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Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754.

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III. Theil 2. Abth. 2. Hauptstück.
der Herr-
schaft in
Land und
Leute.
welche einen gewissen Theil des Gebietes be-
wohnen, nennet man subjectivische Thei-
le einer Herrschaft
(partes subjectivas im-
perii).
Ein Gebiet aber (territorium)
heisset ein Ort, worüber jemand die bürger-
liche Herrschaft zukommt: Und so ist denn
das Gebiete eines Staates der Landes-
strich, welchen ein Volck bewohnet, und wor-
in es ursprünglich seine Herrschaft hat. Wenn
nun die Vertheidigung seiner selbst wider die
äusserliche Gewalt zum Endzweck des Staats
gehöret (§. 972.); so läßet sich eigentlich
zu reden eine Herrschaft nicht in sub-
jectivische Theile zerstücken, und
folglich
ist zu vermuthen, daß ein Volck nur
unter der Bedingung die Herrschaft
an jemand verliehen habe, daß sie nicht
subjectivisch vertheilet werden solle.

§. 1011.
Von der
Beschaf-
fenheit
der Erb-
folge.

Die Art der Erbfolge (modus succe-
dendi haereditarius)
bestehet darin, wenn man
auf eben die Art in einem Reiche folget, wie
man in einer Erbschaft ohne Testament zu fol-
gen pflegt, nemlich in derjenigen, welche bey
dem Volcke zu der Zeit, als es die Herrschaft
dem ersten Könige auftrug, angenommen war
(§. 810.). Weil nun nur ein eintziger in
einem Reiche folgen kann (§. 1010.); so fol-
get, wenn bey Ableben eines Königes
mehrere Erben da seyn solten,
und man
hätte keinen innern Grund der Wahl, daß
der ältere dem jüngern vorgezogen

werden

III. Theil 2. Abth. 2. Hauptſtuͤck.
der Herr-
ſchaft in
Land und
Leute.
welche einen gewiſſen Theil des Gebietes be-
wohnen, nennet man ſubjectiviſche Thei-
le einer Herrſchaft
(partes ſubjectivas im-
perii).
Ein Gebiet aber (territorium)
heiſſet ein Ort, woruͤber jemand die buͤrger-
liche Herrſchaft zukommt: Und ſo iſt denn
das Gebiete eines Staates der Landes-
ſtrich, welchen ein Volck bewohnet, und wor-
in es urſpruͤnglich ſeine Herrſchaft hat. Wenn
nun die Vertheidigung ſeiner ſelbſt wider die
aͤuſſerliche Gewalt zum Endzweck des Staats
gehoͤret (§. 972.); ſo laͤßet ſich eigentlich
zu reden eine Herrſchaft nicht in ſub-
jectiviſche Theile zerſtuͤcken, und
folglich
iſt zu vermuthen, daß ein Volck nur
unter der Bedingung die Herrſchaft
an jemand verliehen habe, daß ſie nicht
ſubjectiviſch vertheilet werden ſolle.

§. 1011.
Von der
Beſchaf-
fenheit
der Erb-
folge.

Die Art der Erbfolge (modus ſucce-
dendi hæreditarius)
beſtehet darin, wenn man
auf eben die Art in einem Reiche folget, wie
man in einer Erbſchaft ohne Teſtament zu fol-
gen pflegt, nemlich in derjenigen, welche bey
dem Volcke zu der Zeit, als es die Herrſchaft
dem erſten Koͤnige auftrug, angenommen war
(§. 810.). Weil nun nur ein eintziger in
einem Reiche folgen kann (§. 1010.); ſo fol-
get, wenn bey Ableben eines Koͤniges
mehrere Erben da ſeyn ſolten,
und man
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[724/0760] III. Theil 2. Abth. 2. Hauptſtuͤck. welche einen gewiſſen Theil des Gebietes be- wohnen, nennet man ſubjectiviſche Thei- le einer Herrſchaft (partes ſubjectivas im- perii). Ein Gebiet aber (territorium) heiſſet ein Ort, woruͤber jemand die buͤrger- liche Herrſchaft zukommt: Und ſo iſt denn das Gebiete eines Staates der Landes- ſtrich, welchen ein Volck bewohnet, und wor- in es urſpruͤnglich ſeine Herrſchaft hat. Wenn nun die Vertheidigung ſeiner ſelbſt wider die aͤuſſerliche Gewalt zum Endzweck des Staats gehoͤret (§. 972.); ſo laͤßet ſich eigentlich zu reden eine Herrſchaft nicht in ſub- jectiviſche Theile zerſtuͤcken, und folglich iſt zu vermuthen, daß ein Volck nur unter der Bedingung die Herrſchaft an jemand verliehen habe, daß ſie nicht ſubjectiviſch vertheilet werden ſolle. der Herr- ſchaft in Land und Leute. §. 1011. Die Art der Erbfolge (modus ſucce- dendi hæreditarius) beſtehet darin, wenn man auf eben die Art in einem Reiche folget, wie man in einer Erbſchaft ohne Teſtament zu fol- gen pflegt, nemlich in derjenigen, welche bey dem Volcke zu der Zeit, als es die Herrſchaft dem erſten Koͤnige auftrug, angenommen war (§. 810.). Weil nun nur ein eintziger in einem Reiche folgen kann (§. 1010.); ſo fol- get, wenn bey Ableben eines Koͤniges mehrere Erben da ſeyn ſolten, und man haͤtte keinen innern Grund der Wahl, daß der aͤltere dem juͤngern vorgezogen werden

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Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 724. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/760>, abgerufen am 25.04.2024.