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Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754.

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des Menschen gegen andere.
das Recht zum Kriege auf seiner Sei-
te hat, im Kriege zu helfen, wenn er
unserer Hülfe bedarf.

§. 153.

Uns kömmt das Recht zu, denjenigen zuVon der
Schuld
der Stea-
fe und
dem Ver-
dienten
in der-
selben.

strafen, der uns würcklich beleidiget hat
(§. 93.), und dieser ist verbunden die
Strafe zu erdulden.
Jn dieser Verbind-
lichkeit bestehet die Schuld der Strafe
(reatus), von der, wenn man genauer die
Sache ansehen will, man das Verdiente in
der Strafe
(meritum poenae s. demeritum)
unterscheiden muß, daß man es vor die Be-
schaffenheit einer Handlung nimmet, aus wel-
cher der Beleidigte das Recht erhält, den Be-
leidiger zu strafen, dem von Seiten des Be-
leidigers entgegen gesetzt ist die Verbindlich-
keit, die Strafe zu erdulden; oder welche
ihn der Strafe würdig macht. Gewöhnlicher
weise wird die Schuld der Strafe von dem
Verdienten in der Strafe nicht unterschieden.

§. 154.

Eine Handlung, wodurch man ge-Von
Hand-
lungen,
dadurch
man ge-
kräncket
wird.

kräncket wird, oder Kränckung (offen-
sa),
ist entweder eine begangene, oder unter-
lassene Handlung, woraus der andere einen
Verdruß mit Recht empfindet. Da dieselbe
der Glückseeligkeit zuwieder ist, die wir auch
bey andern zu befördern schuldig sind (§. 136.);
so dörfen wir niemanden kräncken, oder
ihm etwas zuwieder thun. Weil nun
niemand von der natürlichen Verbindlichkeit

befreyt
Nat. u. Völckerrecht. G

des Menſchen gegen andere.
das Recht zum Kriege auf ſeiner Sei-
te hat, im Kriege zu helfen, wenn er
unſerer Huͤlfe bedarf.

§. 153.

Uns koͤmmt das Recht zu, denjenigen zuVon der
Schuld
der Stea-
fe und
dem Ver-
dienten
in der-
ſelben.

ſtrafen, der uns wuͤrcklich beleidiget hat
(§. 93.), und dieſer iſt verbunden die
Strafe zu erdulden.
Jn dieſer Verbind-
lichkeit beſtehet die Schuld der Strafe
(reatus), von der, wenn man genauer die
Sache anſehen will, man das Verdiente in
der Strafe
(meritum pœnæ ſ. demeritum)
unterſcheiden muß, daß man es vor die Be-
ſchaffenheit einer Handlung nimmet, aus wel-
cher der Beleidigte das Recht erhaͤlt, den Be-
leidiger zu ſtrafen, dem von Seiten des Be-
leidigers entgegen geſetzt iſt die Verbindlich-
keit, die Strafe zu erdulden; oder welche
ihn der Strafe wuͤrdig macht. Gewoͤhnlicher
weiſe wird die Schuld der Strafe von dem
Verdienten in der Strafe nicht unterſchieden.

§. 154.

Eine Handlung, wodurch man ge-Von
Hand-
lungen,
dadurch
man ge-
kraͤncket
wird.

kraͤncket wird, oder Kraͤnckung (offen-
ſa),
iſt entweder eine begangene, oder unter-
laſſene Handlung, woraus der andere einen
Verdruß mit Recht empfindet. Da dieſelbe
der Gluͤckſeeligkeit zuwieder iſt, die wir auch
bey andern zu befoͤrdern ſchuldig ſind (§. 136.);
ſo doͤrfen wir niemanden kraͤncken, oder
ihm etwas zuwieder thun. Weil nun
niemand von der natuͤrlichen Verbindlichkeit

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Nat. u. Voͤlckerrecht. G
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[97/0133] des Menſchen gegen andere. das Recht zum Kriege auf ſeiner Sei- te hat, im Kriege zu helfen, wenn er unſerer Huͤlfe bedarf. §. 153. Uns koͤmmt das Recht zu, denjenigen zu ſtrafen, der uns wuͤrcklich beleidiget hat (§. 93.), und dieſer iſt verbunden die Strafe zu erdulden. Jn dieſer Verbind- lichkeit beſtehet die Schuld der Strafe (reatus), von der, wenn man genauer die Sache anſehen will, man das Verdiente in der Strafe (meritum pœnæ ſ. demeritum) unterſcheiden muß, daß man es vor die Be- ſchaffenheit einer Handlung nimmet, aus wel- cher der Beleidigte das Recht erhaͤlt, den Be- leidiger zu ſtrafen, dem von Seiten des Be- leidigers entgegen geſetzt iſt die Verbindlich- keit, die Strafe zu erdulden; oder welche ihn der Strafe wuͤrdig macht. Gewoͤhnlicher weiſe wird die Schuld der Strafe von dem Verdienten in der Strafe nicht unterſchieden. Von der Schuld der Stea- fe und dem Ver- dienten in der- ſelben. §. 154. Eine Handlung, wodurch man ge- kraͤncket wird, oder Kraͤnckung (offen- ſa), iſt entweder eine begangene, oder unter- laſſene Handlung, woraus der andere einen Verdruß mit Recht empfindet. Da dieſelbe der Gluͤckſeeligkeit zuwieder iſt, die wir auch bey andern zu befoͤrdern ſchuldig ſind (§. 136.); ſo doͤrfen wir niemanden kraͤncken, oder ihm etwas zuwieder thun. Weil nun niemand von der natuͤrlichen Verbindlichkeit befreyt Von Hand- lungen, dadurch man ge- kraͤncket wird. Nat. u. Voͤlckerrecht. G

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Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/133>, abgerufen am 25.04.2024.