem Staat iſt de- nen Unterthanen, und die Unterthanen dem Regenten zu allen Pflichten, wel- che ein Menſch dem andern zu leiſten ſchuldig iſt, verbunden. Denn die na- tuͤrliche Verbindlichkeit iſt unveraͤnderlich (§. 38.), und kann ſich kein Menſch davon los machen (§. 42.). Derowegen da ein Staats- regente nicht aufhoͤret ein Menſch zu ſeyn, wenn er der Regent iſt, und die Unterthanen deshalb nicht aufhoͤren Menſchen zu ſeyn, weil ſie Unterthanen ſind; ſo beſtehet zwiſchen dem Regenten des Staats und den Unter- thanen die Verbindlichkeit in Abſicht auf alle Liebespflichten, und folglich muͤſſen der Regent und die Unterthanen ſich unter einander lieben (§. 136.). Ja dieſe Ver- bindlichkeit liegt in dem Vertrage, wodurch der Staat errichtet (§. 972.), wie auch in dem Vertrage, nach welchem die Herrſchaft dem Regenten des Staats uͤberlaſſen worden iſt (§. 982.). Von den ſchuldi- gen Lie- bespflich- ten des Regenten in einem Staat gegen die Unter- thanen, und der Unter- thanen gegen den Regen- ten. §. 1086. Dieweil derjenige, welcher ſich in ei- nen Staat begiebt, wo nicht mit deutli- chen Worten, doch ſtillſchweigend den Ver- trag, nach welchem ein Staat errichtet, und die Herrſchaft auf einen Regenten des Staats gebracht worden, vor genehm haͤlt; ſo iſt er zu der Beobachtung der Geſetze des Staats verbunden (§. 978. 1068.). Es kommt Von de- nen, die ſich in ei- nen Staat begeben. D d d 5

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Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 793. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/829>, abgerufen am 29.03.2024.