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Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754.

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etwas zu erhalten.
ben (§. 80.); so giebt es auch ein un-
vollkommenes Recht zu einer Sache,

welches nämlich der Mensch zu demjenigen
hat, wozu ihm der andere auf eine unvoll-
kommene Weise verbunden ist.

§. 336.

Wer vollkommen verbunden ist uns etwasEin
Schuld-
ner u. die
Schuld.

zu leisten, wird der Schuldner (debitor)
genannt; dasjenige aber, zu dessen Leistung
er verbunden ist, die Schuld (debitum).
Ob man aber gleich auch dasjenige eine Schul-
digkeit
(imperfecte debitum) nennet, wozu
uns der andere unvollkommen verbunden ist; so
pflegt man doch denjenigen, der auf eine un-
vollkommene Weise verbunden ist, nicht einen
Schuldner zu nennen.

§. 337.

Wir erlassen das Recht zu einer Sa-Von der
Erlas-
sung des
Rechts.

che (jus ad rem remittimus), wenn wir hin-
länglich anzeigen, daß wir nicht wollen, daß
der andere uns etwas leiste, wozu er uns ver-
bunden ist. Jn eben dem Verstande sagt
man auch, es werde die Schuld erlassen
(debitum ipsum remitti). Durch die Er-
lassung des Rechts wird
also der
Schuldner von seiner Verbindlichkeit
befreyet; und das Recht verlöscht
(jus
extingvitur),
aber niemand erhält da-
durch ein Recht.
Es ist vor sich klar:
daß man auch einen Theil des Rechts
erlassen könne, wenn man das, was

man

etwas zu erhalten.
ben (§. 80.); ſo giebt es auch ein un-
vollkommenes Recht zu einer Sache,

welches naͤmlich der Menſch zu demjenigen
hat, wozu ihm der andere auf eine unvoll-
kommene Weiſe verbunden iſt.

§. 336.

Wer vollkommen verbunden iſt uns etwasEin
Schuld-
ner u. die
Schuld.

zu leiſten, wird der Schuldner (debitor)
genannt; dasjenige aber, zu deſſen Leiſtung
er verbunden iſt, die Schuld (debitum).
Ob man aber gleich auch dasjenige eine Schul-
digkeit
(imperfecte debitum) nennet, wozu
uns der andere unvollkommen verbunden iſt; ſo
pflegt man doch denjenigen, der auf eine un-
vollkommene Weiſe verbunden iſt, nicht einen
Schuldner zu nennen.

§. 337.

Wir erlaſſen das Recht zu einer Sa-Von der
Erlaſ-
ſung des
Rechts.

che (jus ad rem remittimus), wenn wir hin-
laͤnglich anzeigen, daß wir nicht wollen, daß
der andere uns etwas leiſte, wozu er uns ver-
bunden iſt. Jn eben dem Verſtande ſagt
man auch, es werde die Schuld erlaſſen
(debitum ipſum remitti). Durch die Er-
laſſung des Rechts wird
alſo der
Schuldner von ſeiner Verbindlichkeit
befreyet; und das Recht verloͤſcht
(jus
extingvitur),
aber niemand erhaͤlt da-
durch ein Recht.
Es iſt vor ſich klar:
daß man auch einen Theil des Rechts
erlaſſen koͤnne, wenn man das, was

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[207/0243] etwas zu erhalten. ben (§. 80.); ſo giebt es auch ein un- vollkommenes Recht zu einer Sache, welches naͤmlich der Menſch zu demjenigen hat, wozu ihm der andere auf eine unvoll- kommene Weiſe verbunden iſt. §. 336. Wer vollkommen verbunden iſt uns etwas zu leiſten, wird der Schuldner (debitor) genannt; dasjenige aber, zu deſſen Leiſtung er verbunden iſt, die Schuld (debitum). Ob man aber gleich auch dasjenige eine Schul- digkeit (imperfecte debitum) nennet, wozu uns der andere unvollkommen verbunden iſt; ſo pflegt man doch denjenigen, der auf eine un- vollkommene Weiſe verbunden iſt, nicht einen Schuldner zu nennen. Ein Schuld- ner u. die Schuld. §. 337. Wir erlaſſen das Recht zu einer Sa- che (jus ad rem remittimus), wenn wir hin- laͤnglich anzeigen, daß wir nicht wollen, daß der andere uns etwas leiſte, wozu er uns ver- bunden iſt. Jn eben dem Verſtande ſagt man auch, es werde die Schuld erlaſſen (debitum ipſum remitti). Durch die Er- laſſung des Rechts wird alſo der Schuldner von ſeiner Verbindlichkeit befreyet; und das Recht verloͤſcht (jus extingvitur), aber niemand erhaͤlt da- durch ein Recht. Es iſt vor ſich klar: daß man auch einen Theil des Rechts erlaſſen koͤnne, wenn man das, was man Von der Erlaſ- ſung des Rechts.

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Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/243>, abgerufen am 28.03.2024.