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Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754.

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Vom Eigenthum eines Volckes.
sie haben will, sein Eigenthum erweisen muß
(§. 262.), als welches nicht geschehen kann,
wenn der Besitz von undencklichen Zei-
ten her gewesen ist
(possessio immemo-
rialis),
dessen Anfang sich nämlich niemand
erinnern kann; so ist unter den Völckern
eine Verjährung von undencklichen
Zeiten her zu gestatten.
Unterdessen weil
die Völcker über Dinge, die zum gemeinen
Nutzen gehören, unter einander Verträge er-
richten können (§. 1091.); so wird die Ver-
jährung, wenn benachbarte Völcker
sich desfalls unter einander vereinigt
haben, auf die Art gelten, wie es ver-
glichen worden.
Und daß dies geschehen
mögte, erfordert der Endzweck des grössesten
Staats gar sehr.

Das fünfte Hauptstück.

Von den Bündnissen und Zusa-
gen ohne Vollmacht.

§. 1140.

Die höchsten Gewaltigen (potesta-Welche
man Ge-
waltige
nennet.

tes summae) werden diejenigen Per-
sonen genennet, welche in einem
Staat die höchste Herrschaft haben: Die
kleineren Gewaltigen (potestates mino-
res)
sind die, welche einen Theil der Herr-
schaft unter und im Nahmen der höchsten aus-
üben, z. E. die Obrigkeiten und Generals.

§. 1141.

Vom Eigenthum eines Volckes.
ſie haben will, ſein Eigenthum erweiſen muß
(§. 262.), als welches nicht geſchehen kann,
wenn der Beſitz von undencklichen Zei-
ten her geweſen iſt
(poſſeſſio immemo-
rialis),
deſſen Anfang ſich naͤmlich niemand
erinnern kann; ſo iſt unter den Voͤlckern
eine Verjaͤhrung von undencklichen
Zeiten her zu geſtatten.
Unterdeſſen weil
die Voͤlcker uͤber Dinge, die zum gemeinen
Nutzen gehoͤren, unter einander Vertraͤge er-
richten koͤnnen (§. 1091.); ſo wird die Ver-
jaͤhrung, wenn benachbarte Voͤlcker
ſich desfalls unter einander vereinigt
haben, auf die Art gelten, wie es ver-
glichen worden.
Und daß dies geſchehen
moͤgte, erfordert der Endzweck des groͤſſeſten
Staats gar ſehr.

Das fuͤnfte Hauptſtuͤck.

Von den Buͤndniſſen und Zuſa-
gen ohne Vollmacht.

§. 1140.

Die hoͤchſten Gewaltigen (poteſta-Welche
man Ge-
waltige
nennet.

tes ſummæ) werden diejenigen Per-
ſonen genennet, welche in einem
Staat die hoͤchſte Herrſchaft haben: Die
kleineren Gewaltigen (poteſtates mino-
res)
ſind die, welche einen Theil der Herr-
ſchaft unter und im Nahmen der hoͤchſten aus-
uͤben, z. E. die Obrigkeiten und Generals.

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[831/0867] Vom Eigenthum eines Volckes. ſie haben will, ſein Eigenthum erweiſen muß (§. 262.), als welches nicht geſchehen kann, wenn der Beſitz von undencklichen Zei- ten her geweſen iſt (poſſeſſio immemo- rialis), deſſen Anfang ſich naͤmlich niemand erinnern kann; ſo iſt unter den Voͤlckern eine Verjaͤhrung von undencklichen Zeiten her zu geſtatten. Unterdeſſen weil die Voͤlcker uͤber Dinge, die zum gemeinen Nutzen gehoͤren, unter einander Vertraͤge er- richten koͤnnen (§. 1091.); ſo wird die Ver- jaͤhrung, wenn benachbarte Voͤlcker ſich desfalls unter einander vereinigt haben, auf die Art gelten, wie es ver- glichen worden. Und daß dies geſchehen moͤgte, erfordert der Endzweck des groͤſſeſten Staats gar ſehr. Das fuͤnfte Hauptſtuͤck. Von den Buͤndniſſen und Zuſa- gen ohne Vollmacht. §. 1140. Die hoͤchſten Gewaltigen (poteſta- tes ſummæ) werden diejenigen Per- ſonen genennet, welche in einem Staat die hoͤchſte Herrſchaft haben: Die kleineren Gewaltigen (poteſtates mino- res) ſind die, welche einen Theil der Herr- ſchaft unter und im Nahmen der hoͤchſten aus- uͤben, z. E. die Obrigkeiten und Generals. Welche man Ge- waltige nennet. §. 1141.

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Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 831. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/867>, abgerufen am 18.04.2024.