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Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754.

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Von der Ehe.
erlaubt nach ihrem Gefallen von dem
Manne wegzugehen
(§. 444.). Da aber
keine Ursache vorhanden, warum die Ehe
nicht könnte aufgehoben werden, wenn noch
keine Kinder da sind, oder die, welche
gebohren waren, wieder gestorben sind
(§. 856.); so kann
in dem Falle die Ehe
getrennet werden.
Da derjenige Theil,
welcher die Ehe bricht, den Vertrag nicht
hält (§. 859.); so kann die Ehe des
Ehebruchs wegen getrennet werden,
doch so, daß die Verbindlichkeit die
rechtmäßigen Kinder zu erziehen ver-
bleibt;
als wovon sich kein Theil durch seine
That befreyen kann (§. 38.). Da ein Ehe-
gatte, welcher den andern boshafter Weise
verläßt, oder die eheliche Pflicht (debitum
conjugale),
welche in dem Beyschlafe beste-
het, versaget, den Vertrag nicht hält (§. 856.
444.); so kann wegen der boshaften
Verlaßung und Versagung der eheli-
chen Pflicht die Ehe getrennet wer-
den. Jm natürlichen Stande muß

vermöge der natürlichen Freyheit einem je-
den erlaubt werden, daß er die Ehe nach
seinem Gefallen trennen kann
(§. 78.).
Weil, nachdem die Ehe getrennet worden,
die beyderseitige Verbindlichkeit gegen einan-
der aufhöret (§. 444.); so kann ein jeder
Theil mit einer andern Person sich wie-
der verheyrathen.
Weil es vor sich klar
ist, daß durch den Tod des einen Ehe-

gatten

Von der Ehe.
erlaubt nach ihrem Gefallen von dem
Manne wegzugehen
(§. 444.). Da aber
keine Urſache vorhanden, warum die Ehe
nicht koͤnnte aufgehoben werden, wenn noch
keine Kinder da ſind, oder die, welche
gebohren waren, wieder geſtorben ſind
(§. 856.); ſo kann
in dem Falle die Ehe
getrennet werden.
Da derjenige Theil,
welcher die Ehe bricht, den Vertrag nicht
haͤlt (§. 859.); ſo kann die Ehe des
Ehebruchs wegen getrennet werden,
doch ſo, daß die Verbindlichkeit die
rechtmaͤßigen Kinder zu erziehen ver-
bleibt;
als wovon ſich kein Theil durch ſeine
That befreyen kann (§. 38.). Da ein Ehe-
gatte, welcher den andern boshafter Weiſe
verlaͤßt, oder die eheliche Pflicht (debitum
conjugale),
welche in dem Beyſchlafe beſte-
het, verſaget, den Vertrag nicht haͤlt (§. 856.
444.); ſo kann wegen der boshaften
Verlaßung und Verſagung der eheli-
chen Pflicht die Ehe getrennet wer-
den. Jm natuͤrlichen Stande muß

vermoͤge der natuͤrlichen Freyheit einem je-
den erlaubt werden, daß er die Ehe nach
ſeinem Gefallen trennen kann
(§. 78.).
Weil, nachdem die Ehe getrennet worden,
die beyderſeitige Verbindlichkeit gegen einan-
der aufhoͤret (§. 444.); ſo kann ein jeder
Theil mit einer andern Perſon ſich wie-
der verheyrathen.
Weil es vor ſich klar
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[639/0675] Von der Ehe. erlaubt nach ihrem Gefallen von dem Manne wegzugehen (§. 444.). Da aber keine Urſache vorhanden, warum die Ehe nicht koͤnnte aufgehoben werden, wenn noch keine Kinder da ſind, oder die, welche gebohren waren, wieder geſtorben ſind (§. 856.); ſo kann in dem Falle die Ehe getrennet werden. Da derjenige Theil, welcher die Ehe bricht, den Vertrag nicht haͤlt (§. 859.); ſo kann die Ehe des Ehebruchs wegen getrennet werden, doch ſo, daß die Verbindlichkeit die rechtmaͤßigen Kinder zu erziehen ver- bleibt; als wovon ſich kein Theil durch ſeine That befreyen kann (§. 38.). Da ein Ehe- gatte, welcher den andern boshafter Weiſe verlaͤßt, oder die eheliche Pflicht (debitum conjugale), welche in dem Beyſchlafe beſte- het, verſaget, den Vertrag nicht haͤlt (§. 856. 444.); ſo kann wegen der boshaften Verlaßung und Verſagung der eheli- chen Pflicht die Ehe getrennet wer- den. Jm natuͤrlichen Stande muß vermoͤge der natuͤrlichen Freyheit einem je- den erlaubt werden, daß er die Ehe nach ſeinem Gefallen trennen kann (§. 78.). Weil, nachdem die Ehe getrennet worden, die beyderſeitige Verbindlichkeit gegen einan- der aufhoͤret (§. 444.); ſo kann ein jeder Theil mit einer andern Perſon ſich wie- der verheyrathen. Weil es vor ſich klar iſt, daß durch den Tod des einen Ehe- gatten

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Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 639. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/675>, abgerufen am 19.04.2024.